Menden. Seit 2016 hilf der Verein „Mendener in Not“ Familien, deren Situation dramatisch ist, insgesamt inzwischen mit mehr als einer Million Euro.
„Es sind oft tragische Schicksale, die die Menschen ins Elend stürzen“, berichtet Cristina Gummert. „Plötzliche Erkrankung oder sogar der Tod von Mutter oder Vater sind natürlich der absolute Schrecken. Doch auch ganz banale Ereignisse wie etwa der Brief von Energieversorgern oder Vermietern erzeugen Szenarien, die kaum vorstellbar sind.“ Da werden plötzlich Nachforderungen von 2000 bis 3000 Euro fällig, wer mit dem Cent rechnen muss, steht schnell vor dem Nichts. In vielen Fällen kann „Mendener in Not“ helfen, allerdings nicht mit Bargeld oder Darlehen – da gibt es in den Statuten klare Richtlinien.
„Wir überprüfen die finanzielle Bedürftigkeit der Menschen, die sich bei uns melden.“
„Wir überprüfen die finanzielle Bedürftigkeit der Menschen, die sich bei uns melden“, erklärt die Verantwortliche, die bereits seit Jahren diese Sache zu ihrer eigenen Sache macht, wie es der Vorsitzende Klaus Ullrich formuliert. „Es ist dem Verein wichtig, dass die Betroffenen selbst für ihre Schulden, soweit es möglich ist, Verantwortung übernehmen.“ Wie aber sieht die Hilfe dann konkret aus? „Wenn sich jemand – egal, ob über die Internetseite, über Facebook oder Instagram, per Email, per Telefon – bei uns meldet, uns sein Problem mitteilt, sprechen wir mit den Leuten, versuchen dabei gemeinsam Lösungen zu finden“, so Cristina Gummert.
Auch Beratungen können helfen
Oft ist es bereits hilfreich, Kontakt mit anderen Institutionen aufzunehmen, eventuell Ratenzahlungen zu vereinbaren. „Wir sind inzwischen sehr gut vernetzt, können Stadtwerke, andere Energieversorger, Wohnungsgesellschaften, Behörden, Banken, Krankenkassen, Ärzte, Apotheken, Gerichte, Inkassobüros, Rechtsanwälte, Beerdigungsinstitute oder vieles mehr kontaktieren“, beschreibt die Verantwortliche nötige Verbindungen. Manchmal hilft bereits eine Beratung, die im Alten Rathaus oder bei „fairkauf“ am Bieberberg in Lendringsen angeboten wird, dabei ist absolute Diskretion gewahrt, die Menschen haben schon genug Sorgen.
Inzwischen machen die Energiekosten den größten Teil der Unterstützung aus, 56 Prozent mehr als noch vor einem Jahr, 64.000 Euro sind es bereits. Danach folgen Mietrückstände, 42.000 Euro, zur Begleichung gibt es Gutscheine. „Da wir uns ausschließlich über Spenden finanzieren, ist es ungemein wichtig, in der Öffentlichkeitsarbeit präsent zu sein“, sieht Klaus Ullrich das Haupttätigkeitsfeld. So ist der Vorstand immer wieder auf den Stadtteilfesten vor Ort, einmal im Monat auf dem Markt vertreten, beim Mendener Herbst konnten gleich 25 neue Mitglieder geworben werden: „Die waren durchaus erstaunt, dass es bei uns keine Beiträge gibt, die Verbreitung unserer Idee ist genauso wichtig, wir brauchen Menschen, die ihre Augen offen halten.“
Spendenkonten
Die Spendenkonten für Mendener in Not lauten:
Sparkasse Märkisches Sauerland Hemer Menden: IBAN DE54 4455 1210 1800 0728 68
Märkische Bank: IBAN DE14 4506 0009 0108 8550 00
Mendener Bank: IBAN DE 42 4476 1312 0000 0060 60
Schnell, unbürokratisch, transparent und direkt
Tatsächlich ist die Not in allen Straßen zu finden, viele schämen sich, melden sich nicht, da kann auch mal der Nachbar tätig werden und Hinweise geben. „Wir prüfen dann und wenn nötig, werden wir tätig“, beschreibt Cristina Gummert. Aber nicht alles kann direkt mit Gutscheinen abgedeckt werden, oft sind es verzwickte Fälle: „Da informiert mich ein Krankenhaus, dass ein Mann am Wochenende entlassen wird, er hat keine Verwandten, lebt allein. Er muss in seine kalte Wohnung, ohne Essen oder Getränke, kein Strom, hier haben wir für das Nötigste gesorgt.“ Es wird schnell, unbürokratisch, transparent und direkt geholfen.
