Hochsauerlandkreis. Wenn Schnee fällt, haben Mieter und Hauseigentümer im Sauerland viele Pflichten. Aber worauf müssen sie achten, wenn der Schnee wieder schmilzt?
Zum Ende der Woche soll es rund um Meschede und Schmallenberg wieder Schnee geben - dann sind nicht nur die Winterdienste gefragt, um die öffentlichen Straßen und Gehwege frei zu schieben, sondern auch die Hausbewohner. Welche Regeln und Pflichten gibt es, wenn Schnee fällt? Was muss ich auf den Gehwegen beachten und was auf dem Dach? Ein Gespräch mit Julia Wagner, die Leiterin des Bereichs Zivilrecht von der Haus & Grund-Zentrale in Berlin.
„Grundsätzlich ist zwischen dem Eigentümer und dem Mieter zu unterscheiden, wenn wir über Pflichten sprechen“, erklärt Julia Wagner. „Nur, weil das Haus vermietet ist, heißt das noch lange nicht, dass automatisch die Räumpflichten übertragen werden.“ Das könne man als Hauseigentümer zwar bei einem Einfamilienhaus relativ einfach, aber bei einem Mehrfamilienhaus kann es schon komplizierter werden. Oft gibt es bei Mehrfamilienhäusern eine „Räumplanregelung“, wo von Woche zu Woche oder Monat zu Monat eine andere Mietpartei mit dem Schneeschieben betraut wird. Bei einem Einfamilienhaus kann die Pflicht komplett auf die eine Mietpartei übertragen werden. Das bedeutet aber nicht, dass der Hauseigentümer „fein raus“ ist.
Eigentümer in der Pflicht: Haftung und Kontrolle
„Grundsätzlich haftet ein Immobilieneigentümer immer, wenn jemand durch seine Immobilie Schaden nimmt“, erklärt Julia Wagner - die mit der Räumung betraute Mietpartei kann lediglich in eine Mithaftung genommen werden. Und auch nach der Übertragung der Pflicht hat der Hauseigentümer eine Kontrollpflicht. „Das heißt nicht, dass er jeden Morgen um kurz nach sieben an dem Haus vorbeifahren muss, um dort zu kontrollieren, ob der Gehweg geschoben und gestreut ist“, sagt Julia Wagner. „Aber es sollte schon regelmäßig kontrolliert werden.“
Aus der Mithaftung kommt der Hauseigentümer nur raus, wenn er eine externe Firma mit der Räumung der Wege betraut: Denn diese Firma haftet dann stattdessen, und auch die Kontrollpflicht entfällt, so lange es keine Anzeichen gibt, dass die Firma ihre Arbeit nicht ordentlich verrichtet.
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Wer auch immer mit der Räumung der Gehwege betraut ist, muss sich an folgende Pflichten halten: Die Gehwege, ob öffentliche Bürgersteige oder private Zuwegungen, die aber zum Beispiel zum Mehrfamilienhaus oder zum Postkasten führen, müssen werktags von sieben bis 20 Uhr geräumt sein, samstags, sonntags und feiertags von acht bis 20 Uhr. „Ausschlafen am Wochenende ist da also im Zweifel nicht“, sagt Julia Wagner.
Was ist zumutbar? Überlegungen bei Winterdienst
Das gilt tatsächlich auch für Schneefälle, die während der Arbeitszeit des Verpflichteten fallen: „Theoretisch muss ich, wenn es von 14 bis 15 Uhr schneit, ich aber erst um 18 Uhr Feierabend habe, zwischendurch hinfahren und schieben“, erklärt die Juristin. Alternativ könnte man natürlich einen Nachbarn oder anderen Dritten beauftragen.
Doch auch da werde, so Wagner, immer wieder vor Gericht die Zumutbarkeit in Frage gestellt. „Ist es zumutbar, den Gehweg dauerhaft freizuhalten, wenn es den ganzen Tag durchschneit?“, fragt Julia Wagner. „Nein, natürlich nicht. Natürlich sollte ich zwischendurch mal räumen, gerade wenn es viel schneit. Aber wirklich wichtig wird das erst, wenn es aufhört zu schneien.“ Auch als Passant sollte man aufpassen: Denn auch die Verkehrsteilnehmenden sollten damit rechnen, dass bei Schnee nicht alle Stellen perfekt geräumt sind und sollten sich dementsprechend vorsichtig verhalten.
Schneelawinen: Die Tücken, wenn es taut
Die Frage der Zumutbarkeit gilt auch bei Schneelawinenvermeidung. Denn wenn es aufhört zu schneien und es wieder zu tauen beginnt, kommt die nächste Gefahr vom Haus: Schneelawinen vom Dach. Im Hochsauerlandkreis ist in der Bauordnung NRW geregelt, dass beim Hausbau dort Schneefanggitter angebracht werden müssen, wo es die Verkehrssicherheit erfordert: An Verkehrsflächen und über Eingängen. Das ist seit dem 1. Januar 2024 im Paragraph 13 der Bauordnung geregelt; eine ähnliche Verordnung gab es schon vorher.
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So ist das im HSK eher weniger ein Problem - anders kann es aber bei privaten Zuwegungen aussehen. Auch hier kann bei einem Einfamilienhaus die Räumpflicht des Eigentümers einfach auf den Mieter verteilt werden - in einem Mehrfamilienhaus geht das allerdings nur, wenn es einen Mieter gibt, der das freiwillig macht.
„Ganz grundsätzlich sollte natürlich auch diese Gefahr durch den Eigentümer oder einen Beauftragten aus dem Weg geräumt werden“, erklärt Julia Wagner. „Aber hier muss immer geprüft werden, was im Rahmen des Machbaren ist.“ Denn die wenigsten Menschen sind dazu ausgebildet, auf Dächern herumzulaufen, um diese von Schnee zu befreien. So geht man davon aus, dass man die Dächer nach bestem Wissen zum Beispiel durch Fenster reinigt - aber was nicht geht, das geht nicht. Stattdessen könnten Eigentümer Warnschilder aufhängen oder aufstellen oder aber ihre privaten Zuwegungen absperren - mit öffentlichen Gehwegen geht das natürlich nicht.
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„Es gibt ein spannendes Urteil darüber vom Oberlandesgericht Hamm“, sagt Julia Wagner. Dort war ein parkendes Auto von einer Dachlawine beschädigt worden, der Autobesitzer hatte versucht, Schadensersatz geltend zu machen. Das wurde aber vom Gericht abgelehnt: Erstens war die Dachbefreiung durch den Eigentümer aufgrund der Dachneigung unzumutbar, zweitens wäre auch eine Beauftragung einer Firma aufgrund des Preises unzumutbar gewesen - und auch das Aufstellen der Schilder sei nicht mehr nötig gewesen. „Wichtig ist: Alles machen, was man kann, sich aber dabei selbst nicht in Gefahr bringen“, fasst Julia Wagner zusammen.
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