Olpe. Franziskanerinnen verbinden viele nur mit Kloster und Gebet. Dass sie mitten im Leben stehen, zeigten zwei von ihnen in einer Kneipe bei den „Theken-Theologen“.

Sie sind Schwestern, aber nicht verwandt: Katharina Hartleib und Veronika Fricke. Beide standen am Donnerstagabend im Mittelpunkt eines aufschlussreichen Vortrags, der in der lockeren Reihe „Theken-Theologen“ stattfand. Organisiert wurde der Abend von der Initiative „Pallotti unterwegs“. „Schwester“ ist bei Veronika Fricke und Katharina Hartleib dabei eben nicht als verwandtschaftliches Verhältnis gemeint, sondern ist für sie Beruf und Berufung: Beide sind Ordensschwestern und gehören der Gemeinschaft der „Franziskanerinnen von der ewigen Anbetung zu Olpe“ an, wie die Olper Franziskanerinnen in ihrer ausführlichen Bezeichnung heißen. Moderiert wurde der Abend von Theresa Bartz, geistliche Leiterin des Jugendhofs Pallotti im ehemaligen Kloster Maria Königin in Altenhundem.

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Beide Ordensfrauen berichteten über ihre sehr unterschiedlichen Wege in die Ordensgemeinschaft. Schwester Katharina, „geborener Ossi und gelernte DDR-Bürgerin“, wuchs im katholischen Eichsfeld nahe der deutsch-deutschen Grenze auf und trat 1981 der Gemeinschaft bei. Den Weg ebneten Heiligenstädter Schulschwestern, die in ihrer Heimat aktiv waren. „Im Eichsfeld gingen die Leute ,bei die Schwestern‘ mit allen Fragen, die sie hatten: ob nun das Pferd krank war oder der Mann seine Frau schlug.“

Dieses Leben für andere, das Dasein mit einer offenen Tür, „und das sowohl am Haus wie auch im Herzen“, das habe ihr imponiert. „Ich wollte nie hinter Klostermauern leben, sondern mit den Menschen leben.“ Schwester Veronika erzählte, ihr sei eigentlich immer schon klargewesen, dass sie „irgendetwas im Sozialwesen machen würde, das war klar“. Daher habe sie auch ein entsprechendes Studium absolviert. Der Eintritt in einen Orden sei ihr zunächst nicht in den Sinn gekommen, aber eine Freundin sei Olper Franziskanerin geworden, und durch Besuche bei ihr sei dann der Entschluss gereift: „Das könnte was für mich sein. Die Idee war, das mit dem Sozialen komplett zu machen.“ Nach ihrem Diplom sei sie dann in die Gemeinschaft eingetreten.

Pallotti unterwegs

„Pallotti unterwegs“ ist eine Bewegung, die in Olpe 2007 gegründet wurde, als die Ordensgemeinschaft der Pallottiner ihre Niederlassung in Olpe aufgab. Das Ziel: den pallottinischen Gedanken, das pallottinische Leben auch ohne Ordensbrüder in der Region lebendig zu erhalten. Damals war noch nicht abzusehen, dass wenige Jahre später wieder Pallottiner in den Kreis ziehen würden; inzwischen sind die Pallottinerpatres Siegfried Modenbach und Jürgen Heite auf dem Kohlhagen fest etabliert. „Pater Siggi“, wie ihn die meisten des Pallottinerkreises kurz nennen, war denn auch unter den rund 50 Gästen, die sich in die urige Kneipe „Anno 1831“ aufgemacht hatten, um den Vortrag der Schwestern zu verfolgen.

