Kirchhundem/Lennestadt. Die Antrags-Flut für neue Windrad-Riesen in Kirchhundem und Lennestadt reißt nicht ab. Die größten sind fast 300 Meter hoch. Um diese Standorte geht es.
Die Windrad-Rallye im östlichen Kreisgebiet nimmt immer groteskere Züge an. In der Gemeinde Kirchhundem liegen aktuell Anträge für 65 neue Windräder auf dem Tisch, fast doppelt so viel wie noch kurz vor Jahresende (wir berichteten). Und auch in der Stadt Lennestadt dreht sich das Rad immer schneller. Beigeordneter Karsten Schürheck informierte den Bauausschuss über drei Anträge mit zwölf weiteren Anlagen – macht für beide Kommunen insgesamt Anträge für 77 neue Windräder.
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Auf der Tagesordnung des Ausschusses für Bauen, Umwelt und Gemeindeentwicklung in Kirchhundem, der am kommenden Mittwoch, tagt, steht im öffentlichen Teil so gut wie nichts anderes, als das Einvernehmen für die Anträge zu verweigern oder zu gewähren.
Die neuen Vorhaben neben den bereits bekannten im Schnelldurchlauf: Die Prokon eG hat einen Vorbescheid zur Errichtung und Betrieb von sieben Windenergieanlagen (WEA) des Typs Vestas V 172-7.2 mit einer Gesamthöhe von 285 Metern bei Selbecke gestellt. Alle liegen außerhalb eines im Regionalplanentwurf geplanten Windenergiebereichs (WEB). Die Firma JUWI plant neun Windenergieanlagen (WEA) des Typs Enercon E-175 EP5 E1, Gesamthöhe 249,5 Meter, auf dem Kahleberg bei Oberhundem. Nur eine davon liegt in einem WEB. Die Firma Ørsted Onshore Deutschland GmbH ist nicht nur auf dem Höhenzug zwischen Hohe Bracht und Einsiedelei aktiv (Windparks Windfart I und II), sondern möchte auch in der Rimmert zwischen Benolpe und Varste zwei Windmühlen und drei weitere zwischen Emlinghausen und Hofolpe des Herstellers Siemens-Gamesa mit einer Gesamthöhe von 250 Metern bauen. Die Standorte liegen allesamt außerhalb eines WEB.
Dazu gesellt sich die EEBE mbH (Erneuerbare Energien Beteiligungs- und Entwicklungsgesellschaft im Kreis Olpe mbH) mit einem Vorbescheid-Antrag zur Errichtung und zum Betrieb von neun Windenergieanlagen des Typs Vestas V162 mit 189 Meter Nabenhöhe bei Brachthausen. Dabei handelt es sich um die gleichen Anlagen, für die die Energiepark Brachthausen GbR mit Unterstützung der EEBE mbH bereits im Juni letzten Jahr einen Antrag gestellt hatte. Das Einvernehmen für diesen Bürgerwindpark wurde damals im Ausschuss abgelehnt, weil die Standorte nicht in einem WEB liegen. Diesen ablehnenden Bescheid der Gemeinde hat der Kreis Olpe als Genehmigungsbehörde nun „kassiert“ bzw. durch ein positives Einvernehmen ersetzt. Das Gleiche gilt für sechs Anlagen, die die ALTUS renewables GmbH in der Rüspe bauen will. In der Stadt Lennestadt lässt vor allem ein geplanter Windpark mit zehn Anlagen bei Milchenbach aufhorchen, zudem sollen ein vorhandenes Windrad bei Hachen durch ein größeres ersetzt und eine neue Anlage im Anschluss an der Gewerbegebiet Dr.-Paul-Müller-Straße in Grevenbrück gebaut werden
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Die Gemeinde Kirchhundem will laut Bürgermeister Björn Jarosz bei ihrer Linie bleiben und empfiehlt dem Ausschuss, allen Anlagen außerhalb von Windenergiebereichen das Einvernehmen zu versagen. Dies hätte früher zu einer automatischen Rückstellung der Anträge geführt. Doch dann hatte der 22. Senat am Oberverwaltungsgericht (OVG) in Münster die Aussetzung bzw. Rückstellung der Anträge bis zur Rechtskraft des neuen Regionalplans gekippt und damit die Antragsflut erst richtig befeuert. Deshalb versuchen die Windkraftfirmen, sich bis zur Verabschiedung des neuen Regionalplans im Frühjahr möglichst viele Standorte, vor allem außerhalb der WEBs, durch Vorbescheid-Anträge zu sichern. Allerdings hatte der 8. Senat des OVG Münster Ende Dezember in einem anderen Verfahren festgelegt, dass die Rückstellung in Ausnahmefällen doch möglich sei, wie Lennestadts Beigeordneter die komplexe Rechtslage zusammenfasst. Damit ist die Verwirrung noch größer geworden.
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Das Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie des Landes NRW hat den Kommunen jetzt eine „Anwendungshilfe im Lichte der aktuellen Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts“ an die Hand gegeben, wie sie mit den besagten Paragraphen § 36 Abs. LPlG NRW (Landesplanungsgesetz, die Red.) umgehen sollen. Darüber hinaus ringen in Berlin die Fraktionen des Bundestags über einen Gesetzentwurf gegen den ungezügelten Wildwuchs von Windenergielangen bis zur Rechtskraft des Regionalplans (wir berichteten). Eine Entscheidung soll in Kürze fallen.
Darauf warten nicht nur die Kommunen, sondern auch das Land. „Angesichts der jüngsten Beschlüsse des OVG strebt die Landesregierung für die Steuerung des Windenergieausbaus im Übergangszeitraum vordringlich eine Lösung auf Bundesebene an. Außerdem ist der schnelle Abschluss der Regionalplanverfahren von überragender Bedeutung für die effektive Steuerung des Windenergieausbaus“, heißt es in dem oben zitierten Schreiben. Fazit: Nach wie vor ist offen, wie der Streit um die Windrad-Standorte ausgehen wird, und bis dahin werden wohl noch weitere Anträge folgen.