Siegen-Wittgenstein. Für die Behörden der Stadt Siegen und des Kreises sind Abschiebungen kompliziert - viele scheitern, werden gar nicht erst geplant. Die Hintergründe.

663 Asylbewerber müssen den Kreis Siegen-Wittgenstein zum Stichtag 31. Juli 2024 eigentlich verlassen: 447 in der Zuständigkeit der Kreis-Ausländerbehörde (siehe Infobox), dazu kommen weitere 216 ausreisepflichtige Ausländerinnen und Ausländer, die sich in der Stadt Siegen aufhalten. Die Zahl der Abschiebungen ist dagegen wesentlich geringer, sowohl bei Stadt als auch Kreis, die - noch - jeweils eigene Ausländerbehörden haben (wir berichteten).

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Die Abschiebezahlen waren im Corona-Jahr 2020 deutlich eingebrochen. Flüge fanden kaum statt, dann mussten umfangreiche Corona-Tests durchgeführt werden, so die Kreisverwaltung auf Anfrage. Seit Ende der Pandemie sei wieder ein leichter Anstieg zu verzeichnen.

Kreis Siegen-Wittgenstein: Abschiebungen scheitern, weil Personen nicht auffindbar sind

Im Jahr 2023 waren von Seiten des Kreises 34 Abschiebungen geplant, so Pressesprecher Torsten Manges, außerdem weitere 15 Überstellungen gemäß des Dublin-Abkommens. Abschiebungen betreffen dabei die jeweiligen Herkunftsländer und Dublin-Überstellungen die europäischen Staaten, in denen der Asylantrag zuerst gestellt wurde. 18 Abschiebungen sowie vier Überstellungen fanden demnach tatsächlich statt. Die Stadt Siegen hatte 43 Abschiebungen geplant, von denen 17 durchgeführt wurden. Zielländer waren dabei Albanien, Türkei, Georgien, Irak, Syrien, Marokko, Spanien, Nigeria und Aserbaidschan.

Die häufigsten Zielländer von Abschiebungen

Die 447 Personen in der Zuständigkeit der Ausländerbehörde des Kreises müssten in folgende Länder ausreisen (in nach Häufigkeit absteigender Anzahl): Irak, Guinea, Georgien, Armenien, Serbien, Iran, Nigeria, Syrien, Nordmazedonien, Türkei, Kosovo, Russische Föderation, Angola, Ghana, Kirgistan, Libanon, Mongolei, Sri Lanka, Albanien, Weißrussland, Afghanistan, Ägypten, ungeklärt, Marokko, Somalia, Tunesien, Aserbaidschan, Bosnien und Herzegowina, China, Eritrea, Indien, Mali, Bangladesch, Burundi, Senegal, Algerien, Äthiopien, Cote d‘Ivoire, Pakistan, staatenlos, Sudan, Tadschikistan, Usbekistan

2024 sind die Zahlen noch weiter gesunken: Die Stadt Siegen hat bislang 24 Abschiebungen geplant, von denen zehn bereits durchgeführt worden seien, heißt es auf Anfrage aus dem Rathaus. Bislang von der Kreisverwaltung geplant waren fünf Abschiebungen und zwei Überstellungen, jeweils eine davon wurde tatsächlich vollzogen.

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Der häufigste Grund, warum Abschiebungen und Überstellungen scheitern, ist laut der Ausländerbehörde des Kreises, dass die Personen nicht angetroffen werden konnten oder untergetaucht sind. In der Stadt Siegen hingegen komme das auch vor, sei aber nicht der Regelfall, so Pressesprecherin Dr. Sabine Schutz. Das weitere Vorgehen hänge dann vom Einzelfall ab: Liegen Hinweise vor, dass sich die Person bewusst der Abschiebung entzogen hat, werde sie zur Fahndung ausgeschrieben.

Stadt Siegen: Oft braucht es mehr als einen Anlauf für eine Abschiebung

Auch ein Asylfolgeantrag verhindere oft den Vollzug - das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, das über den Asylstatus entscheidet, storniert dann die Abschiebung. Ebenso Widerstand am Flughafen - wenn Personen sich zu heftig wehren, kann es vorkommen, dass die Flugzeugbesatzungen sich weigern, diese Passagiere mitzunehmen. Mitunter gibt es auch gar keine Flugverbindungen, so dass eine Abschiebung gar nicht erst geplant werde, heißt es von der Siegener Ausländerbehörde. Andere seien aus medizinischen Gründen nicht reisefähig oder hätten Kirchenasyl beantragt. Die Behörden müssen teils enormen Aufwand betreiben, um die Identität eines Ausländers zu klären - häufig fehlen Pass- und Reisedokumente. Zudem weigern sich manche Herkunftsländer, ihre Staatsbürger zurückzunehmen. Wenn ein Familienmitglied Bleiberecht in Deutschland hat, könne dies ebenfalls eine Ausreise verhindern.

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Ist ein Asylbewerber nicht aufzufinden, meldet ihn die Behörde „von Amts wegen nach unbekannt ab“, die Person wird zur Fahndung ausgeschrieben. Bei Überstellungen wird die Verlängerung der Überstellungsfrist beantragt. Tauchen die Personen wieder auf, müssen die „aufenthaltsbeendenden Maßnahmen“ wie zum Beispiel die Flugbuchung erneut in die Wege geleitet werden. Eine Handhabe, Abschiebungen zu beschleunigen gebe es für die Kreisverwaltung dabei nicht. „Es kommt regelmäßig vor, dass es mehrere ‚Anläufe‘ gibt, so Dr. Schutz für die Stadt Siegen. „Wo es geboten ist und ein entsprechender Gerichtsbeschluss erwirkt werden kann, werden Personen in Ausreisegewahrsam genommen.“ Es gebe aber genauso auch Personen, die freiwillig ausreisen.