Menden. Freiheit, aber auch Druck: Ein Gespräch mit jungen Leuten aus Menden über ihre Gefühle und Gedanken zur bevorstehenden Bundestagswahl.
Die Bundestagswahl rückt immer näher und damit auch für viele junge Leute ihre erste Wahl. Aber wie fühlt sich das an, das erste Mal seine Stimme abgeben zu können? Lastet großer Druck auf den Schultern der frischen Erwachsenen? Haben sie Angst, den Erwartungen der Gesellschaft gerecht werden zu müssen? Und machen Sie sich vielleicht Sorgen darum, wie die Wahl ausgehen kann? All das haben wir junge Menschen gefragt, die sich momentan mit genau diesen Themen beschäftigen.
„Ich verspüre inneren Druck, weil ich das Gefühl habe, die Leute wachrütteln zu müssen.“
Die 20-jährige Studentin Anna Wiemann aus Menden findet folgende Worte zu ihrer bevorstehenden Erstwahl: „Ich finde das ziemlich cool und freue mich wählen zu können, weil ich dann endlich mal Mitspracherecht habe“. Für die Studentin ist die Wahl ein Schritt in Richtung Freiheit. „Für mich käme das nicht infrage, diese Chance nicht wahrzunehmen, weil ich finde, dass es die kleinste Möglichkeit ist, selbst aktiv zu werden“, erklärt die 20-Jährige.
Anna für ihren Teil fühlt sich für die Wahl informiert und vorbereitet. Das aber auch nur, weil sie sich selbst umfassend Wissen ansammelt und sich bewusst mit den Parteien und ihren Wahlprogrammen auseinandersetzt, wie sie betont. Dies sei allerdings bei wenigen jungen Leuten der Fall, befürchtet Anna. Sie gibt zu bedenken, dass viele Wähler sich nicht im Klaren darüber seien, was sie eigentlich wählen. Die Studentin verspüre inneren Druck, weil sie das Gefühl habe, „die Leute wachrütteln zu müssen.“
Anna Wiemann: „Soziale Medien verhindern neue Perspektiven“
Weil viele Menschen sich wenig informieren würden, hat Anna Sorge, wie die Wahl ausgehen könnte. Die 20-Jährige studiert Kommunikationswissenschaft und ist sehr interessiert an Strategien zur Selbstdarstellung im Internet, auch in Bezug auf Parteiwerbung. Häufig würden einem über die sozialen Medien durch den Algorithmus genau die Parteien und ihre Aussagen vorgeschlagen, die man sowieso schon kennt. Das helfe laut der Studentin aber nicht dabei „über den Tellerrand hinauszugucken und sich allumfassend zu informieren.“
Von Thekla Hanke, Tobias Schürmann und Thomas Hagemann
Die Auseinandersetzung mit den verschiedenen Parteien solle in dauerhafter Bewegung bleiben. Die 20-Jährige kritisiert, dass die Leute oft die gleiche Partei wie vor ein paar Jahren wählen, „weil es ja schon immer so war“. Anna ruft aber dazu auf, sich selbst ständig auf einen neuen Stand zu bringen, um mit Bedacht eine Stimme abgeben zu können.
„Ich gehe mit Freude wählen, damit wir hier in Deutschland in einem Land leben können, was Menschen akzeptiert, wie sie sind.“
Clara Vogt, 20-jährige Schülerin am Placida-Viel-Berufskolleg, geht es ähnlich. Auch die junge Mendenerin ist glücklich darüber, einen Einfluss auf die Wahl haben zu können und ihre Meinung vertreten zu dürfen. Starken gesellschaftlichen Druck verspürt Clara hingegen nicht. „Klar sind wir verantwortlich für unsere Zukunft, aber das gilt auch für die Älteren“, erklärt die Schülerin. Die älteren Generationen könnten auch viel bewirken und „für unsere Zukunft entscheiden“. Das würde nicht nur „in unseren Händen liegen“.
Auch Clara macht sich große Sorgen darüber, wie die Wahl ausgehen könne. „Gerade wenn die Rechten starke Stimmen bekommen“, würden große Auswirkungen spürbar sein. „Ich habe Angst, dass das Wahlergebnis sehr großen Einfluss auf mein Leben haben wird“, gesteht die Schülerin ein. Clara hofft, dass die anderen Parteien ihr Wort halten und ganz klar sagen, dass sie nicht mit einer rechtsextremen Partei zusammenarbeiten werden.
Die Parteien kämpften mit ihrem Wahlprogramm für Stimmen und erhofften sich, die Menschen zu überzeugen. Ob Versprechen gehalten werden und das, was jetzt im Wahlprogramm beschlossen ist, letztendlich auch umgesetzt wird, könne man aber nicht wissen, erklärt die Schülerin. Genau diese Ungewissheit sei beängstigend. Clara wird bewusst: „Man kann sich auf das Ergebnis nicht vorbereiten.“
Clara Vogt: „Gute Bildung als Voraussetzung zum Wählen“
Trotzdem könne man dafür sorgen, über die Parteien weites gehend aufgeklärt zu sein. Denn eine gute Bildung sei der Schlüssel zu einem fundierten Meinungsbild, betont Clara mehrmals. Die Schülerin ist der Auffassung, dass man sich genug mit der Geschichte unseres Landes befassten sollte. Daraus lerne man, „wen man wählen sollte und wen auf keinen Fall“. Sie empfiehlt allen Menschen, sich oft genug darüber zu unterhalten, was gerade in der Welt los ist und seine Augen offen zu halten. Dann könne man auch ein fundierte Wahl treffen.
Eine „Qualifikation“ für eine Wahl gibt es laut der Schülerin nicht. Denn am Ende „wählst du das, was deiner Meinung am nächsten ist“, meint Clara. Sie ist der Ansicht, dass sich gerade die jungen Menschen nicht an den gesellschaftlichen Erwartungen von Familie oder anderem Umfeld orientieren. Sie würden in Diskussion gehen, hinterfragen und dann die Partei wählen, dessen Werte sie vertreten.
„Ich bin an dem Punkt angekommen, an dem ich mich intensiv damit auseinandersetze, was ich für mein bevorstehendes Leben will und ich hoffe, dass wir eine gute Demokratie haben werden“, erklärt Clara. Die Schülerin wählt für die Menschen, die gerade nicht wählen können, wie die Kinder und Jugendlichen. Sie glaubt, dass auch vielen von ihnen gerne ihre Meinung einbringen wollen würden. Clara geht mit Freude wählen, „damit wir hier in Deutschland in einem Land leben können, was Menschen akzeptiert, wie sie sind“.
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