Kirchhundem. Das Tempo des Windkraft-Ausbaus im Kreis Olpe wird immer schneller. In einer Gemeinde sollen weitere 38 Windrad-Riesen gebaut werden. Die Pläne.
Kurz vor Jahresfrist wollen offenbar viele Windradfirmen noch ihre Schäfchen ins Trockene bringen und sich im Rothaargebirge die besten Standorte für ihre „Windmühlen“ sichern. Sage und schreibe 38 weitere Anträge auf Vorbescheide für den Bau von Windenergieanlagen wurden in den letzten Wochen gestellt. Über 19 davon wurde bereits in der letzten Ratssitzung beraten. Weitere 19 gingen in der letzten Woche bei der Kreisverwaltung ein.
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Vier Mega-Windkraftanlagen mit 262,5 Metern Gesamthöhe
Langsam wird es eng auf dem Rothaarkamm östlich und südlich von Heinsberg, nahe der Kreisgrenze. Auf der Landkarte mit den Standorten sieht es aus, als würden sich die Windradunternehmen gegenseitig die Anlagen vor die Nase stellen. Und die „Mühlen“ werden immer größer. Die Firma Alterric Deutschland möchte südöstlich von Heinsberg vier Windenergieanlagen des Typs Enercon E 175 EP5 E2, mit einer Nabenhöhe und einem Rotordurchmesser von je 175 Metern und einer Gesamthöhe von 262,5 Metern, bauen. Die Firma Westfalen-Wind Planungs-GmbH aus Paderborn hat einen Antrag auf den Bau von neun Windenergieanlagen des Typs Enercon E 175 EP5 mit einer Nabenhöhe von 162 Meter, einem Rotordurchmesser von 175 Meter und einer Gesamthöhe von 249,5 Metern gestellt. Diese neun Anlagen, acht östlich von Heinsberg und eine westlich zwischen Heinsberg und Brachthausen, sollen eine eigenständige Windfarm darstellen. Und auch die Firma Altus renewables aus Karlsruhe möchte sechs Windenergieanlagen des Typs Nordex N 163 mit 164 Metern Nabenhöhe in den Sauerländer Wind stellen.
Bis auf drei Anlagen von Westfalen-Wind liegen alle außerhalb der im neuen, aber noch nicht verabschiedeten Regionalplan ausgewiesenen Windenergiebereiche (WEB) und sind damit für die Gemeinde ein No-Go. Die Gemeindevertreter versagten einstimmig ihr Einvernehmen. Bürgermeister Björn Jarosz wertet dies als ein starkes Signal auch in Richtung Bezirksregierung.
Die Rechtsauffassung der Gemeinde ist allerdings unsicher, weil der 22. Senat am Oberverwaltungsgericht (OVG) in Münster die Aussetzung bzw. Rückstellung der Anträge bis zur Rechtskraft des neuen Regionalplans gekippt und damit die Antragsflut erst befeuert hatte. Deshalb versuchen die Windkraftfirmen, sich in der Zeit bis zur Rechtskraft des neuen Regionalplans im Frühjahr möglichst viele Standorte, vor allem außerhalb der WEBs, zu sichern.
Auf diesen Zug sprang in der letzten Woche auch das Windkraftunternehmen Ørsted Onshore Deutschland GmbH auf, das auf dem Höhenzug zwischen Hohe Bracht und Einsiedelei das Projekt Windfart mit zehn Anlagen errichten will (wir berichteten). Für die ersten drei Anlagen hatte Ørsted bereits Anträge bei der Gemeinde bzw. bei der Stadt Lennestadt gestellt. Jetzt schob das Unternehmen offenbar einen Vorbescheidantrag für den Windpark „Windfart II“ mit 13 Anlagen der Marke Siemens Gamesa SG 6.6. nach. Das teilte der Kreis Olpe auf Anfrage mit. Außerdem wurde das Projekt „Windpark Kirchhundem“ mit dem gleichen Bautyp gestartet. Überplant wurde laut Kreis ein Gebiet zwischen Kirchhundem-Benolpe und Varste sowie Hofolpe und Emlinghausen. Hier wurde ein Vorbescheidsantrag für sechs Anlagen gestellt.
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Die Kommunen müssen demnächst auch für diese Anlagen ihr Einvernehmen erteilen oder versagen. Der Fachanwalt der Gemeinde von der Rechtsanwaltskanzlei Lenz und Johlen in Köln empfiehlt der Gemeinde jedenfalls grundsätzlich, das Einvernehmen für Standorte außerhalb der WEBs zu versagen, weil die Durchführung der aktuell stattfindenden Regionalplanung durch das Vorhaben unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert werde.
Der Gemeinderat folgte bei den ersten 19 Anlagen diesem Rat: „Wir bleiben bei unserer Lesart, außerhalb der WEB versagen wir das Einvernehmen“, so der Bürgermeister. Von weiteren Interventionen bei der Bezirksregierung hält der Verwaltungschef nichts. „Jede Einwendung, die wir machen, verzögert am Ende das Verfahren. Wir müssen zusehen, dass der Regionalplan möglichst schnell Rechtskraft erlangt.“ Denn dieser sei das einzige Steuerungsinstrument, das der Gemeinde noch bleibe.
Stärkeren Rückenwind bekommen Kirchhundem sowie auch alle anderen betroffenen Kommunen aus Berlin. Die CDU/CSU-Fraktion hat in der letzten Woche einen Gesetzentwurf gegen den Wildwuchs eingebracht. Dieses „Windenergieakzeptanzgesetz“ soll den Bau von Windrädern außerhalb der WEBs verhindern. Im günstigsten Falle könnte es in der letzten Januarwoche verabschiedet werden, im Februar den Bundesrat passieren und noch im gleichen Monat rechtskräftig werden. Dann wäre die „Wildwuchs-Lücke möglicherweis geschlossen. Björn Jarosz: „Wir müssen abwarten, wie sich das weiterentwickeln wird.“