Ramsbeck. Bewohner eines Mehrfamilienhauses versetzen die Ramsbecker Dorfgemeinschaft in Angst und Schrecken. Ein Hilferuf aus einem Dorf.

Fassungslos, mit großer Sorge und inzwischen auch mit Wut und Angst blicken Bewohner aus Ramsbeck auf ein Mehrfamilienhaus an der Heinrich-Lübke-Straße. Es ist jene Adresse, an der am frühen Samstagmorgen (7. September) ein Großeinsatz der Polizei stattgefunden hat, weil sich rund 25 Menschen auf offener Straße geprügelt hatten. Nun stellt sich heraus: Es war bei Weitem nicht der erste Einsatz dort.

Bereits seit Jahren sorgen die Bewohner des Hauses immer wieder für Ärger. „Diese Eskalation war nur die Spitze des Eisberges“, sagen Einwohner des Ortes, die das Treiben in dem Haus bereits seit Jahren mit einem schlechten Gefühl beobachten. Wohnen sollen dort laut Ortsvorsteher Paul Schüttler mehrere slowakische Familien - inzwischen etwa 50 Personen, darunter 20 Kinder.

„Diese Eskalation war nur die Spitze des Eisberges.“

Einwohner aus Ramsbeck

„Begonnen“, so sagen Einwohner, „haben die Probleme vor rund zwei Jahren“. Damals sei es zunächst nur die Lautstärke gewesen, mit denen die Bewohner Nacht für Nacht auf sich aufmerksam gemacht hätten. Da sei die Situation noch vergleichsweise harmlos gewesen. Nach und nach sei es allerdings immer schlimmer geworden. Inzwischen gehe niemand mehr aus dem Dorf mit einem guten Gefühl an dem Gebäude vorbei. Zum einen, weil im Haus ständig geschrien und im Inneren immer wieder so heftig gestritten werde, dass einem im Vorbeigehen Angst und Bange werde. Vor allem aber auch, weil man nachts ständig damit rechnen müsse, von Männern aus dem Haus angepöbelt und beleidigt zu werden.

„Inzwischen geht niemand mehr aus dem Dorf mit einem guten Gefühl an dem Gebäude vorbei.“

Einwohner aus Ramsbeck

Exakt eine solche Situation soll am Samstag, 7. September, um 0.30 Uhr zur Eskalation geführt haben. Offizielle Angaben der Polizei zu den Hintergründen der Massenschlägerei gibt es wegen laufender Ermittlungen zwar noch nicht. Viele Ramsbecker kennen sie allerdings sehr wohl: Demnach sollen zwei Jugendliche aus Ramsbeck in jener Nacht von Bewohnern des Hauses angepöbelt worden sein und sich in die Ecke gedrängt gefühlt haben. Daraufhin sollen sie Familie und Freunde benachrichtigt haben, die schließlich in größerer Zahl angerückt waren. Danach ging es mitten auf der Heinrich-Lübke-Straße dermaßen zur Sache, dass die Polizei mit mehreren Fahrzeugen und zur Eigensicherung in kompletter Schutzausrüstung samt Maschinenpistolen im Einsatz war.

Aus Sorge ist Angst geworden

„Nun fragt man sich schon, was als Nächstes kommt“, sagen Bewohner des Ortes. Aus Sorge sei inzwischen echte Angst geworden - zumal es eben nicht der erste besorgniserregende Vorfall gewesen sei. Immer wieder sei die Polizei in der Vergangenheit vor Ort gewesen - mal, weil ein minderjähriger Bewohner mit einem Auto durchs Dorf gefahren ist, mal weil wissentlich ein Auto genutzt worden sein soll, das gar nicht zugelassen ist. „Die machen, was sie wollen, ohne dass es ernsthafte Konsequenzen hat.“

„Die machen, was sie wollen, ohne dass es ernsthafte Konsequenzen hat.“

Einwohnerin aus Ramsbeck

Dramatische Szenen sollen sich auch bereits Ende Juni auf der Heinrich-Lübke-Straße abgespielt haben. Auch damals war die Polizei vor Ort. Im Zuge einer Auseinandersetzung mit einem Bewohner aus dem Nachbarhaus hatte ein junger Mann die Scheiben eines Autos eingeschlagen und damit gedroht, das Fahrzeug anzuzünden. Im weiteren Verlauf des Konflikts soll sogar versucht worden sein, das Nachbarhaus anzuzünden. Zeugen hatten den Geruch einer brennbaren Flüssigkeit wahrgenommen und bereits Flammen gesehen. Wenig später habe die Polizei zwei Jugendliche in Handschellen abgeführt.

