Siegen-Wittgenstein. Der Ausbau des Glasfasernetzes hinkt dem Zeitplan hinterher. Derweil bereinigt sich der Markt: Unternehmen reichen Kunden an Mitbewerber weiter.
680 Kilometer Glasfaser verlegt Greenfiber im Kreis Siegen-Wittgenstein: 1516 private Haushalte, 62 Schulen, zwölf Krankenhäuser und 120 Gewerbegebiete mit insgesamt 2615 Betrieben bekommen. Bund und Land bezahlen diesen Ausbau, der insgesamt über 100 Millionen Euro kostet, zum größten Teil. Weitere 310 Kilometer baut Greenfiber „eigenwirtschaftlich“: Das sind die Adressen in Bad Berleburg, Burbach und Kreuztal, die jetzt schon mehr als 30 Mbit/Sekunde Downloadgeschwindigkeit haben. Die drei Kommunen haben jeweils mit Greenfiber Netzgesellschaften gegründet, die das Stadt- oder Gemeindegebiet komplett versorgen. Für die Einwohner dort kostet das, wie beim geförderten Ausbau, ebenfalls nichts. Die Kommunen investieren selbst, dafür gehört ihnen das Netz und das Geld, das die Provider für das Durchleiten ihrer Daten bezahlen.
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„Wir hatten fast ein Jahr Verzögerung.“
Ein Jahr Verzögerung, weil Fördermittel nicht fließen
Gebaut sind von den insgesamt fast 1000 Kilometern seit 2022 erst 190 Kilometer. „Wir hatten fast ein Jahr Verzögerung“, berichtet Greenfiber-Regionalmanager Mike Kleiner im Wirtschaftsausschuss des Kreistags. Die Fördermittel sind nicht geflossen, weil der vom Bund beauftragte Projektträger jeweils prüft, ob für die jeweilige Trasse nicht früher schon einmal Geld vom Staat überwiesen wurde. „Wir dürfen nicht bauen, wo schon andere Infrastruktur liegt“, erklärt Kleiner, „ich weiß nicht, wie lange die Prüfung dauert.“
Greenfiber übernimmt Kunden von Westconnect und 1&1
Die Klagen aus den Städten und Gemeinden sind laut: Bei der Verlegung der Leitungen werden Straßen mehrfach aufgerissen, weil die konkurrierenden Unternehmen jeweils ein eigenes Netz aufbauen – oder zumindest damit begonnen haben. Mittlerweile scheint sich allerdings so etwas wie eine Marktbereinigung abzuzeichnen, wie Uwe Krabbe, Geschäftsführer von Greenfiber, durchblicken. So habe das mit dem Energieversorger Eon verbundene Unternehmen Westconnect, das in vielen Kommunen des Kreises auf eigene Rechnung baut, sich in Kreuztal, Burbach und Bad Berleburg mit Greenfiber geeinigt: „Wir haben die Hausanschlüsse übernommen.“ Sie werden nun mit den Greenfiber-Kabeln in den Straßen verbunden.
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Weiterer Vertragspartner ist der Mobilfunkanbieter Versatel geworden, der in Erndtebrück, Kreuztal und Siegen Funkantennenstandorte betreibt. Die werden nun auch ans Greenfiber-Netz abgeschlossen, so dass der 5-G-Standard im Mobilfunk möglich wird. Schließlich wurde auch ein Vertrag mit dem Provider 1&1 verhandelt. Dessen Privatkunden, die in einer der drei Netzgesellschafts-Kommunen wohnen oder an deren Haus ohnehin ein Greenfiber-Kabel vorbeiläuft, das zu einer geförderten Adresse führt, wechseln ebenfalls zu Greenfiber. „Für die Kunden ändert sich nichts“, sagt Uwe Krabbe, „für uns ist das ein wichtiges Signal.“
Verbindung von Siegener Rechenzentrum zu Datenknoten in Frankfurt
Schnelleres Internet hat bisher noch niemand. „Wir haben noch kein Licht im Kreisgebiet“, berichtet Uwe Krabbe –die Daten werden als Lichtsignale durch die Faser gejagt. Greenfiber habe eine Patenschaft mit einem Rechenzentrum in Siegen abgeschlossen, von wo die Anbindung an den internationalen Datenknoten in Frankfurt erfolgt – für den einen Teil des Kreisgebiets. Die andere Anbindung wird von Bad Berleburg nach Hamburg hergestellt, „ich hoffe, noch in diesem Jahr.“ Um die Leitungen bis Frankfurt und Hamburg durchzuschalten, müssen Vereinbarungen mit einer Vielzahl von Betreibern der einzelnen Streckenabschnitte getroffen werden.
