Freienohl. Wolfgang Klapper ist seit 1987 Vegetarier und seit 1998 Veganer - einer der ersten im Sauerland. Wie und warum er die Welt retten will.
Jeder kennt heute im Familien- oder Freundeskreis Menschen, die sich vegetarisch ernähren. Als Wolfgang Klapper 1987 begann, auf Fleisch zu verzichten, war er noch ein Exot, erst recht, als der Freienohler 1998 noch einen Schritt weiterging und alle tierischen Produkte aus seiner Ernährung verbannte. Damals war er einer der ersten Veganer im Sauerland. Im Interview erklärt der 71-jährige, ehemalige Diplom-Verwaltungswirt der Bezirksregierung, wie es dazu kam und warum er es bis heute durchzieht.
Vegan zu leben, ist für Sie nicht nur ein Ernährungsmodell? Wie kam es dazu?
Ich bezeichne mich als Umweltschützer und würde mich freuen, wenn andere meinem Lebensmodell folgen. Anstöße gaben Bücher, die ich damals gelesen hatte. Letztlich sind es gesundheitliche, ökologische und tierrelevante Gründe, warum ich mich heute komplett vegan und zu 95 Prozent mit Bioprodukten ernähre. Ein Hauptantriebsgrund ist, dass ich jede Form von Herrschaft ablehne. Auch Tiere haben fundamentale Rechte, die wir respektieren müssen.
Umweltschützer zu sein endet für Sie aber nicht beim Tierwohl?
Nein. Ich versuche meinen Abfall möglichst zu reduzieren, nutze wiederverwertbare Produkte. Ich gehe zum Beispiel nie ohne Stoffbeutel einkaufen und nutze nur unlackierte Blei- und Buntstifte, um Plastik zu vermeiden. Wenn ich Kleidung brauche, kaufe ich vegane, kombinierbare Teile in einem Naturversand. Ich trinke nur Leitungswasser, habe das Auto abgeschafft, erledige alles zu Fuß, mit Bus oder Bahn und zum Vergnügen reise ich gar nicht mehr.
Sie fahren nicht in den Urlaub? Niemals. Auch nicht mit Bus und Bahn?
Nein, auch das ist Ressourcenverschwendung, finde ich. Denn ich belege dann ja parallel zwei Wohnungen, die einer anderen Familie fehlt. Meine Skiausrüstung habe ich 1995 komplett entsorgt. Vorher bin ich gern Ski gefahren, auch mal in den Alpen. Aber auch dort wird die Natur durch Urlaubstourismus zerstört.
Wie kaufen Sie ein?
Das meiste erledige ich das beim Arnsberger Biomarkt und beim Reformhaus Mommertz, einem Lieferservice, den Rest bei Edeka in Freienohl. Bei Thomas Wälter vom Arnsberger Bioladen habe ich viel über Bio-Ernährung gelernt. Als es in Meschede noch den Unverpackt-Laden gab, habe ich auch dort eingekauft. Ich habe es sehr bedauert, dass er geschlossen hat.
„Mir ist es nicht egal, was nach mir kommt. Und ich will so leben, dass die Welt mich aushält. “
Um Energie zu sparen, haben Sie Ihr Haus in Freienohl energetisch saniert?
Ja, das hilft bei Kälte und bei Hitze. Das Haus hat eine Aufdachdämmung mit natürlichen Dämmstoffen, Flachs- und Holzfaserweichplatten. Die Fassade ist mit Mineralschaumplatten gedämmt, dort war mir wichtig, dass kein Styropor verbaut wurde. Die neuen Fenster hat die Firma Brüggemann aus Meschede für mich gebaut. Sie sind aus Fichtenholz aus dem Raum Brilon. Seit 2006 nutze ich außerdem thermische Solarenergie für warmes Wasser.
Sowas muss man sich auch leisten können.
Das kann schon sein, aber wer so lebt wie ich, spart auch an anderer Stelle. Die Produkte sind qualitativ besser und langlebiger.
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Wie haben Familie und Freunde auf Ihre Lebensumstellung reagiert?
Das war ja auch bei mir ein Prozess. Doch als ich erklärt habe, dass ich mich jetzt nur noch vegan ernähre, waren sie schon ziemlich erschrocken. Heute sprechen mich Freunde schon mal darauf an, wenn sie irgendwo vegane Speisen gesehen haben, beispielsweise im Urlaub. Das höre ich mir dann an. Ich kritisiere andere ja nicht für ihre Lebensweise und trage normalerweise meine auch nicht vor mir her. Mir ist es aber wichtig, dass ich möglichst wenig Ressourcen verbrauche.
Gab es Dinge, bei denen es Ihnen schwergefallen ist, zu verzichten.
Nein, ich mache das ja aus Überzeugung. Ich hatte niemals das Gefühl von Verzicht.
Machen Sie schon mal Ausnahmen?
Ich esse niemals tierischen Produkte. Da mache ich keine Ausnahmen. Wenn mich aber jemand im Auto mitnehmen will, steige ich ein. Oder wenn es jetzt beim Ehemaligentreffen der Bezirksregierung Sojawürstchen gibt, werde ich die auch essen. Normalerweise vermeide ich Fleischersatzprodukte.
Und wenn jetzt jemand nachhaltiger leben will. Was raten Sie, womit sollte man anfangen?
Man sollte die Ziele nicht zu hoch setzen, damit man die Lust nicht verliert: Vegetarier zu werden, wäre ein guter Anfang.
Sie haben keine Kinder oder Enkel. Für wen tun Sie das?
Mir ist es nicht egal, was nach mir kommt. Und ich will so leben, dass die Welt mich aushält. Ich bin überzeugt, dass unsere Erde auf einen ,Point of no Return‘ zusteuert, wenn wir so weiterleben wie bisher.
Aber Sie allein werden das nicht aufhalten.
Dann habe ich aber meinen Teil dazu beigetragen, um es zu verhindern.
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