Zustände bestens bekannt

Ordnungsamt und Polizei sind die Zustände an jener Adresse nach zahlreichen Meldungen aus dem Dorf inzwischen bestens bekannt. Die Gemeindeverwaltung sei als Ordnungsbehörde jedoch außen vor, weil es sich um vermietetes Privateigentum handele, wie Gemeindesprecher Jörg Fröhling betont. Damit sei es Sache des Vermieters, unliebsamen Bewohnern, die für Unfrieden innerhalb einer Hausgemeinschaft sorgen, den Mietvertrag zu kündigen. Und wenn der Unfrieden mit nicht legalen Mitteln erzeugt werde, sei ein Eingreifen der Polizei erforderlich. „Das Privatrecht setzt hier Grenzen für das Ordnungsamt“, erklärt Fröhling und betont sehr deutlich: „Es ist keineswegs so, dass wir nicht helfen wollen, wir können es in diesem Fall einfach nicht.“

„Das Privatrecht setzt hier Grenzen für das Ordnungsamt. Es ist keineswegs so, dass wir nicht helfen wollen, wir können es in diesem Fall einfach nicht“

Jörg Fröhling
Pressesprecher der Gemeinde Bestwig

Mehrfach zwar war das Ordnungsamt in der Vergangenheit vor Ort, weil es Meldungen wegen einer extremen Vermüllung gegeben hatte. Aber auch hier seien Grenzen gesetzt gewesen, weil der Müll eben nicht auf öffentlichem Grund und Boden lag, sondern auf dem Privatgrundstück. Tätig werden könne eine Ordnungsbehörde erst, wenn von dem Müll eine Gefahr ausgehe. Das sei nicht der Fall gewesen, so Fröhling. Teilweise sollen Berichten aus Ramsbeck zufolge sogar Möbel aus Fenstern der oberen Stockwerke geworfen worden sein.

„Wir fühlen uns im eigenen Dorf überhaupt nicht mehr sicher und bitten die zuständigen Stellen, sich um die verheerenden Zustände dort zu kümmern.“

Zitat aus einem anonymen Schreiben an Polizei, Gemeinde und Jugendamt

Als eine Art Hilferuf aus einer hilflosen Bevölkerung dürfte auch ein anonymes Schreiben verstanden werden, das in dieser Woche die Gemeinde, die Polizei und das Jugendamt erreicht hat. „Wir fühlen uns im eigenen Dorf überhaupt nicht mehr sicher und bitten die zuständigen Stellen, sich um die verheerenden Zustände dort zu kümmern“, heißt es in dem Schreiben. Und weiter: „Alle scheinen wegzuschauen - aber uns in Ramsbeck platzt hier so langsam der Kragen.“ Man schreibe anonym, weil man verängstigt sei, durch das „extrem hohe Aggressionspotenzial dieser Leute“. An das Jugendamt war der Brief gegangen, weil es in dem Schreiben zusätzliche Hinweise darauf gibt, dass die schulpflichtigen Kinder, die im Haus leben, die Schule nicht besuchen. Aus Datenschutzgründen darf Martin Reuther, Pressesprecher des Hochsauerlandkreises, keine Angaben gegenüber der Öffentlichkeit machen. Man nehme den Brief zum Anlass, um Hilfen zu überprüfen, sagt er.

Lesen Sie auch:

Ähnlich sieht es bei der Kreispolizeibehörde in Meschede aus. Polizeisprecher Michael Schemme hat gegenüber unserer Zeitung den Eingang des anonymen Schreibens bestätigt. Es werde aktuell in der zuständigen Fachdirektion geprüft, ob Handlungsbedarf bestehe, so Schemme. Eine Stellungnahme der Polizei zu von Anwohnern geschilderten Vorfällen in der Vergangenheit steht noch aus.

Die Bewohner des Hauses waren für eine Stellungnahme gegenüber unserer Zeitung nicht zu erreichen.

Lesen Sie hier, was der Vermieter zu den Zuständen in seinem Haus sagt.

Mehr Nachrichten? Folgen Sie der WP Meschede in den sozialen Medien: