Bestwig. Die Politik in Bestwig wird bald Entscheidungen zur Windkraft treffen müssen. Dabei gibt es verschiedene Szenarien.
Wie soll es in der Gemeinde Bestwig künftig in Sachen Windkraft weitergehen? Mit dieser Frage wird sich die Politik über kurz oder lang befassen müssen. Dabei gibt es verschiedene Wege. Das hat Diplom-Ingenieur Michael Ahn vom Planungsbüro Wolters & Partner aus Coesfeld, der die Kommune seit Jahren beim Thema Windkraft begleitet und berät, jetzt im Gemeindeentwicklungsausschuss deutlich gemacht. Rund eine Stunde lang brachte Ahn die Fraktionen auf den aktuellen Stand.
Und an dem hat sich gegenüber seinem letzten Besuch in Bestwig vor allem eine entscheidende Sache nicht geändert: Es herrscht nach wie vor eine große Rechtsunsicherheit. Und zwar nicht nur in der Gemeinde Bestwig, sondern in allen Städten und Gemeinden.
Unterschied zu vielen anderen Kommunen
Was die Gemeinde Bestwig allerdings von vielen anderen Kommunen unterscheidet: Sie hat 2014 beschlossen, die Möglichkeiten für Windkraftnutzung auszuweiten, ohne auf eine gemeindliche Steuerungsplanung zu verzichten. Und das unterscheidet Bestwig zum Beispiel auch von der Gemeinde Eslohe, für die Ahns Planungsbüro inzwischen nicht mehr zur Verfügung steht (wir berichteten). Die dortige Situation sei mit der Situation in Bestwig nicht zu vergleichen, so Ahn. „Die Esloher stehen unter extremem Druck, weil mitten in Eslohe ohne Beteiligung der örtlichen Bürgerschaft vier große Windkraftanlagen entstehen sollen, gegen die aktuell geklagt wird.“ Entsprechend sei das ganze Thema in Eslohe zuletzt von Verhinderung geprägt gewesen, so Ahn. Aus jahrelanger Erfahrung könne er sagen, dass das auf Dauer nicht funktioniere.
Der Versuch, zu kontingentieren und das Ganze klein zu halten habe bislang nirgendwo zum Ziel geführt. Der positive Planungswille der Gemeinde Bestwig hingegen ermögliche auch eine kommunale Steuerungsplanung. Daher stehe sein Büro hier für positive Planungen auch weiterhin zur Verfügung. Und mit Blick auf Eslohe schob er hinterher: Er sei es leid für negative Planungen als Planer vor Gericht sieben Stunden auseinandergepflückt zu werden. „Das mache ich nicht mehr mit.“
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In Bestwig gebe es diesen offenkundig negativen Planungsansatz aber eben nicht, so Ahn mit dem Verweis auf die Entscheidung des Rates im Jahr 2014. Er habe in Bestwig immer die Bereitschaft herausgehört, auch andere Bereiche als die ausgewiesenen Zonen westlich von Berlar und südwestlich von Wasserfall für die Windkraft zu öffnen. „Und dann kann man auch mit einer solchen Planung ins Rennen gehen, weil es keine Klagen geben wird“, so Ahn.
Bestwig nicht unter Druck
Bestwig stehe beim Thema Windkraft aktuell nicht wirklich unter Druck. Erstens habe man eine Planung - ganz gleich, ob sie wirksam sei oder nicht. Und im Gegensatz zu anderen Kommunen sei die Schlange der Interessenten in Bestwig nicht unendlich lang. „Als wir damals Büren übernommen haben, gab es dort auf einen Schlag 50 Anträge“, veranschaulichte Ahn. Davon sei man in Bestwig weit entfernt. Hier sei das Ganze deutlich überschaubarer und zurückhaltender. Und genau diese entspanntere Situation versetzt die Gemeinde Bestwig in eine andere Lage als viele andere Kommunen.
Laut Ahn gibt es mehrere Möglichkeiten, wie die Gemeinde mit dem Thema Windkraft weiter umgehen könne. Zum einen könne man mit der alten Planung weitermachen. Damit allerdings komme man nicht sehr weit - unter anderem, weil die ausgewiesenen Windkraftzonen inzwischen voll seien. „Da passt nichts mehr rein“, machte Ahn deutlich.
