Rönkhausen/Siegen. Ein Hausschwamm zerstörte den Holzboden in der Rönkhauser Schützenhalle. Nun soll eine Koryphäe für Holzböden-Fragen die Ursache herausfinden.
Er ist eine Koryphäe in seinem Fachgebiet und der Mann, der mit seinem Wissen über Holzböden einen äußerst komplexen Sachverhalt aufklären soll: Dr. Andreas Rapp, Professor für Holztechnik an der Universität Hannover und seit mittlerweile drei Jahrzehnten öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Parkett, ist vom Landgericht Siegen mit der schwierigen Aufgabe betraut worden, die Ursache für den immensen Hausschwamm-Befall in der Rönkhauser Schützenhalle herauszufinden und in einem Gerichtsgutachten zu verschriftlichen. „Das wird äußerst komplex“, betonte der Diplom-Holzwirt aus Niedersachsen, Autor der Fachlektüre „Schäden an Holzfußböden“, am Dienstag vor der 5. Zivilkammer des Landgerichtes unter Vorsitz von Dr. Mark Seibel.
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Die Komplexität des Falls liegt vor allem darin begründet, dass sich der Professor selbst kein Bild vom Ausmaß der Zerstörung machen kann, weil der befallene Holzboden längst verschwunden ist und übergangsweise eine Betonplatte in der Halle liegt, damit diese überhaupt nutzbar ist. Der Fachmann wird sich daher auf Grundlage zweier privater Sachverständigen-Gutachten, die komplett unterschiedliche Aussagen zur Ursache des Pilzbefalls machen, und mittels Fotodokumentationen eine eigene Meinung bilden müssen. Die Befragung von drei Zeugen, darunter die beiden Sachverständigen der Streitparteien, dauerte am Dienstag geschlagene fünf Stunden (!).
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So viel ist unstrittig: Es geht um viel Geld. Die St. Antonius-Schützenbruderschaft aus Rönkhausen klagt rund 285.000 Euro (Schadensersatz und Kostenvorschuss) von der Fachfirma aus dem Hochsauerlandkreis ein, die im Jahr 2018 einen neuen Holzboden in der Halle verlegte - und dabei aus Sicht des Klägers mangelhaft gearbeitet hat: Denn nur vier Jahre später, im Mai 2022, zeigte sich plötzlich an einer Stütze und im neuen Holzboden der Pilz-Befall. Eine Laborprobe ergab schließlich, dass sich ein holzzerstörender Hausschwamm gebildet hatte. Mit der Konsequenz, dass der gesamte Parkettboden wieder herausgerissen werden musste. Seitdem steht die Frage im Raum, wer Schuld an dem Dilemma hat. Die Frage wird nun juristisch beantwortet, nachdem eine außergerichtliche Einigung nicht zustande gekommen war.
Lüftungsschlitz vergessen?
Die Schützen aus Rönkhausen, die vom Siegener Rechtsanwalt Christof Hundt vertreten werden und den Bausachverständigen Wolfgang Maasjost aus Olpe mit der Erstellung eines Privatgutachtens beauftragt hatten, sind sich sicher: Der Parkettleger aus dem Hochsauerlandkreis habe fehlerhaft gearbeitet und vor allem vergessen, einen Lüftungsschlitz in den neuen Boden zu setzen, damit das Parkett ausreichend unterlüftet werden kann. Darüber hinaus habe die Firma eine unzureichende Abdichtung auf das Erdreich unter dem Boden aufgetragen. „Als das Hauptschiff den Seitenschiffen höhenmäßig angeglichen wurde, wurde der vorhandene Lüftungsschlitz verschlossen. Er wurde anschließend nicht wieder hergestellt, was dringend hätte passieren müssen“, erläuterte Maasjost, der vom Gericht als Zeuge - und nicht als Sachverständiger - geladen wurde. Dazu muss man wissen, dass die Schützen ihren Hallenboden im Jahr 2018 erneuern ließen, um den Höhenunterschied in der Halle zu beseitigen und die dadurch fehlende Barrierefreiheit herzustellen.
„Ansonsten hätten wir schon viel früher Probleme bekommen und der Holzboden wäre durchgefault.“
Die beklagte Fachfirma, vertreten durch den Attendorner Rechtswalt Martin Kuschel, weist den Vorwurf einer mangelhaften Verlegung entschieden zurück. Die Firma habe sehr wohl Lüftungsschlitze gesetzt, und zwar an den äußeren Rändern des neuen Bodens (genau dort, wo Haupt- und Seitenschiffe der Halle aufeinandertreffen) und in gewissen Abständen auch in den Dielen selbst. Doch reichen diese Millimeter-kleinen Schlitze tatsächlich für eine funktionale Belüftung aus? Diese Frage, die Richter Dr. Mark Seibel in den Raum warf, muss der Professor aus Hannover nun klären. Aus Sicht von Heinz Tetampel, Parkettleger-Meister aus Arnsberg und ebenso vereidigter Sachverständiger, würden schon die Fugen links und rechts des Parkettbodens ausreichen: „Allein im Sauerland sind 16 Hallenböden nach diesem Muster verlegt worden, einige von mir selbst, und nirgends gab es Probleme“, erklärte der 79-Jährige, der für die beklagte Firma ein Privatgutachten geschrieben hatte. Die Belüftungs-Situation könne also nicht schadenursächlich sein.
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Die beklagte Seite wiederum vertritt die Auffassung, dass der Hausschwamm durch ein einmaliges Starkregen-Ereignis aus dem Jahr 2021 wachsen konnte: Demnach sei bei der Hochwasser-Katastrophe im Sommer vor drei Jahren der neben der Schützenhalle herlaufende Glingebach über die Ufer getreten und das Wasser aufgrund einer unzureichenden Außenwandabdichtung bzw. einer undichten Regenrinne in die Halle und unter den neuen Boden gelangt. Es sei also zu einer massiven Auffeuchtung des Bodens durch Wasser gekommen. Ein Szenario, dem wiederum die Schützen widersprechen. Zum einen, weil es an besagter Stelle in Rönkhausen gar keine Hochwasser-Lage gegeben habe. Und zum anderen - darauf verwies Sachverständiger Maasjost-, weil es bei einer Überflutung des lehmhaltigen Erdbodens Verschlammungen hätte geben müssen, „doch genau die hat es nicht gegeben.“
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Aus den genannten Gründen kommt auch Diplom-Ingenieur Ralf Helmig, der ebenso als Zeuge aussagte, weil er unter anderem für die Kostenermittlungen zuständig war, zu dem Schluss: Die fehlende Luftzufuhr sei Grund für den Hausschwamm. Helmig machte deutlich, dass es in der Vergangenheit nie Feuchtigkeits-Probleme mit den bereits in den 1940er-Jahren verlegten Buchenholzdielen gegeben habe. Die damals vorhandenen Lüftungsschlitze hätten immer funktioniert; und wenn die Halle beispielsweise nach größeren Veranstaltungen mit Wasser geschrubbt wurde, „konnte die Feuchtigkeit durch die Lüftung immer abtrocknen. Ansonsten hätten wir schon viel früher Probleme bekommen und der Holzboden wäre durchgefault“, betonte der Rönkhauser, selbst Mitglied im Schützenverein. Nun liegt es an Professor Dr. Andreas Trapp, den wahren Grund des Hausschwamms herauszufinden. So viel ist sicher: Es wird eine schwierige Aufgabe, denn der Sachverhalt könnte kaum komplexer sein.