Menden. Die 17-Jährige darf aufgrund der vorgezogenen Bundestagswahl noch nicht wählen. Dieses Leid teilt sie mit vielen anderen „Fast-18-Jährigen“.

„Mich frustriert es, dass ich völlig machtlos bin“, erklärt Nela Kruschinski (17), Schülerin des Walburgisgymnasiums in Menden. Wäre die Bundestagswahl 2025 nicht vom September in den Februar vorgezogen worden, hätte Nela wählen dürfen. Da die Schülerin erst im April volljährig wird, darf sie jetzt aber noch nicht ihre Stimme abgeben. Aufgrund ihres politischen Engagements hätte Nela gerne gewählt, und zwar „gegen rechts und für die Demokratie“.

Nela Kruschinski ist schon seit 2021 Mitglied bei den Jungsozialistinnen und Jungsozialisten (Jusos) des Märkischen Kreises, seit kurzem dort auch im Vorstand. Seit der Gründung der Jusos in Menden 2023 ist Nela Vorsitzende. Nebenbei arbeitet sie bei der Bundestagsabgeordneten der SPD, Bettina Lugk, für deren Social-Media-Präsenz.

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Die Schülerin ist aber nur eine von vielen „Fast-18-Jährigen“, die um ihre Erstwahl gebracht wurden. Aber wie fühlt sich das an? Nela Kruschinski findet dazu folgende Worte: „Es ärgert mich. Dabei meine ich nicht unbedingt die Erstwahl, die mir genommen wurde, sondern generell finde ich wählen sehr wichtig und würde es gerne tun.“ Sie glaubt, dass Jüngere anders wählen, als die Älteren. Die Jugend denke drastischer und kritischer. Mit mehr Wahlbeteiligung von jungen Menschen würde das Wahlergebnis anders aussehen, meint Nela.

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Warum ist die Wahl nicht ab 16?

Die 17-Jährige ist der Ansicht, dass man auch schon ab 16 Jahren bei der Bundestagswahl wählen dürfen sollte – wie etwa bei der Europawahl und Kommunalwahlen. Man könne sich auch in diesem Alter schon eine qualifizierte Meinung bilden und wäre reif genug, um an einer Wahl teilzunehmen. Dass gerade jüngere Menschen rechte Parteien wie die AfD wählen, hat für Nela nichts mit dem Alter und damit verbundener fehlender Auseinandersetzung zu tun.

„Natürlich können soziale Medien missbraucht werden, dann sind allerdings die Parteien, die falsche Informationen liefern, das Problem, und nicht die Konsumenten.“

Nela Kruschinski

Viele junge Menschen würden sich mehr informieren, als viele Ältere annehmen. Jugendlichen nutzten zur Informationsbeschaffung neben der Tagesschau auch Plattformen wie TikTok oder Instagram. Dort versuchten die Parteien häufig, die Konsumenten für sich zu gewinnen und sie zu beeinflussen, allerdings sind die sozialen Medien für Nela per se nichts Schlechtes. „Natürlich können soziale Medien missbraucht werden, dann sind allerdings die Parteien, die falsche Informationen liefern, das Problem, und nicht die Konsumenten“, erklärt Nela ihre Ansicht.

Nela Kruschinski: „Die Bildungspolitik braucht Veränderung“

Dennoch sieht die Schülerin die Wahl für junge Menschen nicht ganz bedenkenlos. „Damit man sicher wählen kann, braucht man eine Bildungspolitik, die die Schülerinnen und Schüler politisiert.“ Nela kritisiert den geringen Anteil an Politik im Lehrplan. Wenn man es von zu Hause nicht mitbekomme, dann hätte man gar keine Unterstützung bei der Meinungsbildung. Wenige Lehrerinnen und Lehrer hätten aus Eigeninitiative das Thema der Bundestagswahl im Unterricht besprochen. Viele von ihnen hätten eher Sorge, sich mit dem sensiblen politischen Thema angreifbar zu machen.

