Siegen. Verein Route 57 rechnet mit weiterer Verlagerung von Gütertransporten auf die Straße – und hat eine große Sorge.
Die Diskussion um den Rückzug der DB Cargo aus der Region und Probleme der Bahntochter bei Gütertransporten für Unternehmen in der Region zieht Kreise. „Wenn die Industriebetriebe ihre Güter nicht mehr zuverlässig mit der Bahn transportieren können und sogar Gleisanschlüsse perspektivisch wieder gefährdet sind, schadet das auch dem Industriestandort Wittgenstein“, erläutert Eckehard Hof, Vorsitzender des Vereins Route 57, der sich für eine Ortsumgehungskette Kreuztal-Schameder einsetzt. Am Dienstag hatte Landrat Andreas Müller den Bundesverkehrsminister kritisiert, der es ablehnt, auf DB Cargo Einfluss zu nehmen.
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Die DB Cargo befinde sich in schwierigem Fahrwasser und stehe unter Druck. „Wenn jetzt, aus welchen Gründen auch immer, Schienentransporte bei Firmen im nördlichen Siegerland oder in Wittgenstein wegfallen, sind diese gezwungen, mehr über die Straße zu transportieren. Die Folge sind deutlich mehr Lkw, für die keine adäquate Verkehrsanbindung Wittgensteins bereitsteht.“ Die Sorge: Am Ende steht die wirtschaftliche Teilregion Wittgenstein nicht nur ohne Ortsumgehungskette, sondern auch ohne Schienenanbindung da.
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Verkehrstechnisch drohe der Altkreis perspektivisch abgekoppelt zu werden, warnt Eckehard Hof: „Die Industrie ist auf leistungsfähige Verkehrswege angewiesen. Die Betriebe können ihre Produkte nicht per E-Mail versenden. Angesichts der gegenwärtigen Schwierigkeiten drohen tausende Lkw pro Jahr mehr, die dann zum Beispiel auf der B 62 unterwegs sind. Um es klar zu sagen: Hierauf ist die Region in keiner Weise vorbereitet, unter anderem auch deshalb, weil die vom Bundestag beschlossene Route 57 nicht vom Fleck kommt.“
Früher hätten Betriebe vorhandene Standortnachteile, wie eine unzureichende Verkehrsanbindung, immer wieder durch bestimmte Standortvorzüge ausgleichen können. Mittlerweile sei es jedoch um die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen derart schlecht bestellt, dass dies zusehend seltener gelinge. Eckehard Hof: „Steuer- und Abgabenlast, hohe Energiekosten, Fachkräftemangel – die Problemliste der Wirtschaft ist lang. Umso verhängnisvoller macht sich jetzt die fehlende Route 57 bemerkbar, die das Siegerland mit Wittgenstein verbindet.“
Keine Bahn, keine Route 57: Wittgenstein „ohne alles“
Die Auswirkungen der Verkehrsmisere auf den Wirtschaftsstandort Wittgenstein könnten verheerend ausfallen, fürchtet der Route-57-Vorsitzende. Alleine im Altkreis Wittgenstein seien knapp 6.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte in der Industrie tätig. Sollte es nicht gelingen, die Schienenprobleme in den Griff zu bekommen, stünde Wittgenstein „ohne alles“ da. Um die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes und viele Arbeitsplätze wäre es dann schlecht bestellt.
In der Vergangenheit hätten manche Politiker und Gegner der Ortsumgehungen gebetsmühlenartig die Losung „mehr Güter auf die Schiene“ auch ausgegeben, um damit die Dringlichkeit der wichtigen Straßenprojekte herunterzureden. Inzwischen gehen langfristige Prognosen von einer überproportionalen Steigerung des Anteils des Güterverkehrs auf der Straße aus. „Es findet also das genaue Gegenteil von dem statt, was in Wahlprogrammen gerne angekündigt wird.“ Darauf zu warten, dass sich hieran etwas ändere, sei für die Betriebe keine Option. Zumal ersichtlich sei, wie sehr die Anbindung von Entscheidungen bei Großkonzernen abhänge. Deshalb müsse jetzt alles daran gesetzt werden, die Planungen und die Umsetzung der Route 57 zu beschleunigen.
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