Siegen-Wittgenstein. Die Rothaarbahn soll pünktlicher werden. Dafür haben sich die Bahn-Planer einen Kunstgriff ausgedacht, für den gelegentlich Taxis benötigt werden.

Der Nahverkehr Westfalen-Lippe (NWL) will die Rothaarbahn wieder aufs schnellere Gleis bringen. Die Linie ist inzwischen die unpünktlichste im Gebiet des Zweckverbandes Westfalen-Süd (ZWS): Nur 60,7 Prozent der Fahrten kommen mit weniger als drei Minuten Verspätung an, 8,18 Prozent fallen ganz aus. Auch das Gesamtbild für dieses Jahr bleibt, als Folge von Streiks, Baustellen, Personalmangel und Fahrzeugdefekten, trübe: Alle Linien haben Ausfallquoten im roten Bereich. Pünktlichkeitsvorgaben erfüllen nur die Hellertalbahn, der Biggesee-Express und die Ruhr-Sieg-Bahn nach Hagen, mit Abstrichen („mittelmäßig“) noch die Westerwald-Sieg-Bahn von Altenkirchen.

Die Rothaarbahn

NWL-Abteilungsleiter Markus Stirnberg hat jetzt auf der ZWS-Verbandsversammlung informiert, wie das verbessert werden soll: Wenn die Bahn aus Bad Berleburg zu spät ist, muss der Gegenzug aus Siegen nicht in Hilchenbach warten, sondern fährt bis Lützel vor. Dort gibt es noch ein Ausweichgleis, allerdings keinen Bahnsteig dazu. Die Türen bleiben also geschlossen, die Bahn fährt weiter bis Erndtebrück. Von dort werden Fahrgäste, die eigentlich in Lützel aussteigen wollten, mit dem Taxi dorthin zurückgebracht. Bisher macht die Rothaarbahn bei großen Verspätungen schon in Erndtebrück kehrt. Künftig darf sie immerhin bis Aue-Wingeshausen weiterfahren. Ab 27. Oktober soll diese Regelung gelten, wenn die derzeit wegen Bauarbeiten gesperrte Strecke wieder geöffnet ist.

Über Zukunftsmusik für die Rothaarbahn hat einen Tag nach dem ZWS der Regionalrat bei der Bezirksregierung Arnsberg beraten. Dort ging es um den nächsten ÖPNV-Bedarfsplan. Die Strecke soll für den Einsatz von Batterie-Triebwagen ausgerüstet werden, die die bisherigen mit Diesel betriebenen Bahnen ablösen. Geplant ist, dass die Rothaarbahn mit zwei Zugteilen zwischen Siegen und Erndtebrück unterwegs ist und in Erndtebrück geteilt beziehungsweise vereinigt wird: Ein Zugteil bedient die Strecke nach Bad Berleburg, der andere nach Marburg. Dazu müssen Weichen und Signale umgebaut und Ausweichgleise verlegt werden. Damit das funktioniert, müssen die Bahnübergänge zwischen Lützel und Erndtebrück gesichert oder beseitigt werden. Züge können dann mit 60 statt bisher 20 km/h fahren.

Im Programm ist für den Bahnhof Kreuztal ein zusätzlicher Bahnsteig für die Züge aus Richtung Erndtebrück. Der NWL denkt an das „NRW-Zielnetz 2040“: Dann könnten so Anschlüsse aus und in Richtung Ruhrgebiet verbessert werden. „Konkrete Planungen für die etwaige Umsetzung einer solchen Maßnahme gibt es derzeit noch nicht.“ 

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Die Zeit nach dem Intercity

Auf der Ruhr-Sieg-Strecke und weiter Richtung Frankfurt sind die Regionalzüge zu spät, weil sie dem Intercity hinterherfahren müssen. Nicht einmal jeder zweite IC kommt pünktlich, über 14 Prozent der Fahrten fallen ganz aus. Mit dem Fahrplanwechsel im Dezember 2026 wird das vorbei sein – und die fünfjährige Episode des Bahn-Fernverkehrs in Siegen auch. Weil der NWL den Vertrag mit der Bahn nicht verlängern will, mit dem auch Nahverkehrstickets in den ICs anerkannt werden, wird die Bahn die IC-Linie Frankfurt-Siege-Dortmund wohl nicht weiter betreiben. Der NWL ist sich da jedenfalls ziemlich sicher: Die zusätzlichen Fahrten des RE 34 (Dortmund-Siegerland-Express), die die IC-Lücke stopfen sollen, sind schon ausgeschrieben.

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Mit dem Wegfall des IC zwischen Siegen und Frankfurt sieht der NWL eine neue Chance, nun doch wieder alle zwei Stunden eine durchgehende Verbindung Köln-Siegen-Frankfurt anzubinden und in den anderen Stunden den Fahrplan so zu verändern, dass Fahrgäste in Siegen beim Umsteigen den Anschluss nicht mehr verpassen. Die NWL-Verbandsversammlung hat darüber am Freitag beraten.

Die Siegstrecke

Auch der Rhein-Sieg-Express (RE 9) soll verbessert werden: ab 2030 nur noch mit Doppelstockzügen und mindestens 720 Sitzplätzen – und schneller: Zwischen Köln und Eitorf sollen drei Halte wegfallen, auf dem rheinland-pfälzischen Abschnitt zwischen Au und Niederschelden einer. Alle zwei Stunden soll es dann über Siegen hinaus weiter nach Frankfurt gehen. Die weggefallenen Stationen werden mit einer neuen Regionalbahn von Au nach Kreuztal bedient.

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Die Hellertalbahn

Neben defekten Fahrzeugen sind vor allem unbesetzte Stellwerke der Grund für die vielen Zugausfälle. Alle Linien sind im roten Bereich, als „nicht akzeptabel“ gilt bereits ein Ausfall-Anteil von mehr als 1,5 Prozent. Besonders betroffen ist die Hellertalbahn. Da werde die Bahn nun die Technik anpassen, berichtet Markus Stirnberg: Zumindest einige Stellwerke sollen per Fernsteuerung von anderen mitbedient werden können.

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