Siegen. Wasserstoffbusse machen erst Sinn, wenn grüner Wasserstoff in Siegen produziert wird, meint die Politik –am besten mit Strom von Windrädern
Fast einstimmig hat der Ausschuss für Wirtschaft, Mobilität und Verkehrsinfrastruktur ein Modellprojekt zum Einsatz von Wasserstoffbussen bei den Verkehrsbetrieben Westfalen-Süd (VWS) abgelehnt. Nur Peter Hanke (FDP) stimmte dafür. Das Hauptargument: Es wäre nicht „grüner“ Wasserstoff, mit dem die Brennstoffzelle gespeist würde, sondern mit Einsatz von Gas, Kohle oder Öl hergestellter „grauer“ Wasserstoff, der zudem mit Lkw nach Siegen transportiert würde.
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Ja zum Wasserstoff
Der Kreis unterstütze den „New Energy Campus“ in Gewerbegebiet Leimbachtal sehr, betont Landrat Andreas Müller. „Ich bin aber skeptisch, ob wir jetzt Busse tauschen sollten, solange wir noch keinen lokal hergestellten grünen Wasserstoff haben.“ Genau das soll in dem Siegener Forschungs- und Entwicklungszentrum versucht werden; erstes Ziel dort ist das energieautarke, also sich selbst versorgende Industriegebiet. Die SPG Steiner als Betreiber kommt dabei gerade einen großen Schritt voran: Im Schnellverfahren ist das Projekt direkt mit dem dritten Regionale-Stern ausgezeichnet worden; die EU beteiligt sich an der Finanzierung über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE). „Ein ausgezeichnetes Vorhaben“, sagt Hubertus Winterberg, Geschäftsführer der Südwestfalen-Agentur, die die Südwestfalen-Regionale 2025 koordiniert.
Karl-Ludwig Völkel (SPD) nennt die Quelle für den Strom, aus dem Wasserstoff erzeugt werden kann: „Wir haben demnächst unheimlich viele Windräder.“ Der dort produzierte Strom könnte so direkt in der Region verwendet werden. Hubertus Winterberg pflichtet bei: Mit dem durch Wasserstoff speicherbar gemachten Strom würde die Region energieautark – „ein neuer Standortfaktor. Das müsste man eigentlich in einer Wasserstoff-Strategie bündeln.“ Landrat Andreas Müller bremst: „Es macht noch keinen Sinn, Strategien aufzustellen, bevor ich eine technische Antwort habe. Das wollen wir im Leimbachtal testen.“ Tatsächlich würden schon Gespräche mit den künftigen Windstromlieferanten in Wittgenstein geführt. „Aber das ist ein Blick in die nächsten fünf, acht, zehn Jahre.“
Nein zum Bus
Und die Busse? Im Raum steht das Angebot von SPG Steiner und der zur Unternehmensgruppe gehörenden hyfuels, den Verkehrsbetrieben für vier Jahre zwei Wasserstoffbusse zur Verfügung zu stellen und auch einen 90-Prozent-Zuschuss des Landes für eine Wasserstofftankstelle auf dem VWS-Betriebsgelände einzuwerben. Auf den Tisch gelegt hat die Verwaltung den Vorschlag, weil der Kreistag die nächsten Konzessionen für die Buslinien „technologieoffen“ ausschreiben will: Sowohl Wasserstoff- als auch Elektrobusse dürfen die anbietenden Verkehrsunternehmen ins Spiel bringen. Des vorherigen Versuchs bedürfe es aber nicht, meint Landrat Andreas Müller: „Es gibt schon viele Orte, in denen Wasserstoffbusse fahren.“ Auch Feuerwehr, Polizei, Kreis- und Siegener Stadtverwaltung setzten bereits Wasserstofffahrzeuge ein.
„Es ist wichtig, dass wir eine Vorreiterrolle einnehmen.“
Peter Hanke (FDP) fordert, „jetzt Geld in die Hand zu nehmen“ – bis zu 440.000 Euro könnten das unter dem Strich sein. „Wir werden Einsatzmöglichkeiten brauchen, um die Energie aus Wind und Sonne endlich effizient einzusetzen.“ Denn jetzt würden die Anlagen allzuoft vom Netz genommen werden müssen, weil ihr Strom nicht gebraucht wird. Den Betreibern würden dafür Entschädigungen gezahlt. „Es ist wichtig, dass wir eine Vorreiterrolle einnehmen.“ Auch wenn die in einer Übergangsphase mit grauem Wasserstoff laufen müsse.
„Das macht nur mit grünem Wasserstoff Sinn“, sagt dagegen Martin Achatzi (CDU) – sonst würde durch Transport und die wiederholte Umwandlung (Strom zu Wasserstoff, Wasserstoff zu Strom) „ein enormer Energieverlust“ entstehen. „Erst muss die Produktionsstrategie stimmen“, fordert auch Bernd Ferger (CDU), „dann aber sollten wir keinen Moment warten.“ Schließlich habe die Region mit Gräbener Maschinentechnik in Sachen Brennstoffzellentechnik „den weltweit innovativsten Ideengeber“. Dass die Stadt Wiesbaden ihre Wasserstoffbusse abgegeben habe und sich die Stadt Siegen gerade von ihren beiden Wasserstoff-Müllautos trenne, spreche nicht für ein Pilotprojekt. „Das wäre jetzt der falsche Zeitpunkt.“
„Ich weiß nicht, was dabei herauskommen soll.“
„Ich weiß nicht, was dabei herauskommen soll“, sagt Dietmar Schneider (Grüne). Schließlich meldet sich Stefan Wied, Geschäftsführer des Zweckverbandes Personennahverkehr (ZWS) zu Wort: Ein Kilometer mit dem Wasserstoffbus koste 2,55 Euro mehr als ein Kilometer mit einem Dieselbus.
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