Wilnsdorf. Im Erörterungstermin zum Neubau des Rudersdorfer Tunnels wird es um den Baustellenverkehr gehen. Täglich 150 Lkw über abschüssige und schmale L 904.
Zwei Tage hat das Eisenbahn-Bundesamt für die Erörterung der Einwendungen und Stellungnahmen zum Neubau des Rudersdorfer Tunnels anberaumt. Am Mittwoch und Donnerstag, 23. und 24. Oktober, findet die Anhörung jeweils ab 10 Uhr im Gernsdorfer Bürgerhaus statt.
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Das wird gebaut
Die Behörde, die der Deutschen Bahn am Ende mit einem Planfeststellungsbeschluss den Bau genehmigen wird, erläuert das Vorhaben knapp: Das Bestandsbauwerk mit einer Länge von 2.652 m liegt auf dem zweigleisigen und elektrifizierten Streckenabschnitt 2800 Hagen Hbf - Haiger zwischen km 117,630 und km 120,282. Der Neue Rudersdorfer Tunnel wird mit zwei eingleisigen, elektrifizierten Tunnelröhren im Abstand von etwa 30 m zueinander mit einer Länge von jeweils 3.058 m, 70 m südwestlich des bestehenden Rudersdorfer Tunnels geplant.“
Der in den Jahren 1913 bis 1915 gebaute Rudersdorfer Tunnel, der –obwohl die Landesgrenze nach Hessen durch den Tunnel läuft – als längster Eisenbahntunnel in NRW gilt und in Hessen als Kulturdenkmal geschützt ist, in die Jahre gekommen. Dass zwei Gleise, im Abstand von nur 3,50 Metern, in eine Röhre gelegt werden, ist nicht Stand der Sicherheitsbestimmungen. Deshalb dürfen sich auch im Rudersdorfer Tunnel Züge nicht mehr begegnen.
Das neue (Rudersdorfer) Nordportal liegt 170 Meter weiter nordwestlich des alten Portals, auf der Dillbrechter Seite kommen die Tunnel 230 Meter weiter südöstlich aus dem Berg, beide westlich, also auf der Wilgersdorfer Seite des alten Tunnels. In den Tunneln durch die Haincher und Tiefenrother Höhe liegen die Gleise auf Beton, nicht auf einem Schotterbett – das erleichtert die Durchfahrt für Rettungsfahrzeuge. Vor beiden Portalen werden Rettungsplätze mit Löschwasserbehältern angelegt, durch die Tunnel verlaufen Löschwasserleitungen.
So laufen die Bauarbeiten
„Knapp über sechs Jahre“ gibt der Erläuterungsbericht für das Planfeststellungsverfahren als Bauzeit an, wobei im letzten Jahr der alte Tunnel bis einen Meter unter die Decke verfüllt wird. Währenddessen wird die Bahnstrecke „in Einzelfällen“ nur eingleisig befahrbar sein, an einigen Wochenenden und gegen Ende, wenn die neuen Gleise angebunden werden, für „bis zu vier Wochen“ voll gesperrt werden. In der Online-Informationsveranstaltung im Sommer 2022 wurde die Fertigstellung für 2031 angepeilt.
Die beiden Tunnelröhren sollen von beiden Enden, also an vier Stellen, gleichzeitig in den Berg gesprengt werden – insgesamt wird mit rund 6000 Sprengungen innerhalb von zwei Jahren gerechnet. „Der Tunnelvortrieb erfolgt im Schichtbetrieb durchlaufend 24 Stunden am Tag und in der Nacht. Die Lkw-Fahrten zu den Deponien können auf die Tagesstunden und Werktage reduziert werden.“ Das Ausbruchsmaterial wird mit Muldenkippern direkt aus dem Tunnel auf die Zwischenlagerflächen gebracht. Vom Zwischenlager zu den Deponien seien im Schnitt pro Werktag 100 Lkw-Fahrten zu erwarten. „Für die Herstellung der Tunnelinnenschale muss im Schnitt mit 40 Lkw-Fahrten pro Tag gerechnet werden.“ 195.504 Kubikmeter Aushub und Ausbruch werden in den alten Tunnel verfüllt, 533.112 Kubikmeter müssen entsorgt werden.
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Zuerst, etwa ab Spätsommer /Herbst 2025, werden zwei zweispurige Baustraßen angelegt, insgesamt zehn Kilometer lang, eine vom Nordportal bei Rudersdorf, eine vom Südportal bei Dillbrecht. Sie werden an die von Wilgersdorf kommende L 904 angebunden, von dort geht es über die B 54 weiter zur Autobahn. Lagerflächen, vor allem für das Gestein aus dem neuen Tunnel, werden am, Nordportal (5 Hektar) und am Südportal (5,6 Hektar) angelegt. Schließlich werden der Klingelseifen- und der Trosselbach verlegt – und auf 500 Metern auch der Rothaarsteig, der auf eine Trasse neben der Baustraße umgeleitet wird.
