Meschede. Auf dem Weg in den Urlaub verliert ein Ehepaar die Brieftasche. Wie diese den Weg zurückfand, davon sind die Mescheder begeistert.
Auf dem Weg in den Urlaub, beim Stopp an der Bäckerei Tismes morgens gegen 10 Uhr, legt der Mescheder Malermeister Johannes Vogel seine Börse aufs Auto - und fährt los.
Das Auto „auf Links“ gedreht
„Wir wollten ein paar Tage in Norddeutschland Urlaub machen“, berichtet seine Frau Elisabeth. „Deshalb hatten wir auch viel Bargeld, alle Papiere und Karten dabei.“ In Dortmund ist ein Stopp bei der Tochter eingeplant. Da fällt Johannes Vogel auf, dass seine Börse verschwunden ist.
„Wir haben das Auto auf Links gedreht, eine Tismes-Mitarbeiterin hat sogar extra für uns den Parkplatz abgesucht“, aber die Börse bleibt verschwunden. Die Karten sperren zu lassen, dazu noch an einem Sonntag und ohne die Kartennummern zu wissen, scheint aussichtslos. Auch die Urlaubsvorfreude ist verschwunden. „Wir sind erstmal wieder nach Hause gefahren.“
„Das verlorene Portemonnaie hat uns richtig Bauchschmerzen verursacht.“
In Meschede sucht das Paar noch mal die gesamte Umgebung der Bäckerei ab, sperrt die Karten und entscheidet sich dann, doch wieder Richtung Norden zu fahren. „Das Hotel war ja gebucht, und wir wollten eh nur bis Donnerstag bleiben.“ Doch der Ärger und der Frust über das verlorene Portemonnaie belastet die Rentner. „Das hat uns richtig Bauchschmerzen verursacht.“
Geldscheine im Kreisverkehr
Ungefähr zur gleichen Zeit, zu der die Mescheder sich zum ersten Mal auf den Weg nach Dortmund machen, fährt Anas Alkhatib mit nur einem Fahrgast Richtung Wennemen. Der Syrer ist seit anderthalb Jahren Busfahrer bei der Firma Rettler in Remblinghausen. Er lebt seit 2015 in Meschede und fährt Linienverkehr im ganzen HSK - bis nach Lippstadt. Von seinem Fahrersitz hat er einen guten Überblick auf die Straße.
Im Kreisverkehr auf der L743 - zwischen Laer, Enste und Wennemen - traut er plötzlich seinen Augen nicht: Geldscheine flattern über die Straße. Er bremst seinen Bus an der nächsten Bushaltestelle ab, sammelt die Scheine und dann auch das Portemonnaie ein. Darin gibt es zwar eine Adresse, aber keine Handynummer.
Alkhatib ist unsicher und fragt seinen Fahrgast, wie er jetzt damit umgehen soll. Der rät ihm, das Geld nach Dienstschluss bei dem Besitzer abzugeben. Die Polizei dazuzuholen, mache alles nur kompliziert.
Anruf der Nachbarin
Am Abend erhält Johannes Vogel am Urlaubsort einen Anruf der Nachbarin. „Du glaubst nicht, wer hier steht“, sagt diese. Der Syrer hat sich mit seiner Tochter als Übersetzerin von der Le-Puy-Straße zum Gaswerk auf den Weg gemacht, um das Portemonnaie dem rechtmäßigen Besitzer vorbeizubringen. Da dort aber alles verdunkelt ist, schellt er bei der Nachbarin.
„Da ist uns natürlich ein riesiger Stein vom Herzen gefallen“, freut sich Elisabeth Vogel. Allerdings will Anas Alkhatib das Portemonnaie mit dem vielen Bargeld gern direkt übergeben. Also tauscht man Adressen und Handynummern aus und die Urlauber fahren auf dem Heimweg bei ihm und seiner Familie vorbei.
Ehrensache
„Wir haben Süßigkeiten für die Kinder und Blumen für seine Frau mitgebracht“, erzählt Elisabeth Vogel, „und sind total nett empfangen worden.“ Der Finder besteht darauf, dass Johannes Vogel das Geld direkt nachzählen soll - alles da. Doch als der Malermeister nach Finderlohn fragte, kennt Anas Alkhatib den Begriff gar nicht. Das sei doch eine Ehrensache, sowas abzugeben, erklärt er. Geld will er auf keinen Fall.
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Elisabeth und Johannes Vogel lassen dann einen Finderlohn als Geschenk für die Kinder da. „Zur freien Verfügung“, wie sie betonen. Beide sind immer noch begeistert von der Ehrlichkeit des Familienvaters.
„Er hat fünf Kinder - zwischen sieben Monaten und 15 Jahren - und hätte das Geld sicher total gut gebrauchen können“, sagt Johannes Vogel. So oft werde auf Migranten geschimpft, „aber man muss doch immer den einzelnen Menschen sehen.“ Deshalb, so sind beide überzeugt, gehört die Geschichte auch in die Zeitung.
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