Attendorn. Bewohner und Angehörige vom Haus Mutter Anna bekommen die Pflegenot mit voller Wucht zu spüren. Was in dem Seniorenheim jetzt passiert.
Das Personal ist rar und völlig überlastet. Deutschlandweit herrscht ein eklatanter Pflegenotstand. Genau das bekommen in diesen Tagen Bewohner und Angehörige vom Haus Mutter Anna in Attendorn mit voller Wucht zu spüren: Das Caritas-Zentrum Attendorn als Betreiber des Seniorenhauses an der Friedensstraße hat in der vergangenen Woche den sogenannten Einrichtungsnotfall ausgerufen. Ein entsprechender Brief aus der vergangenen Woche an die Angehörigen liegt unserer Redaktion vor.
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Zentrumsleiter Uli Mertens erklärt in dem Schreiben, dass sich zuletzt der Krankenstand im Mitarbeiter-Team enorm erhöht habe – mit der Konsequenz, „dass wir personell in recht rascher Zeit an die Grenzen der Personalressourcen im Pflegebereich gestoßen sind.“ Zudem befinden sich einige Mitarbeiter derzeit im Urlaub. Nur mit größter Mühe und mit Hilfe der anderen Einrichtungen des Caritas-Zentrums Attendorn sei man noch in der Lage, die Dienstzeiten in der Pflege – sprich Früh-, Spät,- und Nachtschichten – zu besetzen, um das System aufrechtzuerhalten.
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Mertens schreibt: „Natürlich hoffen wir auf eine zeitnahe Entspannung dieser Krisensituation, können aber noch keine Prognose wagen, wann dieser Zustand eintritt. Sie ist abhängig davon, wie sich der aktuelle Krankenstand entwickelt, ob Arbeitsunfähigkeitszeiten verlängert werden oder auch weitere Krankmeldungen dazukommen können.“
Angespannte Lage auch bei der GFO
Fakt ist: Um die Versorgung der Bewohnerinnen und Bewohner in dieser Krisenlage überhaupt noch aufrecht halten zu können, muss die Caritas extrem priorisieren. Priorität besäßen nun vor allem die Durchführung aller relevanten Behandlungspflegen, die Grundpflege, eine Getränke- und Mahlzeitenversorgung, ein Mindestmaß an Mobilisation und Tagesstruktur sowie die Versorgung von Sterbenden. In dem Brief bittet der Träger nicht nur um Verständnis der Angehörigen, sondern auch um deren Mithilfe: „Sollten Sie uns, besonders in den nächsten Tagen, durch Besuche Ihrer Angehörigen (...) unterstützen können, wären wir Ihnen sehr dankbar.“
„Natürlich hoffen wir auf zeitnahe Entspannung dieser Krisensituation, können aber noch keine Prognose wagen, wann dieser Zustand eintritt.“
Vor ähnlichen Problemen steht auch die GFO, in deren Seniorenheimen viele Mitarbeiter krankheitsbedingt ausfallen. Auf Nachfrage teilt der katholische Träger mit, dass man auf bewährte interne Ausfallsysteme setze, um den personellen Engpässen entgegenzuwirken. „Mitarbeitende aus anderen Einrichtungen des Verbunds werden gebeten, kurzfristig einzuspringen, um die Versorgung der Bewohnerinnen und Bewohner sicherzustellen. In einigen Fällen greifen wir zusätzlich auf Fremddienstleister zurück, um unsere hohen Versorgungsstandards aufrechtzuerhalten“, erklärt Fachbereichsleiter Ronald Buchmann. Um dem generellen Fachkräftemangel in der Pflegebranche zu begegnen, setze die GFO auf mehrere Strategien. Dazu gehörten unter anderem die Gewinnung internationaler Fachkräfte und die Schaffung flexibler Arbeitszeitmodelle. Trotz der belastenden Situation halte die GFO die gesetzlich vorgeschriebenen Personalmindestmengen ein.
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Einen Einrichtungsnotfall musste Michael Korn, Geschäftsführer des privaten Betreibers WohnGut mit Häusern in Olpe, Saalhausen und Bad Honnef, noch nicht ausrufen. Aber natürlich weiß auch er um die insgesamt angespannte Personallage, die auch am WohnGut nicht vorbeigeht. „Generell ist es so, dass die Krankenstände in den Pflegeberufen deutlich höher ausfallen als beispielsweise im produzierenden Gewerbe“, sagt der Geschäftsführer. Immerhin: Im eigenen Unternehmen sei die Personallage aber „besser als der Marktdurchschnitt“, so Korn. Besonders heftig trifft es indes dieser Tage die Bewohner und Angehörigen vom Haus Mutter Anna in Attendorn. Dort klafft eine eklatante Personallücke.
Was ist die WTG-Behörde?
Über den aktuellen Krisenzustand im Haus Mutter Anna ist auch die Aufsichtsbehörde des Kreises Olpe, die sog. WTG-Behörde, informiert. Das Gesundheitsministerium des Landes definiert die Aufgabe dieser Behörde wie folgt: „Die Aufsicht über die Pflege- und Wohneinrichtungen ist in Nordrhein-Westfalen im Wohn- und Teilhabegesetz geregelt und fällt in erster Linie in den Aufgabenbereich der Kreise und kreisfreien Städte. Diese haben eigene Dienststellen eingerichtet, die regelmäßig oder bei Vorliegen besonderer Umstände sämtliche Einrichtungen besuchen, um dort die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben zu kontrollieren. Das Ministerium koordiniert gemeinsam mit den Bezirksregierungen diese Arbeit und kann im Einzelfall konkrete Vorgaben machen, wie die Behörden vor Ort ihre Aufgaben wahrnehmen sollen. Das Wohn- und Teilhabegesetz (WTG) und seine Durchführungsverordnung regeln die ordnungsrechtlichen Standards sowohl für Angebote zur Pflege und Betreuung älterer Menschen als auch für Menschen mit Behinderungen.“ Dabei geht es unter anderem um Mindeststandards bei der personellen Ausstattung.