Menden. Die Aufarbeitung der WSG-Affäre beschäftigt die Politik weiterhin. Dabei geht es auch um die künftige Ausrichtung der Stadtgesellschaft.

Die Aufarbeitung der WSG-Affäre ist zumindest politisch noch lange nicht abgeschlossen. Dafür holt sich das städtische Rechnungsprüfungsamt auch externe Hilfe. Gleichzeitig ringt man im Mendener Rat um die künftige Ausrichtung der Wirtschaftsförderung - und um neue Möglichkeiten, die Hönnestadt als attraktiven Unternehmensstandort zu etablieren.

90.000 Euro Anwaltskosten für Aufarbeitung

Dass die Vorkommnisse rund um die städtische Wirtschaftsförderung (WSG) auch an Mendenerinnen und Mendenern nicht unbemerkt vorbeigehen, wird am Dienstagabend im Rat schnell deutlich. Bekanntermaßen werkelt das Rechnungsprüfungsamt (RPA) derzeit an der detaillierten Aufarbeitung. Und dafür hat sich der Rat bereits im Frühjahr externe Hilfe geholt in Form einer Anwaltskanzlei. Die Kosten, die das Verfahren seither aufwerfen, steigen stetig. Ein Fakt, der auch Dr. Alexander Zibis, seines Zeichens Kritiker des Bücherei-Umzugs, nicht verborgen geblieben ist, und den er in der Einwohnerfragestunde zur Sprache bringt.

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Am 6. Mai 2024 hat das Rechnungsprüfungsamt für die externe Beratung 30.000 Euro angefordert. Gut drei Wochen später mussten abermals 25.000 Euro her. Vier Monate später, am 25. September, beantragt das RPA nun weitere 35.000 Euro. Unterm Strich also 90.000 Euro, um die - vor allem wirtschaftlichen - Verflechtungen auseinanderzunehmen. Dass die Rechnung für die Stadt immer größer wird, lässt vor allem vermuten, dass der Aufwand deutlich größer ist als zunächst gedacht. Nach WP-Informationen liegt das Hauptaugenmerk derzeit auf der Auflistung und Einordnung sämtlicher Verdienstausfälle, die Ratsmitglieder sowie Sachkundige Bürger seit Beginn der Wahlperiode eingereicht haben. Hinzu kommen sämtliche Vertragsverhältnisse, die Ratsmitglieder mit der Stadt haben, sowie die Vorgänge während der Amtszeit von Tim Behrendt. Im Alleingang, so ist zu hören, könne das Rechnungsprüfungsamt diesen Berg nicht bewältigen.

„Ich bin überzeugt, dass das Geld gut angelegt ist.“

Dr. Alexander Zibis
über die Aufarbeitung der WSG-Affäre mithilfe einer Anwaltskanzlei

Für Dr. Alexander Zibis stehen allerdings nicht die Kosten im Mittelpunkt. „Ich bin überzeugt, dass das Geld gut angelegt ist“, so der Mendener während der Einwohnerfragestunde. Ihm gehe es vielmehr um die Transparenz und darum, dass die Ergebnisse der Untersuchung der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, statt sie in nichtöffentlichen Sitzungen zu debattieren. Bürgermeister Dr. Roland Schröder verspricht: „Den Auftrag führt das Rechnungsprüfungsamt gerade aus und wird ihn bei gegebener Zeit der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen.“

Startup-Strategie sorgt für Kritik

Linken-Fraktionschef Thomas Thiesmann sieht die Mehrkosten allerdings skeptisch. Zwar habe der Rat die Aufarbeitung seinerzeit einstimmig beschlossen, „allerdings sehen wir nicht ein, dass das zu Lasten des Jahresergebnisses des Haushalts gehen soll“. Bekanntlich herrscht in Menden aktuell ein Nothaushalt. Stattdessen solle die WSG selbst für den anwaltlichen Mehraufwand aufkommen. FDP-Fraktionsvorsitzender Stefan Weige muss dabei schmunzeln. Schließlich habe der Rat selbst den Auftrag erteilt: „Wer die Musik bestellt, bezahlt sie auch. Ist doch logisch.“ Heißt: Natürlich muss die Stadt die Kosten für die Aufarbeitung selbst übernehmen. Einstimmig gibt der Rat schließlich grünes Licht für die Zusatzkosten.