Vielfach werden Lebensmittelgutscheine (395 in 2024) ausgegeben, da beugt Geschäftsführer Rainer Zentgraf gleich mal einem Gerücht vor: „Manchmal wird behauptet, dass sich einige Leute sechs Mineralwasserkisten kaufen, den Inhalt wegschütten und sich vom Pfand etwas anderes als gewollt leisten.“ Dies sei absoluter Quatsch, sagt der Vorständler, die Bons würden stichpunktartig kontrolliert, da seien solche Fälle noch nie aufgefallen.
„Ich leite das operative Geschäft, bin 24/7 zu erreichen, die Not kommt nicht zwischen 8 und 16 Uhr.“
Nach acht Jahren hat sich „Mendener in Not“ Vertrauen bei Bedürftigen erarbeitet, sodass Kontakt schnell entsteht. Die Zahlen belegen, dass die Ausgaben immer mehr steigen, ebenso wie die Zahl der Betroffenen. Von 2016 bis heute wurde mehr als 3500 Familien, allein in diesem Jahr 380, mit über einer Million Euro geholfen, Prognose für 2024: 200.000 Euro. „Ich leite das operative Geschäft, bin 24/7 zu erreichen, die Not kommt nicht zwischen 8 und 16 Uhr“, weiß Cristina Gummert. „Wir sind unter Telefon 01575 366 57 42 zu kontaktieren.“
Eine Aktion, die Wellen schlägt
„Mendener in Not“ ist wieder Partner des Stadtmarketings bei der Wunschbaum-Aktion für Weihnachten bei den Senioren und Kindern. Entwickelt wurde die Idee von Olaf und Katrin Jäger, die auch die Organisation koordinieren. „Es ist kein Job für mich, es ist eine Herzensangelegenheit“, bestätigt der Initiator. Er lobt besonders die Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung, die Briefe an rund 720 Senioren – eine Steigerung um zehn Prozent – versendete, beigelegt den Benachrichtigungen für Grundsicherung und Transferleistungen. Auch die Frankierung der Rückumschläge wird vom Rathaus getragen, sonst wäre diese Mammutaufgabe kaum zu schaffen. Jahr für Jahr steigt die Zahl der Angeschriebenen, dazu kommen noch Berechtigte, die von Nachbarn oder Bekannten gemeldet werden: Circa 900 ältere Menschen, die bedürftig sind, kommen zusammen.
Auch interessant
„Viele Senioren können sich nicht die geringste Kleinigkeit leisten, diesen wollen wir zumindest ein Lächeln ins Gesicht zaubern,“ beschreibt Olaf Jäger. Das Prinzip: Mittellose Senioren äußern einen Wunsch bis zu einem Wert von 30 Euro, Bürgerinnen und Bürger nehmen sich die Karten vom Wunschbaum, erfüllen den Auftrag, dann wird das Geschenk der entsprechenden Person zugestellt.
„Da wird sich etwas gewünscht, was für andere selbstverständlich ist.“
Dieser karitative Gedanke hat inwischen Wellen geschlagen, in 26 Städten der Region ist bisher das Konzept umgesetzt worden, beispielsweise in Fröndenberg. Olaf Jäger hat mit Emotionen zu kämpfen, als er die Dankbarkeit erwähnt, die beim Überbringen den Überbringern entgegenschlägt: „Da wird sich etwas gewünscht, was für andere selbstverständlich ist. Meist sind es Socken, Kleidung überhaupt, Kuscheldecken, Pflegemittel, Blumensträuße, Fußpflege, manche möchten einfach auch nur eine spezielle Tafel Schokolade genießen.“ Der Verein legt diesmal noch einen Lebensmittelgutschein in Höhe von 40 Euro obendrauf. Der Seniorenwunschbaum steht beim Möbel-Outlet MOM in der Fröndenberger Straße 88. Die Bäume für die Kinder stehen im Neuen und Alten Rathaus.
Auch interessant
Pfarrer Dr. Björn Corzilius verweist darauf, dass neben den fehlenden finanziellen Mittel besonders die Einsamkeit vielen Senioren zu schaffen macht, die Mutlosigkeit noch verstärkt. Oft ist ein Hund oder eine Katze der letzte Partner, der bleibt. Doch auch da kann es zu Kosten kommen, wenn dann dieser Halt wegfällt, ist meist guter Rat teuer. „Hier wird von uns ebenfalls unbürokratisch geholfen, mit Gutscheinen etwa“, berichtet der Geistliche.