Grevenbrück/Altenhundem. Nicht nur der Grünen-Politiker Dr. Gregor Kaiser sorgt sich um die Zukunft des Lennestädter Krankenhauses. Hebamme schildert dramatische Szenen.

Um ein Haar hätte die hochschwangere Frau ihr Baby verloren. „Doch wir haben das fast leblose Kind im letzten Moment noch retten können“, berichtet Hannah Mertens von dramatischen Szenen, die sich unlängst auf der Geburtenstation des St. Josefs-Hospitals in Altenhundem abgespielt hätten. Zum Glück habe es das Baby geschafft und es werde wohl bald die Kinderklinik verlassen können. „Doch ich bin mir sicher“, betont die junge Hebamme aus dem Lennestädter GFO-Krankenhaus, „bis nach Olpe hätte es die Mutter nicht mehr geschafft.“ An diesem praktischen Beispiel will Mertens verdeutlichen, was jungen Frauen aus Lennestadt und den umliegenden Dörfern in Zukunft blüht, wenn sie nicht mehr im St. Josefs-Hospital entbinden können. Bekanntlich schließt hier die Geburtenstation. Denn im schlimmsten Fall geht es um wenige Minuten, die über Leben und Tot entscheiden.

Über die Krankenhaus-Reform in NRW und die Zukunft des Lennestädter Krankenhauses sprachen im Kulturbahnhof Grevenbrück Dr. Gregor Kaiser, Grünen-Landtagsabgeordneter aus Oberelspe, und die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen im Landtag, Meral Thoms
Über die Krankenhaus-Reform in NRW und die Zukunft des Lennestädter Krankenhauses sprachen im Kulturbahnhof Grevenbrück Dr. Gregor Kaiser, Grünen-Landtagsabgeordneter aus Oberelspe, und die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen im Landtag, Meral Thoms © WP | Flemming Krause

Hannah Mertens gehört zu den rund 40 Zuhörern, die auf Einladung von Dr. Gregor Kaiser, Grünen-Landtagsabgeordneter aus Oberelspe, am Samstagmittag in den Kulturbahnhof nach Grevenbrück kommen und emotional diskutierten. Mit dabei ist die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen im Düsseldorfer Landtag, Meral Thoms aus dem Kreis Viersen. Es geht zwar auch um die Grundsätze der anstehenden Krankenhaus-Reform, um das Für und Wider, um die Spezialisierung von Krankenhäusern mit dem Ziel, Insolvenzen zu verhindern und den ruinösen Wettbewerb (Stichwort Fallpauschalen) abzustoßen, vor allem aber geht es den Zuhörern um „ihr“ Lennestädter Krankenhaus. Die junge Hebamme besorgt ist: „Wir sind so gut auf unserer Station, doch das Krankenhaus steht vor dem Ruin.“ Mit ihrer Meinung steht Mertens keineswegs allein da.

Noch viel größere Sorgen

Die Hoffnung auf einen Verbleib der Geburtenstation hat auch der Grünen-Politiker Dr. Gregor Kaiser aufgegeben. Die GFO als Trägerin der Häuser in Lennestadt und Olpe hatte im Sommer bekanntgegeben, dass sie sich von der defizitären Geburtenstation in Altenhundem trennen werde, auch, um die Station in Olpe mittelfristig zu retten. Ein Schritt, der von vielen Seiten kritisiert wird, zumal die Krankenhaus-Planung auf Landesebene eine Geburtenstation in Altenhundem erlaubt hätte. Kaiser macht am Samstag auf die weitreichenden Konsequenzen dieser Entscheidung aufmerksam, nämlich, dass Frauen aus Oedingen oder Kirchhundem mindestens 40 Minuten Fahrzeit bis in das nächste Krankenhaus bräuchten. Ein kaum zu ertragender Gedanke.

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Doch den Landtagsabgeordneten quält eine weitere, noch schlimmere Befürchtung. Nicht zuletzt durch die Kündigung der beiden Chefärzte der „Klinik für Innere Medizin“, Dr. Martin Asbach und Dr. Martin Bischopink (wir berichteten), habe eine Entwicklung eingesetzt, „die mir große Sorgen macht, dass wir in fünf Jahren in Lennestadt weder eine Grund- noch eine Notfallversorgung haben“ - der Grünen-Politiker stellt die grundsätzliche Zukunft des St.-Josefs-Hospitals in Frage. Und auch mit dieser Befürchtung ist er im Kulturbahnhof nicht allein.

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Eine besorgte Zuhörerin klagt: „Auch ich gebe unserem Krankenhaus keine fünf Jahre mehr. Wir haben hier weder eine gute Infrastruktur noch einen funktionierenden ÖPNV, was sollen ältere Menschen in Zukunft tun?“ Einmal in Rage, ergänzt sie: „Und zur Geburtenstation: Kinder sind unsere Zukunft, wenn wir genau an dieser Stelle sparen, welche jungen Familien ziehen dann noch zu uns aufs Land?“ Zumal es seit Jahren in Lennestadt keinen Kinderarzt mehr gibt. Und ohne Geburtenstation gebe es im Prinzip gar keine Hoffnung, dass sich an diesem Zustand etwas ändere.

„Ich nehme Ihren Frust und Ihre Empörung wahr“, sagt Meral Thoms, die genau zuhört und sich viele Notizen macht, „da hat sich etwas aufgestaut. Es gibt offenbar viele Baustellen bei Ihnen im Kreis Olpe.“ Eines sei auch für die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen klar: Dass werdende Mütter mehr als 40 Minuten bis zum nächstgelegenen Krankenhaus brauchen, sei inakzeptabel, „da braucht es Lösungen.“ Nur wie die aussehen, weiß heute niemand. Fakt ist: Die Geburtenstation im Lennestädter Krankenhaus ist schon bald Geschichte. Und vielleicht früher als gedacht das gesamte Krankenhaus. Dann würden sich Dr. Gregor Kaisers Befürchtungen bewahrheiten.