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Nela wünscht sich, dass die Aufmerksamkeit in der Schule verstärkt auf die Politik gerichtet wird, gerade in solchen Zeiten wie jetzt, kurz vor der Bundestagswahl. Sie erhofft sich, dass den Schülerinnen und Schülern damit ein Anlass gegeben wird, sich eine eigene Meinung zu bilden und zu überlegen, welche Werte und Vorstellungen sie vertreten.

„Wir können das Problem nur an der Wurzel packen, wenn ein Wechsel in der Bildungspolitik stattfindet.“

Nela Kruschinski
wünscht sich, dass die Aufmerksamkeit in der Schule verstärkt auf die Politik gerichtet wird

Die Schülerin räumt auch ein, dass die Lehrerinnen und Lehrer dennoch wenig Einflussvermögen auf die Vorgaben haben und solche Entscheidungen beim Land lägen. „Wir können das Problem nur an der Wurzel packen, wenn ein Wechsel in der Bildungspolitik stattfindet“, fasst sie zusammen. Als Beispiel für schulische Angebote, die den Austausch fördern, nennt sie „Jugend debattiert“. Es sei eine tolle Möglichkeit, mit jungen Menschen über ihre politischen Ansichten ins Gespräch zu kommen.

Manche Nichtwähler vielleicht erleichtert?

Für viele „Fast-18-Jährige“ ist es vielleicht auch eine Erleichterung, nicht wählen zu können und zu müssen. Dieser Annahme pflichtet Nela bei. „Oft bekommt man gesagt, dass man bloß strategisch wählen soll, um die Demokratie zu bewahren, allerdings kann dadurch ein innerer Konflikt entstehen“, erklärt die Schülerin. Sie kann sich vorstellen, dass einige junge Menschen überfordert wären, was denn jetzt die „richtige“ Wahl sei. Ob sie lieber ihre präferierte Partei oder die Partei, die nach Vorstellungen ihres Umfelds die „Richtige“ sei, wählen sollten. Diese Unsicherheit mag einige Schülerinnen und Schüler hemmen, ihre Stimme abgeben zu wollen.

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17-Jährige aus Menden hätte gerne gewählt

Nela Kruschinski hingegen hätte gerne gewählt. Sie beschreibt es als frustrierend und wie einen Schlag ins Gesicht, dass man letztendlich der Machtlosigkeit ausgeliefert sei. Klar, sei die Wahl nicht alles und natürlich sei es auch wichtig, sich im Alltag zu engagieren, „aber Menden ist nicht Berlin“, erklärt Nela. Auch wenn Kommunalpolitik wichtig sei, hätte sie bei den Jusos Menden nur wenig Einflussvermögen auf die gesamtpolitische Lage in Deutschland.

Die Schülerin betont, dass sie Angst habe, was unter Friedrich Merz passieren könne. Sie erwarte drastische Einschränkungen im Bereich der Selbstbestimmung und des Feminismus. „Drastische Einschränkungen fördern drastische Erhitzung und größere Anspannung und würden zu noch mehr gesellschaftlichen Problemen führen“, befürchtet die 17-Jährige.

„Wenn die AfD ein sehr hohes Wahlergebnis bekommt, dann wundert es mich zwar nicht, aber ich habe nichts dagegen machen können. Das fühlt sich lähmend an.“

Nela Kruschinki (17)

„Wenn die AfD ein sehr hohes Wahlergebnis bekommt, dann wundert es mich zwar nicht, aber ich habe nichts dagegen machen können“, wird sich die Schülerin bewusst. „Das fühlt sich lähmend an“. Man könne nachher auf Demonstrationen gehen und auf anderem Wege seiner Stimme Ausdruck verleihen. In dem Moment, in dem man direkten Einfluss auf das politische Ergebnis hätte haben können, konnte Nela allerdings nichts machen. „Denn jede Stimme zählt“, macht die Schülerin deutlich.