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Die sicherste Methode der Planung sei es vielmehr, der Windenergie sehr viel Fläche übrig zu lassen. Denkbar sei also eine Steuerungsplanung mit großen Flächenanteilen im Westen und Süden der Gemeinde und dem – allerdings rechtsunsicheren – Versuch, den Arnsberger Wald nördlich der Autobahn für Windenergie frei zu halten. Denn: Grundsätzlich sind Waldflächen nach der Rechtssprechung inzwischen längst keine Tabuzonen mehr. Große Teile des Waldes seien inzwischen mutmaßlich Potenzialflächen, so Ahn. Für Teile des Arnsberger Waldes könne man jedoch mit der „Besonderheit des ruhigen Raumes“ argumentieren. Nichtsdestotrotz signalisiere man damit aber einen sehr positiven Planungswillen, hätte sehr viel Fläche für Windkraft und trotzdem eine vernünftige städtebaulicher Ordnung.
Schwierig durchzusetzen
Eine weitere Möglichkeit laut Ahn: Die Gemeinde könnte versuchen, den Westen der Gemeinde, also den Bereich rund um Berlar von weiterer Windkraft freizuhalten und den Arnsberger Wald freigeben. Das halte er argumentativ allerdings für deutlich schwieriger durchsetzbar. Denn: Als Argument habe man in der Vergangenheit zum einen die Kammlage des Bastenbergs ins Feld geführt. Und Kammlagen seien kein belastbares Argument mehr. „Windräder stehen in vielen anderen Orten inzwischen längst auch auf Hügeln“, so Ahn. Der zweite Aspekt sei damals die Hydrogeologie gewesen. Hier müssten Fragestellungen zum Trinkwassereinzugsgebiet zunächst mit Fachgutachten belegt werden. Dieser Variante könne er allerdings aus Erfahrung nicht viel Positives abgewinnen.
Grundsätzlich bestehe auch die Möglichkeit, die 2017 vereinbarte Moratoriumshaltung beizubehalten, nichts zu machen und auf Klagen gegen versagte Baugenehmigungen zu warten - so, wie es aktuell bei einem in Nuttlar geplanten Windrad der Fall ist. Das aber werde dazu führen, dass das Gericht den Flächennutzungsplan prüfe und mit Sicherheit zerlege. In diesem Fall sei daher davon auszugehen. dass das Oberverwaltungsgericht die Planungen der Gemeinde sehr schnell kippen werde.
Mehr Anlagen in Bestwig
„So oder so“, das betonte Ahn abschließend werde es künftig mehr Windkraftanlagen in Bestwig geben. Die Flächenpotenziale seien so groß, dass eine kommunale Steuerung Sinn mache - auch wenn hier ein „Königsweg“ noch nicht gefunden worden sei. Erforderlich sei über kurz oder lang eine politische Grundsatzentscheidung und gegebenenfalls auch ein Überdenken der gemeindlichen Zielsetzung. Das Planungsbüro Wolters&Partner stehe jedenfalls bereit, die Gemeinde weiter zu begleiten, wenn der positive Planungswille - deutlich mehr Flächen für die Windkraft zur Verfügung zu stellen - umgesetzt werden soll.
Die von Ahn dargestellten Möglichkeiten werden Politik und Verwaltung nun beschäftigen. „Das Thema haben wir nun wohl ein wenig länger auf der Agenda“, formulierte es CDU-Fraktionschef Alexander Brockhoff. Und auch Paul Theo Sommer, Fraktionsvorsitzender der SPD machte deutlich, dass die nach wie vor bestehende Rechtsunsicherheit nach all den Kosten und der Energie, die in Bestwig in dieses Thema investiert worden sei, nicht dazu führen dürfe, den Griffel fallen zu lassen. „Das wäre aus meiner Sicht der ganz falsche Weg“, so Sommer.
- In den nächsten Sitzungen - sei es im Gemeindeentwicklungsausschuss oder im Rat - werde man sich erneut mit dem Thema befassen, kündigte Markus Sommer (CDU) als Vorsitzender des Gemeindeentwicklungsausschusses bereits an.
- Aktuell gibt es in der Gemeinde Bestwig zwei Windvorrangzonen, in denen sich seit Jahren Windräder drehen: Ein 26,8 Hektar großer Bereich westlich von Berlar sowie ein 14 Hektar großer Bereich südwestlich von Wasserfall.
- In Nuttlar - und damit außerhalb dieser Konzentrationszonen - ist ein weiteres Windrad geplant. Weil es damit nicht mit dem Flächennutzungsplan vereinbar ist, ist das Projekt aus Sicht der Gemeinde Bestwig baurechtlich nicht genehmigungsfähig.