Meschede. Die Bauernproteste waren im Winter in allen Schlagzeilen. Warum sind sie verstummt? Was Landwirt-Funktionär Christian Otto ankündigt.
Zu Beginn des Jahres waren die Schlagzeilen voll mit den Bauernprotesten in ganz Deutschland. Auch diese Zeitung hat mehrfach darüber berichtet. Besonders groß war die Demonstration auf dem Flugplatz Meschede-Schüren. Doch mittlerweile sind die Proteste verstummt. Wir haben bei Christian Otto, zweiter Vorsitzender des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes Hochsauerland, nachgefragt, warum es um die Bauern leise wurde.
Herr Otto, was ist aus den Protesten geworden?
Die Proteste wurden ja vom deutschen Bauernverband organisiert. Aktuell will man die Entscheidungen der Politik abwarten. Man hofft, dass dort Besserungen kommen werden. Es sind seit den Bauernprotesten so viele Dinge passiert und so gerieten die Bauernproteste ins Hintertreffen, zum Beispiel durch den Ukraine-Konflikt. Die Themen gerieten schnell aus dem Fokus, aber dennoch wird im Hintergrund noch weiter dran gearbeitet.
Sind denn Besserungen bislang aufgetreten?
Nicht in der Hinsicht, in der wir uns das erhoffen.
Sind dann noch weitere Proteste geplant, wenn sich die Besserungen nicht im gewünschten Rahmen halten?
Wenn sich nichts tut, dann bin ich felsenfest davon überzeugt, dass weitere Aktionen folgen werden. Aber zum heutigen Stand kann ich nicht direkt sagen, ob und wann was geplant ist.
Haben die Proteste, Ihrer Ansicht nach, dann überhaupt etwas gebracht?
Wir haben jedenfalls nicht das erreicht, was wir uns gewünscht hätten. Die geplante Rücknahme der Steuerbefreiung der landwirtschaftlichen Fahrzeuge, also die grünen Nummernschilder, wurde noch vor den Protesten revidiert. Auch wird die Agrardiesel-Beihilfe schrittweise zurückgenommen. Ich sehe zudem allgemein keine Entbürokratisierung in der Landwirtschaft. Wir haben da Defizite im Allgemeinen. Doch daran ist nicht alleine die Ampel schuld, das Ganze ist über Jahrzehnte gewachsen.
Gebracht haben uns die Proteste aber einen großen Zuspruch in der Bevölkerung. Ich war überwältigt und habe Gänsehaut bekommen, wie sehr die Menschen hinter uns stehen.
Was wünschen Sie sich denn konkret?
Wir wünschen uns von der Politik, dass sie ihre Lippenbekenntnisse auch einhält. Man hat viel versprochen, aber eingehalten wurde davon bislang nichts!
Am Mittwoch ist Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft Cem Özdemir in Balve zum Bürgerdialog. Was würden Sie ihm sagen?
Ich könnte ihm ein ganzes abendfüllendes Programm liefern. Die Politik war zuletzt sehr acker-fokussiert. Wir hier im Sauerland in einer Mittelgebirgsregion sind aber stark vom Grünland geprägt. Man hat uns eine Grünlandprämie zugesichert, aber wie sieht die aus? Außerdem sollen die Landwirte demnächst kleinlich dokumentieren, wo ihr Vieh langläuft. Das kommt aus einem EU-Gesetz, dass der Entwaldung zugunsten der Fleischproduktion entgegenwirken soll. Aber der Gedanke dahinter kommt vom Kaffee- und Kakaoanbau und ich kenne bei bestem Willen kein europäisches Land, welches Kaffee oder Kakao anbaut. Zudem: Wie sollen die Landwirte diesen Aufwand stemmen? Jedes Tier müsste ja einen Transponder bekommen, der den Standort aufzeichnet. Ständig wird Entbürokratisierung gefordert und zugesichert, jetzt kommt so ein riesiger Aufwand hinzu.
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Wie steht es um die Landwirtschaft im Sauerland derzeit?
Aktuell hat die Landwirtschaft mit den anhaltenden Regenfällen zu schaffen. Das erschwert die Ernte enorm. Wir hatten bislang nur sehr kurze Zeitfenster mit aufeinanderfolgenden Tagen Sonne, die die Ernte überhaupt möglich machten. Auch das Grünland, sprich die Wiesen, leiden unter der anhaltenden Nässe. Auf einmal sind Stellen im Grünland so durchnässt, wie sie es vorher nie waren. Und durch die Traktoren bilden sich dann riesige Narben. Ich sag’ immer, „ein ordentlicher Sauerländer braucht 10 Grad und Regen“, aber das ist derzeit zu viel auf einmal!
Vielen Dank, Herr Otto!
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