Banken steigen aus

Während politisch über die Zukunft der WSG noch diskutiert wird, ist eine Veränderung in Gesellschafterkreisen bereits sicher: Alle sämtlichen Anteilseigner - mit Ausnahme der Stadt - werden sich aus der WSG zurückziehen. Nach dem IMW treten damit auch die Sparkasse Märkisches Sauerland Hemer-Menden, die Märkische Bank und die Südwestfälische Industrie- und Handelskammer (SIHK) aus. Darüber ist der Rat in der Sitzung am Dienstagabend ebenfalls informiert worden. „Auch in Zukunft soll die wirtschaftliche Expertise von Banken und Wirtschaft gewinnbringend in die Arbeit der WSG einfließen“, heißt es dazu in einem Schreiben, das der Redaktion vorliegt. Um eine starke Grundlage für die weitere Zusammenarbeit zu schaffen, werde man nun Gespräche führen. „Mit einer gemeinsamen Vision und klaren Zielen sind alle Beteiligten entschlossen, eine erfolgreiche und nachhaltige Zukunft für die Stadt Menden zu gestalten“, heißt es dazu weiter. Das Ende der WSG bedeutet das freilich nicht, ganz im Gegenteil. Unter anderem könne eine hundertprozentige Stadttochter einfacher an Fördermittel kommen, wie es heißt, da diese Mittel dann auf keinen Fall an Gesellschafter fließen können. Nach WP-Informationen sind Banken wie Aufsichtsrat bestrebt, weiter und eng zusammenzuarbeiten - in welcher Form, müsse sich nun klären.

Ein weiterer Antrag zur WSG schafft es am Ende allerdings nicht durch die Beratung: Der Vorstoß der Fraktion Menden Innovativ (MI), eine Startup-Strategie für die Stadt auf den Weg zu bringen. „Einfach nur ein Gebäude hinzustellen und zu sagen: ,Wir haben ein Startup- und Gründerzentrum‘ wird uns nicht erfolgreich machen“, so MI-Fraktionsvorsitzender Christian Feuring. Ihm gehe es darum, die Hönnestadt auch für Jungunternehmer attraktiv zu machen - und einen Weg zu finden, wie das umsetzbar ist. Doch angesichts der knappen Haushaltslage sieht CDU-Fraktionschef Bernd Haldorn keinen finanziellen Spielraum für einen solchen Vorschlag. „Das können wir uns zum jetzigen Zeitpunkt, so wie die WSG in der Diskussion steht und unter Berücksichtigung der Haushaltsmittel, nicht leisten.“ Stattdessen müsse die kommende Klausurtagung des WSG-Aufsichtsrats am Samstag, 16. November, eine Richtung vorgeben, die „mit den bestehenden Mitteln“ umsetzbar ist.

„Es gibt sicher den einen oder anderen, der das im nächsten Jahr als Persilschein auslegen kann.“

Sebastian Meisterjahn
SPD-Fraktionsvorsitzender über unklare Kosten für eine Startup-Strategie

Kritik kommt zudem vonseiten der SPD. Die Sozialdemokraten sehen die Aufgaben für eine Startup-Strategie klar aufseiten der Wirtschaftsförderung. Da die Kosten für die Startup-Strategie nicht abzusehen seien, fürchtet man ein Fass ohne Boden. „Es gibt sicher den einen oder anderen, der das im nächsten Jahr als Persilschein auslegen kann“, moniert Fraktionsvorsitzender Sebastian Meisterjahn. Damit spielt er unter anderem auf die anstehende Kommunalwahl im Herbst 2025 an. Zudem sitze die wirtschaftliche Expertise für die Stadt nunmal in der Wirtschaftsförderung selbst. Mehrheitlich wird der Antrag schließlich abgelehnt.