Warum es aus der großen Zahl der Orden ausgerechnet die Olper Franziskanerinnen geworden sind: Schwester Katharina hatte sich nach ihrer Grundsatzentscheidung mehrere Gemeinschaften angesehen. Die Olper Franziskanerinnen, die schon seit dem 19. Jahrhundert eine große Niederlassung in Oschersleben unterhielten und unterhalten, hätten ihr in ihrer Art und ihrem Umgang am meisten entsprochen. Ähnlich bei Schwester Veronika: „Ich hatte Franziskus im Studium kennengelernt und daher war mit ziemlich klar, dass es ein franziskanischer Orden sein muss. Zwei habe ich mir angeguckt, die Olper waren so schön normal. Hier gab es Schuhe statt Schühchen, Birkenstocks statt feiner Sandalen.“

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Die Gäste nutzten die Gelegenheit, Fragen zu stellen. Ob Ordensgemeinschaften politisch sein dürften, wollte eine Frau wissen. Die Antwort war deutlich: zweimal ja. Schwester Veronika erklärte, schon Franziskus von Assisi sei politisch gewesen. „Für den Schwächeren Partei ergreifen, das ist schon politisch.“ Und Schwester Katharina ergänzte, für sie sei klar: „Orden müssen sogar politisch sein.“ Wie ihre Familien auf die Entscheidung reagiert hätten, wollten andere wissen. Katharina Hartleib: „Mein Vater war entsetzt. Er frage mich: Woher weißt du, dass das richtig für dich ist? Da habe ich ihn gefragt: Woher wusstest du, dass du deine Frau heiraten solltest? Seine Antwort war: Das merkt man. Da konnte ich antworten: genau.“ Und einige Jahre später habe er ihr bei einem Besuch fast kleinlaut erklärt, er habe das Gefühl, dass sie von seinen Kindern das glücklichste sei.

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Welche Fragen ihnen im Alltag am häufigsten begegnen, wollten andere Gäste wissen. Schwester Katharinas Erfahrung: „Je jünger, desto neugieriger sind die Menschen.“ Regelmäßig seien Schülerinnen des St.-Franziskus-Gymnasiums zu einem Aufenthalt im Mutterhaus der Ordensgemeinschaft in Olpe: „Die fragen alles.“ Schwester Veronika ergänzte, ihr bereite es Sorgen, dass für viele 20- bis 30-Jährige Religion überhaupt keine Bedeutung habe. „Ich hoffe, dass ich durch die Art, wie ich lebe, Fragen hervorrufe.“ Ihre Mitschwester bestätigte das. So habe sie kürzlich eine Führung durchs Kloster begleitet. „Das war die Firma, die für uns das Außengelände gestaltet. Ich merkte: Die jungen Leute waren noch nie im Kloster. Aber man sah regelrecht, dass die Fragen hatten.“ Aus einer Stunde seien so schnell anderthalb geworden, „das war richtig gut“.

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Die Ordensschwestern schilderten ihren Alltag, der für beide einerseits das Leben mitten in Olpe im Konvent „San Damiano“ im Schatten der St.-Martinus-Kirche bedeutet, andererseits regelrechte Bürotätigkeit für die Gemeinschaft. „Eine Stechuhr gibt es bei uns nicht“, so Schwester Katharina, es sei auch Raum für Hobbys – bei ihr ganz groß: der Fußball, insbesondere der 1. FC Köln, bei Schwester Veronika das Lesen und insbesondere im Winter das Puzzeln. Welche wichtige Voraussetzung es gebe, um in eine Ordensgemeinschaft zu passen, war eine weitere Frage. „Man muss gern in Gemeinschaft leben, aber auch allein leben können“, fasste Schwester Veronika zusammen. Dass Ordensleben kein Altertum bedeutet, machten Details klar wie die Tatsache, dass die Olper Franziskanerinnen das gemeinsame Gebet im Stundenbuch mittlerweile am Smartphone lesen. Und die früher tatsächlich praktizierte „ewige Anbetung“, bei der 30-minütige Gebetszeiten in der Ordensgemeinschaft so verteilt wurden, dass zunächst in jedem Kloster, später weltweit übergreifend tatsächlich immer irgendwo eine Olper Franziskanerin betete, werde inzwischen anders praktiziert, nämlich unter der Ägide, die Ordensgründerin Maria Theresia Bonzel stets vertreten habe: dass das gemeinnützige Handeln der Schwestern praktiziertes Beten sei.