Insgesamt werden 145.899 Quadratmeter Wald gerodet. Auf 18.808 Quadratmetern geht Wald dauerhaft verloren, 127.091 Quadratmeter werden nach dem Bau wieder aufgeforstet. 82 Seiten umfasst das Grunderwerbsverzeichnis. Neben Privatleuten – unter anderem die Eigentümer von drei Wohn- und Wirtschaftsgebäuden und einer Scheune – sollen die Gemeinde Wilnsdorf, die Waldgenossenschaft Hauberg Wilgersdorf, die Haubergsgenossenschaft Dillbrecht, und die Forstverwaltung des Lands Hessen Flächen abgeben.
Das kommt auf die Anwohner zu
In Wilgersdorf wird der Wanderparkplatz zum Teil für den Ausbau der Baustraße beansprucht, der Waldlehrpfad liegt direkt an der Baustraße. „Beide Einrichtungen sind somit während der Bauzeit nur stark eingeschränkt nutzbar“, heißt es in den Planunterlagen. Auch die Besucher des Badeweihers werden sich auf Störungen durch den Lkw-Verkehr einstellen müssen.
Schon in der Online-Informationsveranstaltung im August 2022 wurde eine Hauptsorge von Anwohnern deutlich: Die L 904 sei zu schmal und zu abschüssig, um den Lkw-Verkehr zum Rudersdorfer Portal aufnehmen zu können. Diesen Einwand, der auch von einer in Wilgersdorf formierten Bürgerinitiative vertreten wird, hat die Gemeinde Wilnsdorf aufgegriffen, deren Stellungnahme am Mittwoch erörtert wird: Die L 904 sei für Lkw über 7,5 Tonnen gesperrt. Die Bahn wolle sich für die etwa 150 Lkw am Tag eine Sondergenehmigung erteilen lassen. Es sei „aufgrund der Gefährdungslage nicht vertretbar, ein solches Volumen an Lkw-Verkehr hier überhaupt zuzulassen, da keinerlei Sicherheitsvorkehrungen geplant sind, um Lkw mit versagenden Bremsen aufzuhalten“, heißt es in der Stellungnahme der Gemeinde, „auch eine Notfallspur ist nicht vorgesehen“.
Als Alternative schlägt die Gemeinde vor, die zusammengeführten Baustraßen über den Höhenrücken bis zu einer Anbindung an die B 54 weiterzubauen. Die Trasse würde dann allerdings über den Rothaarsteig führen, der über eine bereits jetzt teilweise ausgeschilderte Streckenvariante umgeleitet werden könnte.
Das sagt die Naturschutzinitiative
Die Anbindung der beiden Baustraßen über die L 904 an die B 54 und von dort zur Autobahn lehnt auch die Naturschutzinitiative (NI) ab, allerdings auch die von der Gemeinde vorgeschlagene Alternative. Vom Portal Dillbrecht aus könnte eine Baustraße an Fellerdilln und Steinbach vorbei bei Haigerseelbach auf die B 54 geführt werden, von Rudersdorf über die L 904 und die L 722 auf die B 54. Zu bevorzugen wäre der Abtransport der Erd- und Gesteinsmassen mit der Bahn. Dazu könnten an den Portalen Verladegleise gebaut werden. Das wiederum hält die Bahn nicht für möglich: Die Schienenstrecke sei zu stark befahren, als darauf die zusätzlichen Güterzüge noch untergebracht werden könnten.
Das sagt die Gemeinde Wilnsdorf
Die Gemeinde Wilnsdorf fordert auch, dass die Bahn Vorkehrungen gegen „Baustellentourismus“ trifft, Wanderer und Besucher der Wacholderheide geschützt werden und den drei Haupterwerbslandwirten die Querung der Bahnstrecke von der Wilgersdorfer auf die Rudersdorfer Seite ermöglicht wird. Nicht einverstanden ist die Gemeinde damit, dass der alte Tunnel verfüllt werden soll. Das Portal stehe unter Denkmalschutz. Der Tunnel wurde 1915 als Teil der neuen direkten Verbindung Siegen-Haiger eröffnet, in Richtung Siegen verzweigt sich die Strecke in zwei übereinanderliegende Tunnel durch den Giersberg, von denen der eine nach Siegen, der andere nach Weidenau führt.
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