Menden. Bürgermeister entzieht der Ersten Beigeordneten den Geschäftsbereich Schule, Sport und Soziales. Scharfe Kritik aus zwei Fraktionen.

Entzogen hat Mendens Bürgermeister Dr. Roland Schröder seiner Stellvertreterin im Rathaus, der Ersten Beigeordneten Henni Krabbe, den Geschäftsbereich Schule, Sport und Soziales. Krabbe muss damit die Hälfte ihres bisherigen Verantwortungsgebietes abgeben. Neben der Stabsstelle verliert Krabbe damit ab Januar die Rathaus-Teams Soziales, Schule und Sport sowie das Team Integration. Krabbe, die in Abwesenheit des Bürgermeisters als Erste Beigeordnete das gesamte Rathaus leiten soll, verbleiben im Tagesgeschäft nur noch die Abteilungen Recht sowie Jugend und Familie.

Roland Schröder

„Die Themenfelder entsprechen meiner Kompetenz und sind zurzeit auch gesamtgesellschaftlich von hoher Relevanz.“

Dr. Roland Schröder
Bürgermeister

Schröder begründet Entscheid mit „zahlreichen Herausforderungen“

Roland Schröder, der damit alle Angelegenheiten in Sachen Schule, Sport und Soziales zur Chefsache macht, begründet sein Vorgehen im Wortlaut so: „Aus meiner Sicht haben wir im kommenden Jahr in den Bereichen der Abteilung zahlreiche Herausforderungen vor uns, so dass ich mich entschlossen habe, diese Aufgaben meinem Geschäftsbereich zuzuordnen. In der Zeit, bevor Henni Krabbe zur Ersten Beigeordneten der Stadt gewählt wurde, war diese Abteilung bereits in meinem Geschäftsbereich. Die Themenfelder entsprechen meiner Kompetenz und sind zurzeit auch gesamtgesellschaftlich von hoher Relevanz.“ Die Mitglieder des Stadtrates habe er zuvor schriftlich über die Neuordnung informiert.

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Tiefes und offenes Zerwürfnis im Verwaltungsvorstand

Vorausgegangen war diesem Schritt zunächst ein tiefes und offen gezeigtes Zerwürfnis im Verwaltungsvorstand. Dieses Mendener Führungsquartett bilden neben Roland Schröder und Henni Krabbe auch Uwe Siemonsmeier als Beigeordneter und Stadtkämmerer sowie Jörg Müller als kommissarischer Baudezernent. Vor allem der Dauerstreit zwischen Krabbe und Siemonsmeier wurde zuletzt überdeutlich an der Frage des Sicherheitsdienstes für die Ex-Rodenbergschule an der Wilhelmstraße. Die ist als Flüchtlingsunterkunft hergerichtet, aber noch nicht belegt.

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Zankapfel Rodenbergschule: Krabbe kontra Siemonsmeier

Hier versagte Siemonsmeier als Hüter der Stadtkasse seiner Vorstandskollegin öffentlich die Zusage für einen Sicherheitsdienst rund um die Uhr an allen sieben Tagen der Woche. Krabbe hielt den Standard für notwendig, da Schülerinnen und Schüler des Hönne-Gymnasiums den Geflüchteten auch im Sanitär- und Duschbereich der Turnhalle begegnen könnten (die WP berichtete). Der Stadtrat bestimmte schließlich, dass die Aufsicht vor allem durch städtische Kräfte sichergestellt werden soll, und das auch nur zu den Schulzeiten.

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Zankapfel Beschäftigungs-Initiative: Krabbe kontra Niehage

Zu einem Eklat kam es nach WP-Informationen im nichtöffentlichen Teil der jüngsten Ratssitzung. Darin hatte Henni Krabbe zuvor noch öffentlich das Gut Rödinghausen als künftigen Standort für die städtische Beschäftigungs-Initiative empfohlen. Dagegen hatte Martin Niehage, Leiter des Immobilienservices Menden (ISM), dies wegen geltender Pachtverträge im Vorfeld quasi ausgeschlossen. Stattdessen plädierte er für eine günstige Mietlösung in der alten Papierfabrik in Lendringsen.

