Meschede. Hala Mazloum floh 2015 aus Syrien, kam ohne Deutschkenntnisse nach Meschede. Nun feiert sie die Eröffnung ihres hübschen Salons.
Hala Mazloum ist eine Frau, die weiß, was sie will. Vor neun Jahren kam sie ohne deutsche Sprachkenntnisse und mit drei Kindern nach Deutschland, jetzt hat sie ihr eigenes Geschäft in Meschede eröffnet.
Raus aus Idlib, raus aus Syrien
2015 wollte sie nur eins: raus aus Idlib, raus aus Syrien, wo ihre Kinder jederzeit getötet oder verstümmelt werden konnten. „Ich habe so viele tote und verletzte Kinder gesehen“, sagt sie und deutet an, wie eine Mutter ein verletztes Kind auf dem Arm trägt. Bis heute wird die Zivilbevölkerung dort systematisch bombardiert. „Das wollte ich nicht.“
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Sie verließ das Land mit ihrer Tochter, die damals 13 Jahre alt war, den beiden vier und elf Jahre alten Söhnen, ihrem Bruder, zwei Neffen und ihren Eltern. Ihr Mann blieb erst noch zurück. „Er wollte unser Hab und Gut nicht zurücklassen. Doch was nutzt mir das Vermögen, wenn die Kinder verletzt werden?“
Im Friseursalon ausgeholfen
Auch sie habe sich vorher nie vorstellen können, ihr Land oder ihre Heimatstadt zu verlassen, erzählt sie. „Es ging uns gut in Idlib. Arbeiten musste ich nicht.“ Ihr Mann hatte einen Großhandel, verkaufte Holz und Möbel. Die junge Frau hatte direkt nach dem Schulabschluss geheiratet und war Mutter geworden. Im Friseursalon ihrer Schwägerin half sie gern aus, schnitt Freundinnen und sich selbst die Haare. „Make-up war immer meins.“
„Es ging mir nie ums Geld. Es ging mir um die Sicherheit meiner Kinder, um ihre Bildung und um die Chance, selbst Arbeit zu finden.“
Entscheidung für Deutschland
Doch dann kam der Krieg, erst die Soldaten, dann die Rebellen, mit ihnen die Angst. „Ich habe überlegt, in eine andere syrische Stadt zu gehen, um die Sprache zu behalten, aber da wären wir als Verräter behandelt worden.“ Auch die arabischen Staaten hätten die Türen zugeschlagen, sagt sie. „Es blieben uns nur die Türkei oder Europa.“ Sie entschied sich für Deutschland. „Es ging mir nie ums Geld“, betont sie. „Es ging mir um die Sicherheit meiner Kinder, um ihre Bildung und um die Chance, selbst Arbeit zu finden.“ Ein Verwandter, der in Deutschland lebte, versicherte ihr, dass die Deutschen „nett“ seien.
Zwei Monate wie in Trance
Am 26. Oktober 2015 kam Hala Mazloum in Meschede an. „Die ersten zwei Monate habe ich wie in Trance gelebt.“ Die damals 30-Jährige lernte Deutsch, heute hat sie B2-Niveau, das heißt, „ein normales Gespräch mit Muttersprachlern ist ohne größere Anstrengung auf beiden Seiten gut möglich“. Ihre Kinder besuchen noch die Schule, ihr Mann arbeitet bei Faber in Olsberg als Tischler.
„Für mich war die Ausbildung im Kolping-Bildungswerk ein Segen. Dort durfte ich viel mehr machen, als es in einem normalen Friseursalon möglich gewesen wäre.“
Abschluss als Jahrgangsbeste
Die Syrerin ist am Ende eines Weges, dessen Ziel sie sich selbst gesteckt hat: ein eigener Friseursalon. Dafür machte sie - während der Coronazeit - eine Friseurausbildung in Teilzeit im Kolping-Bildungswerk, die sie wegen ihrer guten Noten verkürzen durfte. Sie wurde am 20. Juni 2022 als Beste des Jahrgangs geehrt.
„Für mich war Kolping ein Segen. Dort durfte ich viel mehr machen, als in einem normalen Friseursalon möglich gewesen wäre. Da steht man als Auszubildende ja meist daneben und guckt, hier frisierte und schnitt ich und die Meisterin stand daneben und griff nur korrigierend ein.“
Dankbar ist sie auch Amal Chahrour vom gleichnamigen Friseursalon in Neheim und vor allem Philipp und Julia Ramrath vom Salon Inspiration in Wenholthausen. „Trotz Kopftuch haben sie mir eine Chance gegeben und mich bestmöglich gefördert. Ich habe dort viel gelernt.“
Wechsel zur Meisterschule
Hala Mazloum ist ehrgeizig und wissbegierig, die Ausbildung reichte ihr nicht. „Ich wollte die modernen Techniken lernen.“ Sie arbeitete nur kurz - wieder bei Amal Charour diesmal in Bestwig und wechselte dann auf die Meisterschule ins bbz in Arnsberg. Ein Modul absolvierte sie in Teilzeit, die übrigen drei in Vollzeit. Sie lernte dort Berufspraxis und –theorie, Betriebswirtschaft sowie Berufspädagogik, um selbst ausbilden zu dürfen.
Das eigene Ladenlokal
Seit Juli 2023 ist sie Friseurmeisterin und mittlerweile auch deutsche Staatsangehörige. Sie lernte weiter alles über Farbe, Techniken, Hochsteckfrisuren, Make-up, machte Fortbildungen bei internationalen Anbietern online und in Präsenz, bis sie sich nach einem eigenen Ladenlokal umsah. „In der WP habe ich gelesen, dass der kleine Nähladen schließt und mich bei Robert Knappstein darum beworben“, erzählt sie. Schnell seien beide Seiten handelseinig geworden.
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Zurzeit renovieren ihr Mann und ihr Bruder die Räume. Ende September, so hofft sie, kann sie ihren Laden eröffnen, der Männern wie Frauen offen steht. Später würde sie gern einen Azubi oder eine Mitarbeiterin einstellen. „Jetzt kämpfe ich erstmal allein weiter.“
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