Allenbach. Die Borkenkäfer haben den Zukunftswald weggefressen. In Stift Keppel werden nun die neuen Bäume herangezogen.

Doch, sagt Konstantin Halbe aus der 5 a, „das macht viel Spaß.“ Nicht nur das Säen und Pflanzen. Auch die Hackschnitzel für den Weg zwischen den Beeten haben sie selbst herangeschafft. „Die haben da hinten die Bäume gefällt“, berichtet Konstantins Mitschülerin Lya Rabe, „und wir haben dann die Sägespäne hierhin gebracht und nass gemacht.“ „Die Kin der waren sehr heftig zugange“, sagt ihr Schuldirektor Dr. Jochen Dietrich mit viel Respekt, „das ist sehr arbeitsintensiv.“

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Das Pflanzcamp: Bäume für den Zukunftswald

Jedenfalls: Die Mädchen und Jungen aus den 5. und 6. Klassen, die sich mittwochs und freitags an den neu angelegten Pflanzbeeten treffen, haben es rechtzeitig geschafft: Stift Keppel hat jetzt eine eigene Baumschule. „AG Zukunftswald“ heißt das Projekt der Gruppe von Biologielehrerin Christina Kraus De Franco. Weil hier die Bäume anwachsen, die Teil des Zukunftswaldes an der Breitenbachtalsperre werden: ein Lehrpfad, den sich das Stift zu seinem 150-jährigen Bestehen schenkt. „Für unsere Schüler sichtbar und greifbar“, betont Dr. Jochen Dietrich, „nicht irgendwo hinten im Netpherland.“ Obwohl Keppel auch dort Wälder hat, die nach dem Angriff der Borkenkäfer junge Bäume vertragen könnten. Aber das ist ein anderes Thema.

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Die Idee dahinter: Natur näher bringen

Die Idee, die zu den Pflanzcamps führte, ist einfach: Der Borkenkäfer hat auch den Zukunftswald angeknabbert, Saatgut und Setzlinge sind derzeit naturgemäß knapp. Also: selbst heranziehen. Die Baumschule Jungermann spendiert Samen und Pflanzen, die Krombacher Brauerei und der Zonta Club geben Geld dazu, so dass am Ende 10.000 Euro für die Anlage mit Wasseranschluss zusammenkommen. Die Zontanians haben ihren Beitrag aus dem Erlös ihres Umwelt-Gedichtbandes „Makrele, Meise, Mull und Maus“ beigesteuert. „Wir wollen Jugendlichen Natur näher bringen“, sagt Annette Dilling. Gudrun Krönigers Tochter pflanzt auch: „Es ist wichtig, dass die Kinder selbst etwas machen können.“ Wolfgang Schötz ist Nachhaltigkeitsmanager bei der Krombacher Brauerei, die Azubis waren neulich hier und später oben im Wald: „Sie haben da auch Bäume gepflanzt.“

Gießen gehört zur Baumschul-Arbeit dazu..
Gießen gehört zur Baumschul-Arbeit dazu.. © Steffen Schwab | Steffen Schwab

Junge Bäume brauchen zehn Jahre Pflege

Buchen, Kirschen, Weißtannen, Eichen, Douglasien, Erlen: Manfred Gertz, Leiter des Regionalforstamts, schätzt, dass die Kinder bereits 100.000 winzige Bäumchen in den Boden gesetzt haben. „Ein Großteil davon wird auch pflanzfähig.“ Etwa in zwei Jahren, wenn die Stämmchen einen halben Meter hoch oder noch höher sind, können die Schülerinnen und Schüler ihre ersten selbstgezogenen Bäume in ihren Zukunftswald pflanzen. „Nicht nur pflanzen“, stellt Manfred Gertz klar, „da kommt die Kultur- und Jungbaumpflege hinterher.“ Zehn bis 15 Jahre werden die kleinen Bäume noch Unterstützung durch Menschen brauchen, bevor sie ihr langes selbstständiges Leben im Wald beginnen. Konstantin, Lya und ihre Freundinnen und Freunde gehen dann längst nicht mehr in Keppel zur Schule.

Akademie

In der erfolgreichen Bewerbung als Leader-Region SauerSiegerLand kommt Stift Keppel zwei Mal vor: Einmal mit dem Zukunftswald, einmal mit einer Nachhaltigkeitsakademie. Leader ist ein Förderprogramm der EU für den ländlichen Raum.Forstamtsleiter Manfred Gertz schwebt ein Zentrum für Nachhaltigkeit vor, das Anlaufpunkt für Vereine und Organisationen wird, die sich in diesem Themenfeld tummeln: als Infozentrum, für Veranstaltungen, Schulungen und Ausgangsort für Exkursionen: „Da bietet sich Stift Keppel an.“

Die AG Zukunftswald wird immer wieder säen, den Samen wohl bald auch selbst aus dem Wald holen, wenn dort wieder Eicheln fallen. Die Baumschule wird ein Projekt für Generationen. Das ist Schulleiter Dr. Jochen Dietrich klar. Und Manfred Gertz, dem Forstamtsleiter, sowieso. Er erzählt, dass sie es hier auch einmal mit Baumhasel und Zeder probieren wollen, wegen des Klimawandels. Und schlägt vor, sich einmal in den Wäldern im Südtiroler Meran umzusehen: „So sieht es dann auch an der Breitenbachtalsperre aus. In 150 Jahren.“ Man denkt halt langfristig unter Forstleuten. Dem Stift ist das nicht fremd. Zum Besitz gehören schließlich 500 Hektar Wald.

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Die da draußen: Keppels Früchtchen und der Naturlehrgarten

Die Baumschule für den Zukunftswald bietet sich an: „Nicht nur, weil sich die Schule zum Teil auch von ihrem Wald nährt“, sagt Dr. Jochen Dietrich.. Sondern auch, weil die Veränderung des Klimas und ihre Folgen auch rund um Keppel überaus sichtbar sind: „Wir können nicht so tun, als wäre nichts gewesen.“

Neben der Baumschule wachsen Apfelbäume, nicht für den Zukunftswald, sondern für Keppels Früchtchen. Das ist die Schülergenossenschaft, die nun auch schon seit ein paar Schülergenerationen mit selbst hergestelltem Apfelsaft nachhaltige Geschäfte macht – versteht sich, dass der für die Gäste des Pflanzcamps ausgeschenkt wird.

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Etwas weiter weg von den Schulgebäuden ist der Naturlehrgarten, mit dem 1991 wohl alles anfing, was heute ins Schulmotto „Wir hier draußen“ einfließt: 8000 Quadratmeter Mager.- und Fettwiese, Schulteich, Feldgehölze, Streuobstwiese mit Apfel- und Kirschbäumen. „Wir haben hier über 500 Pflanzenarten“, sagt Lehrer Michel Kosak, der diese Anlage betreut, dazu eine stattliche Vielfalt von Insekten und Vögeln. So manche Biologiestunde findet dort statt, „das bietet sich einfach an.“ Die Verlängerung um ein neuntes Gymnasialjahr macht es möglich, das siebte Schuljahr zum ökologischen Jahr zu machen.

Auf der Wiese: ein kleines Windrad

Markus Diehl lenkt das Interesse weg von den Bäumen auf die Wiese. Dort steht neuerdings ein kleines Windrad, auch ein Schülerprojekt: Der erzeugte Strom, so erklärt es der Physiklehrer, wird eines Tages eine Ladestation für E-Bikes speisen. Aber das ist eine andere, neue Geschichte.

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