Olpe. Vier Männer hatten sich im Olper Amtsgericht für ihre Taten zu verantworten. Alle müssen in Haft. Zwei der erbeuteten Wagen sind spurlos verschwunden.
Verkehrte Welt herrschte am Montag im Olper Amtsgericht. Denn aufgrund einer ungewöhnlichen Konstellation hatte Vorsitzender Richter Matthias Witte den Saal umstellen lassen: Üblicherweise sitzen die Delinquenten und ihre Verteidiger zu seiner rechten, während die Staatsanwaltschaft auf der Fensterseite Platz nimmt. Diesmal war alles anders, denn weil gleich gegen vier Angeklagte vor dem Schöffengericht verhandelt wurde, waren zwei Tische zu einer verlängerten „Anklagebank“ geworden, und der nötige Platz ist nur auf der Fensterseite vorhanden, sodass Anklage und Verteidigung die Seiten tauschten.
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Neben ihren Verteidigern hatten dort vier Männer Platz genommen, die alle im Raum Troisdorf wohnen. Die Staatsanwaltschaft warf ihnen insgesamt fünf Taten vor, die sie in unterschiedlichen Konstellationen miteinander verübt hatten. Bandendiebstahl und gewerbsmäßiger Bandenbetrug wurde ihnen vorgeworfen, in einigen Fällen kombiniert mit Urkundenfälschung. Und weil sich die erste der aufgeführten Taten im Amtsgerichtsbezirk Olpe zugetragen hat, fand die Verhandlung in Olpe statt.
Es war im Dezember 2023: Die Bande fuhr in einem schweren Mercedes bei einem Autohaus in Friedrichsthal vor; einer der Angeklagten täuschte Kaufinteresse an einem Luxus-Geländewagen vor, einem Mercedes G 63 AMG im Wert von rund 170.000 Euro. Eine Probefahrt fand statt, bei der Rückgabe des Autos gelang es der Bande, den Original-Fahrzeugschlüssel gegen eine Doublette auszutauschen. Nachts kehrten sie zurück und stahlen das Auto, was durch die Nutzung des echten Schüssels ein Leichtes war.
Mercedes, Porsche und BMW
Nur wenige Tage später tauchten sie bei einem Autohaus in Menden auf. Hier wurde ihnen eine Probefahrt gegen Hinterlegung von Personalausweis und Führerschein ermöglicht. Beide Dokumente waren aber Fälschungen, und so nutzten die Täter die Gelegenheit, die Probefahrt erst gar nicht zu beenden, sondern mit dem ähnlich wertvollen AMG-Mercedes der G-Klasse davonzufahren. In einem Porsche-Autohaus in Hagen scheiterte Tat 3, denn hier trat ein anderes Bandenmitglied als „Käufer“ auf und war dabei so nervös, dass der Autohaus-Mitarbeiter Verdacht schöpfte, den Führerschein als Fälschung erkannte und die Männer aus dem Gebäude verwies. Doch die Taten 4 und 5 gelangen wiederum mit der bekannten Masche; die gefälschten Papiere blieben als wertloses Pfand in einem Autohaus in Hamm und einem auf Luxuswagen spezialisierten Unternehmen in Düsseldorf zurück, stattdessen fuhren die Diebe mit einem BMW X6 im Wert von 110.000 Euro bzw. einem Porsche Macan für 118.000 Euro davon.
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Der AMG aus der Tat in Menden wurde in Mailand von der Polizei sichergestellt, ein Olper Kripo-Beamter berichtete, wie die Verfolgung von Funkdaten zur Überführung der Täter gesorgt hatte, obwohl einer der vier die GPS-Sender der Luxusautos deaktiviert bzw. mit einem speziellen Störsender überlagert hatte. Ein gestohlener Porsche war im Parkhaus des Flughafens Köln/Bonn sichergestellt worden. Die anderen beiden Wagen, nach Aussage der Angeklagten jeweils in Polen oder Italien an einen Georgier übergeben, sind spurlos verschwunden.
Alle vier Angeklagten räumten die Vorwürfe aus der Anklageschrift vollumfänglich ein, hielten sich aber ansonsten eher geschlossen. So blieb unausgesprochen, in wessen Auftrag und auf wessen Vorschlag sie gehandelt hatten und wer die Autos übernommen hat. Ein als Zeuge geladener Mann hatte dem Gericht am Morgen vor der Verhandlung telefonisch abgesagt und sich krankgemeldet, aber gleichzeitig kundgetan: „Ich hätte eh nicht ausgesagt, ich will mit solchen Leuten nichts zu tun haben.“ Dass er wohl auch nicht hätte aussagen müssen, wurde durch den Austausch zwischen Gericht und Staatsanwaltschaft klar: Der Mann ist in anderen, ähnlichen Verfahren Beschuldigter und muss damit rechnen, dass die vier Angeklagten als Zeugen gegen ihn gehört werden und er insofern auch nicht hätte aussagen müssen.
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Staatsanwältin Vanessa Zimmermann beantragte für die allesamt mehrfach vorbestraften Männer dasselbe Strafmaß: jeweils drei Jahre und sechs Monate Haft. Zudem solle Geld von ihnen eingezogen werden, das dem entspreche, was sie für ihre Taten kassiert hätten. Die Männer hatten angegeben, für die ohne Papiere deutlich weniger wertvollen Autos jeweils ein Fünftel des Marktwerts erhalten zu haben. Die Verteidiger forderten allesamt niedrigere Strafen, vor allem fanden sie, das Strafmaß müsse individueller angepasst werden. Konkrete Zahlen nannte nur eine Verteidigerin, die für ihren Mandanten, der nur zweimal mit dabei war, eine Haftstrafe von zwei Jahren zur Bewährung ausreichend fand. Die anderen plädierten auf „angemessene, aber milde Strafen“, die unterhalb der Forderung der Staatsanwaltschaft liegen sollten.
Das Gericht folgte in seinen Urteilen aber weitgehend den Forderungen der Staatsanwaltschaft und wählte dasselbe Strafmaß für die drei Täter, die für alle fünf Taten angeklagt waren: Sie wurden jeweils zu drei Jahren und zwei Monaten Haft verurteilt. Der vierte, der bei zwei Taten nicht beteiligt war, erhielt zwei Jahre und vier Monate. Da alle Strafen jenseits der Zwei-Jahres-Grenze liegen, kommt für keinen der Männer ein Urteil zur Bewährung in Frage. Die drei an allen Taten beteiligten Täter müssen je rund 30.000 Euro bezahlen, das ist das Geld, das sie durch den Verkauf der gestohlenen Autos eingenommen haben, beim vierten Täter liegt die Summe bei 6750. Vorsitzender Richter Witte betonte, strafmildernd seien die umfassenden Geständnisse gewesen, strafverschärfend die hohe Schadenssumme.
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Die Haftbefehle – alle hatten mehrere Monate in Untersuchungshaft vollbracht, sind aber schon länger auf freiem Fuß, haben Wohnung und Arbeit – bleiben für alle vier außer Kraft gesetzt, sodass sie zunächst ihrer jeweiligen Arbeit nachgehen. Insbesondere die Aussage eines der Angeklagten hatte im Gerichtssaal für Aufhorchen gesorgt: Der Mann arbeitet gemäß in Kopie vorliegendem Arbeitsvertrag ausgerechnet als Einkäufer für ein Autohaus...