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Vergeblicher Kampf um rasche Neubesetzung von Betreuerstellen

Nach Krabbes Auftritt, der den übrigen Verwaltungsvorstand sichtlich irritierte, stand Niehage im nichtöffentlichen Teil auf und kritisierte die Erste Beigeordnete dem Vernehmen nach in scharfer Form. Dafür soll es Applaus nahezu aus dem ganzen Plenum gegeben haben. Auch um neue Stellen für die Flüchtlingsbetreuung hatte es Streit gegeben: Während Krabbe Tempo machen und vorhandene unbesetzte Stellen für rasche Einstellungen nutzen wollte, muss sie jetzt bis Februar ein Konzept nachliefern und dann den Beschluss des Stadthaushaltes abwarten. Die dringend benötigten Stellen können damit vermutlich erst im nächsten Herbst besetzt werden.

Auch Siemonsmeier muss sich unangenehmen Fragen stellen

Als dann am letzten Montag der Arbeitskreis Haushalt zusammenkam, an dem auch Henni Krabbe teilnehmen wollte, soll Uwe Siemonsmeier ihr nach Rückversicherung bei den versammelten Fraktionsspitzen erklärt haben, ihre Anwesenheit sei nicht vonnöten. Krabbe sei gleichwohl geblieben. Im Betriebsausschuss sah sich Siemonsmeier seinerseits einige Tage zuvor mit harscher Kritik aus dem Plenum an uneinheitlichen Verwaltungsmeinungen konfrontiert: So könne die Politik nichts mehr beschließen. Daraufhin beteuerte der Kämmerer regelrecht, dass er sich wahrhaftig um ein einheitliches Bild bemühe. Doch auch in der öffentlichen Wahrnehmung, etwa auf Veranstaltungen, tritt der Mendener Verwaltungsvorstand längst nicht mehr als Einheit auf.

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FDP sieht eine „einzige Herabwürdigung der Beigeordneten“

Henni Krabbe wollte sich auf WP-Anfrage öffentlich noch nicht zu dem Vorgang äußern. Doch sie hat auch Unterstützer: Der FDP-Fraktionsvorsitzende Stefan Weige erklärte, der Umgang mit der Ersten Beigeordneten sei „unmöglich, eine einzige Herabwürdigung“. Das zeige auch das Beispiel aus dem Arbeitskreis. Er betrachte die Maßnahme Schröders als Versuch, Krabbe aus der Verwaltung herauszudrücken. „Der Bürgermeister hat hier auf ganzer Linie versagt.“

USF/UWG: Schröder soll Geschäftsverteilung nicht ändern

Die FDP will nun auch einen Antrag der Fraktion USF/UWG unterstützen. Darin bestreitet deren Vorsitzender Eugen Heinrich, dass die Maßnahme des Bürgermeister überhaupt Gültigkeit und Bestand hat. Heinrich fordert den Bürgermeister auf, die Geschäftsverteilung nicht zu ändern. Begründung: Laut Gemeindeordnung legt der Stadtrat die Geschäftskreise der Beigeordneten fest, wenn auch „im Einvernehmen mit dem Bürgermeister“. Kommt dieses Einvernehmen nicht zu Stande, kann der Rat den Geschäftskreis der Beigeordneten mit der Mehrheit der gesetzlichen Zahl der Ratsmitglieder festlegen. Angesichts dieser Rechtslage sei die USF/UWG-Fraktion mit dem Vorgehen des Bürgermeisters „in keiner Weise einverstanden“. Der Rat habe diese Frage in seiner nächsten Sitzung im Februar zu entscheiden.

Außerdem, erklärt Heinrich, sei es „eine Geschmacklosigkeit sondergleichen, dies der Ersten Beigeordneten kurz vor Weihnachten mitzuteilen“.