Menden. Polizei und Ordnungsamt wollen gegen offenen Handel stärker durchgreifen. Drogenberater: Mehr Angebote für Drogenabhängige sind wirkungsvoller.

In Menden häufen sich Klagen von Bürgern über Problemzonen, in denen Drogen offen gehandelt werden. Die Frage kam jüngst auch im Ausschuss für öffentliche Sicherheit und Ordnung auf. Anlass waren Anliegerbeschwerden auch in den Sozialen Medien über Menschen, die laut Augenzeugen auf der kleinen Hönne-Insel zwischen Bahnhofsbrücke und Kuhbar offenkundig mit Drogen dealten. Dazu bezog die Mendener Ordnungsamtschefin Manuela Schmidt vor der Politik im Ausschuss klar Stellung: „Wir wollen ein ehrliches und realistisches Bild liefern. Wir sind keine Insel der Glückseligen. Wir haben, was das Thema angeht, in der Stadt Bereiche mit Problemen.“

Ordnungsamt: Menden bei Drogen keine Insel der Glückseligen

Dazu zählt sie neben der kleinen Hönneinsel auch den Papenbusch, den Lendringser Platz oder die Bushaltestelle am Heideplatz. Diese und andere Stellen habe das Ordnungsamt aber im Blick: „Wir sprechen mit den Anwohnern, wir haben gemeinsame Runden mit dem Jugendamt, wir machen die Augen nicht zu.“

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Raum für Suchtkranke am Papenbusch als ein Lösungsansatz

Das gelte auch für den Papenbusch, wo sich Anlieger über offenen Drogenhandel und damit einhergehende Anmache oder Vandalismus beklagten. „Ja, es gibt in der Stadt Jugendgruppen, auch rivalisierende, die keinen Ort haben, wo sie sich aufhalten können“, bestätigte Schmidt. „Wir können sie aber immer nur vertreiben an andere Stellen. Hier wären präventive Lösungen sinnvoll. Wir hatten am Papenbusch mal einen gemeinsamen Arbeitskreis mit Bürgerinnen und Bürgern, den wollen wir wiederbeleben.“ Ein sicherer Raum für Suchtkranke in der Stadt könne ein weiterer Lösungsansatz sein.

Städtisches Ordnungsamt darf selbst nicht eingreifen

Als städtische Behörde dürfe das Ordnungsamt seine unmittelbaren Beobachtungen nur an die Polizei weitergeben. Die Polizei wiederum hatte auf die erste WP-Anfrage zur kleinen Hönneinsel erklärt, dass sie von Zeugen, die einen Drogen-Deal beobachten, sofortige Hinweise per Handy brauche, um Beteiligte auf frischer Tat ertappen zu können. Manuela Schmidt: „Wenn wir so etwas sehen, melden wir das natürlich auf der Stelle.“

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Problem mit Dienstzeiten: Ab 16 Uhr kein kommunaler Ordnungsdienst mehr

Allerdings hätten ihre Kräfte hier ein Problem mit den Dienstzeiten. Nach 16 Uhr gebe es in Menden keinen kommunalen Ordnungsdienst mehr, sondern nur noch eine Bereitschaft, die über die Polizei zu erreichen ist. Zum wiederholten Mal machte Schmidt darauf aufmerksam, dass es in Nachbarstädten wie Hemer auch Spät- und Nachtschichten des dortigen Ordnungsamtes gibt. „Damit wären auch wir dann zu Zeiten präsent, in denen sich Drogenhandel und -konsum abspielen.“

Andreas Schmutzler

„Rufen Sie uns an! Wo es Probleme gibt, wir werden in Windeseile da sein.“

Andreas Schmutzler
Leiter der Polizeiwache Menden

Mendener Wachen-Chef: Papenbusch-Anwohner beschweren sich zurecht

„Die Rauschgift-Kriminalität ist da“, bekräftigte Andreas Schmutzler, der Leiter der Polizeiwache Menden. Seine Beamten blieben aber auf die Meldungen durch Bürgerinnen und Bürger oder das Ordnungsamt angewiesen. „Unsere Direktion Kriminalität ist gleichwohl im Bilde über das, was hier in Menden passiert.“ So beschwerten sich inbesondere die Anwohner am Papenbusch aus seiner Sicht zurecht. Schmutzler forderte im Ausschuss alle Mendenerinnen und Mendener auf, das Phänomen der Drogenkriminalität anzugehen – immer gemeinsam mit der Polizei: „Rufen Sie uns an! Wo es Probleme gibt, wir werden in Windeseile da sein.“

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Mendener Drogenberater: Mehr Angebote sind effektiver als mehr Repression

Für Thomas Zimmermann, Berater der Mendener Drogenberatungsstelle „Drobs“ am Westwall, sollten Repressalien indes das letzte Mittel sein. Mehr Erfolg versprechen seiner Erfahrung nach ganz andere Maßnahmen, wenn man eine Drogenszene aus dem Straßen- und Stadtbild verbannen wolle, obwohl sie dort leichter zu kontrollieren sei: „Wir stellen fest, dass sich die meisten unserer Klienten meist an Tagen ohne Frühstücks-Angebote oder sonstige Mahlzeiten draußen aufhalten. Die suchen ja auch Beschäftigung.“

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Drobs-Klienten zeigten sich entsetzt über Beschimpfung als „Zombies“

So werde das Drobs-Angebot, montags und freitags duschen und Wäsche waschen zu können, rege angenommen. „Unsere Leute gehen auch zu den Mittagstischen des SKFM oder in Lendringsen. Länger draußen sind sie meist nur an Tagen, an denen es nirgends günstig oder gratis ein Frühstück oder Mittagessen gibt.“ Würden diese Angebote ausgeweitet, gäbe es Szenen wie auf der kleinen Hönneinsel viel seltener zu sehen. Im Übrigen gelte, dass einige dieser drogenkranken Menschen zwar verwahrlost aussehen mögen, in Wahrheit aber völlig harmlos seien: „Wenn sie dealen, dann nur untereinander, das kann ich mit Bestimmtheit sagen. Und sie waren entsetzt, als auf Facebook von ,Zombies‘ an der Hönne die Rede war“, berichtet Zimmermann. An diesem Tag sei er in der Drobs gefragt worden: „Die meinen doch wohl nicht uns?“

Trotz Crack und Kokain: Viele Abhängige wahren noch die Fassade

Vom Lendringser Platz habe er lange nichts mehr gehört, am Heideplatz gehe es hauptsächlich um Alkoholkonsum. Und: Drogenkonsum betreffe auch Menschen, denen man nichts davon ansehe, weil sie ganz bürgerlich daherkämen. „Die schaffen es halt noch, die Fassade aufrechtzuhalten.“ Das gelte gerade auch für Abhängige von rauchbarem Kokain, dem gefürchteten „Crack“. Diese Droge, die sehr schnell psychisch abhängig mache, sei längst auch in Menden, Iserlohn und Umgebung problemlos zu bekommen. „Das ist allerdings sehr teuer.“