Menden. Wird nicht bald ein neuer Standort gefunden, droht der Beschäftigungs-Initiative der Stadt Menden das Aus. 72 Menschen wären betroffen.

Ein echtes Erfolgsmodell der Stadt Menden ist existenziell bedroht: Für die Beschäftigungs-Initiative, deren Werkstätten für 72 Menschen im Schmelzwerk untergebracht sind, gibt es bisher noch keine neuen Räume. Das marode Schmelzwerk soll aber im März 2026 abgerissen werden. Gibt es bis dahin keine Alternative, müsste die Stadt ihr Projekt aufgeben – eine Katastrophe für alle hier Beschäftigten und ihre Teilnehmer.

Wichtige Chance auf Wiedereingliederung ins Berufsleben wäre dahin

Denn damit wäre nicht nur eine wichtige Chance auf Wiedereingliederung ins Berufsleben dahin. „Auch das Stadtbild, das unsere Initiative pflegt, würde sich spürbar und nachteilig verändern“, zeigt sich Henni Krabbe überzeugt. Sie ist Erste Beigeordnete der Stadt, und zu ihrem Geschäftsbereich zählt das Soziale. Kürzlich hat sie gemeinsam mit Martin Niehage, dem Betriebsleiter des städtischen Immobilienservices ISM, zahlreichen Politikerinnen und Politikern aus Betriebs- und Sozialausschuss die alte Schule gezeigt (die WP berichtete). Und ihnen erläutert, dass nach heutigem Stand die einzige Alternative zur Rettung der Werkstätten ein Umzug in die Kellerräume der Schule wäre.

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Katakomben der Rodenbergschule derzeit einziges Ausweichquartier der Stadt

Bei deren Besichtigung stellt auch Martin Niehage stellte klar: „Wir haben alle Möglichkeiten in unseren eigenen Räumen überprüft. Aber es bleibt derzeit nur die Rodenbergschule.“ Denn zu berücksichtigen seien die benötige Größe für Fuhrpark und Holzwerkstatt sowie der Brand- und Arbeitsschutz. All sas mache einen Umzug etwa in die alte Josefschule Lendringsen, die jetzt frei ist, oder in die zweite Etage der Vincenz-Kita am Margueritenweg unmöglich.

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In die Rodenbergschule sollen jetzt aber zunächst geflüchtete Menschen einziehen. Bekanntlich schon ab dem 2. September soll die Schule dafür betriebsbereit sein. Henni Krabbe könnte sich eine parallele Nutzung dennoch vorstellen. Denn Arbeitsschluss bei der Initiative ist üblicherweise bereits um 14 Uhr. Die Bewohner des Schulgebäudes würden folglich nicht den ganzen Tag über gestört, im übrigen solle die Schule für sie nur die Übergangszeit bis zum Umzug in eine reguläre Wohnung abdecken.

Gut 750.000 Euro Förderung im Jahr würden künftig verfallen

Die Zeit für die Beschäftigungs-Initiative drängt jedenfalls: Schon im kommenden Dezember, so Krabbe, muss die Stadt Menden den nächsten Förderantrag dafür stellen. Dabei geht es für die Stadt um viel Geld: Der Märkische Kreis als Sozialhilfeträger überwies im Jahr 2023 fü+r die Initiative immerhin 663.000 Euro plus 90.000 Euro als Mehraufwands-Entschädigung an Menden. Von diesem Geld erhalten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer lediglich zwei Euro Lohn pro Stunde, aber auch Material- und Betriebskosten werden daraus bestritten. Doch ohne Standort gäbe es überhaupt kein Fördergeld.

