Olpe. Stadtbrandmeister Christian Hengstebeck wagt einen Blick in die Zukunft: Wie wohl die „Generation Z“ in die Wehr integriert werden kann?
Sie gehört zur Stadt Olpe so wie Pannenklöpper und Schützenverein: die Feuerwehr. Weit präsenter als in vielen anderen Kommunen, bilden die Blauröcke in der Kreisstadt einen wichtigen Teil des öffentlichen Lebens, und zwar sowohl in ihrer Funktion als Retter und Helfer als auch durch ihr öffentliches Aushängeschild, den Musikzug. Doch das ist kein Automatismus, das wurde deutlich, als am Montag der Chef der Wehr, Stadtbrandmeister Christian Hengstebeck, seinen Jahresbericht vor dem Haupt- und Finanzausschuss präsentierte.
„Es ist einiges passiert und gemacht worden“, leitete er seine Ausführungen ein und kündigte an, außer der Rückschau vor allem einen Ausblick auf die Herausforderungen der Zukunft zu werfen. Mit der Verlängerung der Ausnahmegenehmigung, die die Stadt für weitere drei Jahre von der Einrichtung einer hauptamtlichen Wache befreit, sei dazu ein ganz wichtiger Schritt gegangen worden. Möglich gemacht habe dies vor allem die Inbetriebnahme des zusätzlichen Standorts, der „Nebenwache“ am Biggeufer nahe der Kreuzkapelle, die die Ausrückzeit insbesondere in Richtung Süden wesentlich verbessert habe.
Auch interessant
„Die größte Herausforderung, die vor uns liegt, wird die Integration der ,Generation Z‘“, so Hengstebeck. Denn insbesondere eine freiwillige Feuerwehr müsse dafür sorgen, dass die ehrenamtlich tätigen Kräfte zufrieden seien und wüssten, dass sie gebraucht werden. Dabei gebe es zum Glück für die Wehr beim Nachwuchs keinen Mangel: „Sie sind fertig ausgebildet, hatten aber noch kein Feuer um die Nase. Man muss sie ab und zu auf die Spur bringen und einbremsen. Dabei hilft enorm, dass wir ganz viele junge motivierte Ausbilder haben.“ Doch ein großes Problem für die Feuerwehr liege darin, dass immer öfter, etwa für die Beseitigung von Ölspuren und ähnlichen Situationen, die Feuerwehr als „Servicedienstleister“ angefordert werde.
Auch interessant
Die Wehrleitung habe daher die Frage gestellt: „Wie sieht die freiwillige Feuerwehr der Zukunft aus?“ Viele Leiter von Feuerwehren stellten mittlerweile das System „Freiwillige Feuerwehr“ insgesamt in Frage, weil es immer öfter am Limit laufe. Auch Wehren in der Region klagten inzwischen über eine „echte Herausforderung“ durch akuten Mangel an Einsatzkräften, insbesondere aber sei es das Problem von Einsätzen, die immer öfter aus „Bagatellgeschichten“ entstünden. „Da werden Leute vom Arbeitsplatz geholt und zwei 16-Tonner fahren durch die Stadt, um längst eingetrocknete Verunreinigungen von einem Bürgersteig zu kratzen, weil irgendwer glaubt, eine Ölspur entdeckt zu haben.“
Auch interessant
Ein massives Problem sei auch die automatische Auslösung von Einsätzen durch sogenannte „E-Calls“. Hierbei senden sogenannte „Smartwatches“ oder spezielle Module neuerer Fahrzeuge Unfälle an die Notrufnummern, wenn deren eingebaute Erschütterungssensoren eine bestimmte Intensität von Bewegung melden. Konkretes Beispiel: Die Rettungsleitstelle habe kürzlich einen Unfall via „E-Call“ gemeldet bekommen mit drei eingeklemmten Fahrzeuginsassen in der Nähe der ehemaligen Olper Post, „und das zu einer Zeit, wo die Stadt dicht war. Da weiß der Fachmann, dass zu dieser Zeit so ein Unfall da kaum möglich ist.“ Was war? Bei einem einfachen Auffahrunfall hatten gleich drei Smart-Watches via „E-Call“ ausgelöst und drei Personen als eingeklemmt gemeldet, „die waren aber längst ausgestiegen, als wir dann mit dem großen Besteck vorfuhren.“ Wenn sich solche Meldungen häuften, „dann kommen irgendwann unsere Leute nicht mehr, wenn sie das lesen: E-Call und eingeklemmt“.
Eine Umfrage unter den Aktiven habe allerdings ergeben, dass über 80 Prozent der Rückläufe der Olper Wehr die Noten 1 oder 2 gäben. Dennoch gelte es, am Thema dranzubleiben und dafür zu sorgen, dass die Feuerwehrleute auch weiterhin gern und zahlreich zum Dienst erschienen, und eine Voraussetzung dafür sei, besagte Bagatellfälle stärker auszufiltern. Dabei sei das Thema Überlastung bislang kein Thema.
Auch interessant
Denn die Feuerwehr, das steht für Hengstebeck fest, wird in Zukunft eher häufiger als bisher gebrauch werden: „Das Thema Großschadensereignisse wird uns in jedem Fall erreichen, auch wenn es bisher um uns einen Bogen geschlagen hat.“ Die Wehr plane verbesserte Einsatzmöglichkeiten durch die Einrichtung eines Führungsraums im Haus der Feuerwehr, auch stehe noch eine Vereinbarung mit der Stadt Kreuztal aus, „es sind zwar nur wenige Fälle im Jahr, aber da könnten sie uns im Raum Altenkleusheim unterstützen“, ähnlich wie die Gerlinger Wehr, die bei Einsätzen mit Menschenleben in Gefahr im Raum Saßmicke/Dahl/Friedrichsthal stets mitalarmiert wird. Hier allerdings hat sich die neue Nebenwache schon rentiert. Hengstebeck: „Kürzlich gab es eine Brandmeldung in Dahl, und wir waren erstmals vor den Gerlingern da.“
- Verlorenes Handy löst Alarm aus
- Feuerwehrleute sind „hochmotiviert“
- Gefahrenabwehrzentrum dient auch der Feuerwehr
Aus dem Ausschuss gab es zunächst langen Applaus für Hengstebeck und seine Wehr – und dann einige Fragen. Warum denn die Feuerwehr überhaupt zu Ölspuren ausrücken müsse; dafür gebe es doch Fachfirmen, wunderte sich ein Ausschussmitglied. Hengstebeck erklärte, diese Frage sei in der Tat umstritten, doch habe der Landesgesetzgeber Ölspuren zu „Unglücksfällen“ erklärt, und für diese seien die Feuerwehren eben zuständig.