Lendringsen. Wer nach Lendringsen kommt, kann sie seit Freitag sehen, und nach Totensonntag auch mit Kerzenlicht: Die neue Kreisel-Tanne ist da.
„Schreibt auch mal was Schönes!“ Diese Aufforderung hören WP-Reporter in Menden häufiger – angesichts vieler Hiobsbotschaften, die von tragischen Unfällen über schlimmste Straftaten bis zur Rekordverschuldung der Stadt reichen. Aber bitte: Was sich an diesem Freitag in Lendringsen tut, das darf mit Fug und Recht als schöne Geschichte gelten. Das Ergebnis vorweg: Der Kress-Kreisel, der alle Lendringser und ihre Gäste im Dorf begrüßt, hat wieder seinen Weihnachtsbaum, diesmal 14 Meter hoch, 750 Kilo schwer und kerzengerade gewachsen. Dass gerade diese Tanne jetzt im Kreisel steht, ist nicht nur schön. Sondern auch alles andere als selbstverständlich.
Gäbe es Helmut Braukmann nicht, man müsste ihn erfinden, schon wegen der Tanne. „So einen schönen Baum wie in diesem Jahr haben Sie noch nicht gesehen!“, schwärmt er. Braukmann steckt alle mit seiner Begeisterung an, seit Jahren hat er ein Helferteam aus heimischen Unternehmen und Ehrenamtlichen um sich geschart. Vor 14 Jahren kümmerte sich der frühere Geschäftsmann erstmals darum, dass sein Dorf den Weihnachtsbaum bekommt. Er ist es auch, der den Baum jedesmal aussucht und dann vom Besitzer loseist. „Das war diesmal gar nicht so einfach“, schmunzelt der Lendringser.
Jetzt aber darf die Kreisel-Tanne nach Totensonntag wieder leuchten, auch dank Dieter Kress. Der Inhaber der Modehaus-Kette ließ vor der Eröffnung in Lendringsen seinerzeit den Tannen-Strom vom neuen Geschäft zum neuen Kreisverkehr legen und sorgt seither für den nötigen Saft. „Nach der Feier zur Erweiterung habe ich ihm neulich die neue Tanne gezeigt. Dieter Kress war so begeistert, dass sich der Besitzer über einige Gutscheine freuen konnte“, lacht Braukmann.
Es ist 13 Uhr, und wir stehen am Breukerskamp. Zwischen den Wohnhäusern steht hier die prächtig gewachsene Tanne, die mit drei Spitzen und reichlich Zapfen ihre beste Zeit gleichwohl hinter sich hat. Profimäßig wird sie abgesägt, während der große Kran sie gerade hält. Schließlich schwebt der imposante Baum auf den bereitstehenden Tieflader, Schaulustige aus der Nachbarschaft sehen zu, wie der Stamm auf der glatten Ladefläche aufsetzt – und dann wegrutscht. Puh! Kleiner Schreck in der Mittagsstunde, aber passieren kann nix. Der Kran hält die Tanne oben sicher fest.
Wenig später liegt sie langgestreckt auf dem Lader. 20 Meter Fahrzeug rollen los, hintendran der original Lendringser Polizeischutz durch Torsten Strott. Der hat heute tatsächlich seinen allerletzten aktiven Arbeitstag als Ordnungshüter, macht Schluss nach 45 Jahren und drei Monaten. Dank Überstunden und Resturlaub hätte der langjährige Lendringser Dorfsheriff heute schon frei gehabt. „Dann hat Helmut Braukmann angerufen, was will man machen?“
Genau so ergeht es Jahr für Jahr der Gewoge-Bauträgergesellschaft, der Baufirma Krutmann, dem Kernbohrung- und Sägetechnik-Unternehmen Hormann und Forstwirt Franz Schulte-Berge, dazu den Helferinnen und Helfern aus der Werbegemeinschaft Lendringsen. Dank ihrer Arbeit ist die Tanne bald darauf auf dem Kreisel 1,37 Meter tief eingesteckt und sturmsicher festgekeilt. Die Teilsperrung des Kreisels für den Kran ist aufgehoben, Weihnachten kann kommen. Und sie alle machen das unentgeltlich und ehrenamtlich, nur damit es Freude macht, nach Lendringsen zu kommen.
Wenn das keine schöne Geschichte ist!