Uwe Krabbe wirbt dafür, dass zumindest die Hauseigentümer an den geförderten Adressen und in den Kommunen mit eigenen Netzgesellschaften (Bad Berleburg, Burbach, Kreuztal) den angebotenen kostenlosen Glasfaserhausanschluss auch legen lassen. „Die Wahrscheinlichkeit ist sehr hoch, dass die Kupfernetze irgendwann abgeschaltet werden.“ Wer den Anschluss dann auch nutzen will, kann frei wählen, bei welchem Provider er einen Vertrag abschließt. Umgekehrt wird es teurer. Wer an einer Greenfiber-Trasse wohnt, aber keinen geförderten Anschluss beantragen kann, ist mit 500 Euro dabei. „Wir verschließen uns nicht, wenn jemand rechts oder links der Trasse wohnt.“ Wer sich entscheidet, nachdem die Tiefbauarbeiten abgeschlossen sind, bezahlt viel mehr. 4300 Euro, sagt Uwe Krabbe, „ein Anschluss kostet hier im Siegerland schon sehr viel.“
Ausbau im Detail
Während Greenfiber den Auftrag vom Kreis für den mit Bundes- und Landesmitteln geförderten Ausbau bekommen hat und in Bad Berleburg, Burbach und Kreuztal 25-Prozent-Partner von kommunalen Netzgesellschaften ist, sind andere Teekommunikationsgesellschaften wie Westconnect (Eon) und Glasfaser Plus (Telekom) auf eigene Rechnung unterwegs.Das führt, wie zum Beispiel in Hilchenbach, Netphen und Wilnsdorf dazu, dass einzelne Gebiete mehrfach versorgt werden, während vor allem kleine, abgelegene Ortschaften leer ausgehen. Dafür gibt es das nächste Förderprogramm des Bundes für die „Grauen Flecken“ mit weniger als 100-Mbit-Downloadgeschwindigkeit, für die Kommunen aber nicht mehr zum Nulltarif. Im Siegerland wollen Siegen, Hilchenbach, Freudenberg und Neunkirchen davon Gebrauch machen.
Im Kreis Siegen-Wittgenstein hatten Ende 2023 15,7 Prozent der Haushalt Glasfaseranschlüsse, davon rund zwei Drittel mit mehr als 1000 Megabit/Sekunde Downloadgeschwindigkeit. Im Landesschnitt beträgt der Anschlussgrad 35,2 Prozent. Im Kreisgebiet am, besten versorgt ist Neunkirchen (91,2 Prozent), gefolgt von Erndtebrück (73,1 Prozent), Freudenberg (64,3 Prozent), Hilchenbach (37,1 Prozent), Bad Laasphe (30,0 Prozent), Netphen (25,6 Prozent), Bad Berleburg (2,4 Prozent), Burbach (2,1 Prozent) Siegen (0,9 Prozent), Kreuztal (0,8 Prozent) und Wilnsdorf (0,3 Prozent). (Quelle gibabit.nrw, Stand Dezember 2023).
Für den geförderten Ausbau hat Greenfiber die Verlängerung der Förderzusage bis Ende 2026 beantragt, bis dahin soll zumindest das 680-Kilometer-Netz stehen. Das gemeindedeckende Netz ist in Burbach und Bad Berleburg ebenfalls in Bau, Kreuztal hinkt hinterher. „Das ist noch nicht final finanziert“, berichtet Uwe Krabbe. Stadt und Greenfiber warten noch auf grünes Licht von der Bank. Die Bemühungen seien „auf der Zielgeraden“, sagt Kreuztals Kämmerer Michael Kass im Rat. Immerhin müsse die Breitband Kreuztal GmbH 20 Millionen Euro für den flächendeckenden Ausbau im Stadtgebiet aufbringen.
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