Die Holzwerkstatt: Bis auf eine große Industriesäge könnte auch dieser Bereich der Beschäftigungs-Initiative in die Katakomben der Rodenbergschule umziehen. Im März 2026 soll das marode Schmelzwerk-Gebäude abgerissen werden, bis dahin muss ein neuer Standort eingerichtet sein.
Die Holzwerkstatt: Bis auf eine große Industriesäge könnte auch dieser Bereich der Beschäftigungs-Initiative in die Katakomben der Rodenbergschule umziehen. Im März 2026 soll das marode Schmelzwerk-Gebäude abgerissen werden, bis dahin muss ein neuer Standort eingerichtet sein. © Westfalenpost | Thomas Hagemann

Viele Menschen fit gemacht für den ersten Arbeitsmarkt

Dabei sind die Erfolge der Initiative bei der Rückführung von Menschen in den ersten Arbeitsmarkt unbestritten und vorzeigbar. Betreut von engagierten Sozialarbeiterinnen und Anleitern erhalten hier seit 20 Jahren Jugendliche ohne Halt, Frauen ohne Berufsausbildung, geflüchtete oder suchtkranke Menschen hier wieder Aufgaben, die ihnen eine Tagesstruktur und neues Selbstbewusstsein schenken. Das hat in den 20 Jahren der Initiative, die weit und breit einmalig ist, schon viele Menschen mit mehrfachen Vermittlungshemmnissen fit gemacht für den ersten Arbeitsmarkt.  Angeboten werden Hauswirtschaft und Kreatives Gestalten, die Holz- und Möbelwerkstatt sowie der Garten- und Landschaftsbau.

„Wir alle identifizieren uns mit dem, was wir hier für unsere Leute tun.“

Ines Bongartz
Sozialarbeiterin der Beschäftigungs-Initiative

Möbel-Aufbereitung für Kitas und Sozialmarkt oder Graffiti-Entfernung

Die Stadt bekommt dafür von den Teilnehmern eine Menge zurück: In der Holzwerkstatt werden Kita-Möbel und Spielgeräte wieder auf Vordermann gebracht. Auch der Sozialmarkt des SKFM an der Fröndenberger Straße kann seine Gebrauchtmöbel für bedürftige Familien hier aufarbeiten lassen. Die Familienlotsinnen der Stadt erhalten aus der Nähwerkstatt süße Babymützchen, die sie als Geschenke zu ihren Besuchen bei jungen Familien mitnehmen können. Auch die unterstützende Pflege des Stadtbildes durch vielfältige Verschönerungen, durch Heckenschnitte, Reinigungs- und Reparaturarbeiten oder das hochwillkommene Entfernen von Graffiti und Bärenklau führen Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Initiative durch. Ob Oeseteiche oder Gut Rödinghausen, die Hönne-Insel, die Kreuzwege oder Sportplätze wie der Im Hülschenbrauck: Viele Stellen im Stadtgebiet hält diese Initiative in Ordnung.

In der Frauen-AG stehen Handarbeiten ganz oben auf dem Plan, hier die selbstgenähten Babymützchen, die den Familienlotsinnen mit auf den Weg gegeben werden, wenn sie in Menden ihre Begrüßungsbesuche für Neugeborene machen.
In der Frauen-AG stehen Handarbeiten ganz oben auf dem Plan, hier die selbstgenähten Babymützchen, die den Familienlotsinnen mit auf den Weg gegeben werden, wenn sie in Menden ihre Begrüßungsbesuche für Neugeborene machen. © Westfalenpost | Thomas Hagemann

Im letzten Jahr 45.000 Arbeitsstunden für die Stadt hier abgeleistet

Wie die WP bereits berichtet hat, wurden so im letzten Jahr sage und schreibe 45.000 Arbeitsstunden für die Stadt Menden geleistet. Keine einzige davon, das ist der Beigeordneten wichtig, wurde dabei einem regulären Gewerbebetrieb weggenommen: „Wir dürfen hier ausschließlich zusätzliche Arbeiten leisten.“

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Kundig geführt wurden die Gäste von Ines Bongartz, Sozialarbeiterin der Beschäftigungs-Initiative. Sie vertrat die Leiterin Eva Langer gekonnt und berichtete, dass mit Sozialarbeit, Sekretariat und den Arbeitsanleitern 14 Menschen hier in Lohn und Brot stehen, von denen die meisten allerdings nicht fest bei der Stadt angestellt sind, sondern nur Jahresverträge erhalten. Angesichts der Arbeitsmarktlage könnten sie fast alle jederzeit woanders anfangen. Bongartz: „Aber wir alle identifizieren uns mit dem, was wir hier für unsere Leute tun.“