Herdecke. Ähnlich wie das Internetlexikon Wikipedia sammelt Jurist Michael Füllkrug in seiner Heimatstadt Hinweise über bekannte Leute, die gestorben sind.
Olympiasieger, hohe Gewerkschaftsfunktionäre, prägende Persönlichkeiten: In Herdecke haben einige Menschen mit einer spannenden Biografie gelebt. Natürlich ist das auch aktuell der Fall, doch Dr. Michael Füllkrug interessiert sich hinsichtlich einer Datenbank nur für Verstorbene, die einen tiefer gehenden Bezug zur hiesigen Kleinstadt hatten. Genau 501 Namen befinden sich bereits in einer Liste auf seinem Computer. Der 70-Jährige arbeitet an weiteren Einträgen und hofft, dass sich Nachfahren bei ihm melden und weitere Auskünfte zu bemerkenswerten Personen liefern.
Viel Hilfe vom Stadtarchivar
Das Ziel von Michael Füllkrug: eine umfassende Chronik von verstorbenen Herdecker Bürgerinnen und Bürgern mit einem gewissen Bekanntheitsgrad erstellen. Zumal es hier nichts Vergleichbares gibt. Große Unterstützung hat der langjährige Jurist von Stadtarchivar Oliver Rost erhalten, der dank „personengeschichtlicher Ressourcen“ viele Daten ermittelt und zur Verfügung gestellt hat. All das soll nicht im stillen Kämmerlein verbleiben. Auch der Heimat- und Verkehrsverein will dieses Projekt weiter voran treiben, Interessierte können bereits die Liste im Heimatpunkt an der Hauptstraße 58 einsehen. Dort in der Fußgängerzone steht diesbezüglich auch eine Füllkrug-Textsammlung mit mehr als einem Dutzend Biografien für drei Euro bereit.
„Ich sammle Daten und will Fakten neutral darstellen. Die Leser sollen das dann selbst bewerten.“
35 Jahre lang hat der frühere Oberstaatsanwalt als Jurist gearbeitet, der amtierende Vorsitzende von Haus & Grund für Herdecke und Ende lebt seit 1956 hier. Beide Aspekte bieten Vorteile. Einerseits weiß der Hobby-Ahnenforscher, dass jemand mit „einem berechtigten Interesse“ 30 Jahre nach dem Tod eines Menschen Einsicht in dazugehörige Unterlagen bei Ämtern erhalten kann, auch über Persönlichkeitsrechte weiß Michael Füllkrug Bescheid. Somit kann das Herdecker Urgestein dank seines lokalen Wissens andererseits auch viele Querverbindungen und Zusammenhänge ermitteln. Wer es in bunter Sprache formuliert haben möchte: Hier ist eine Art Daten-Detektiv als Fleisch gewordenes Wikipedia am Werk.
Sterberegister durchgearbeitet
Gutes Stichwort, denn an dieses Internet-Lexikon hat der Pensionär ebenfalls manche Informationen geschickt. „Die haben mich gefragt, ob ich nicht dauerhaft mitarbeiten will. Das habe ich abgelehnt, mein Name soll da als Autor nicht auftauchen“, so Füllkrug, der ohnehin sein Anliegen und nicht sich selbst in den Vordergrund rücken will. Dafür hat er beispielsweise wochenlang das Sterberegister der Stadt Herdecke von 1945 bis 1993 durchgearbeitet. Über die Recherche hat er neue und teils überraschende Einsichten gewonnen. „Ich kann mittlerweile einige Verbindungen zwischen Personen herstellen, von denen nur wenige, und das sind meist Nachfahren, wisssen dürften.“
Computerprogramm Access
Die Idee zur Sammlung von Geburts- und Sterbedaten sowie Biografien kam auch durch das Erlernen des Computerprogramms Access auf. Vor rund einem Jahr begann Füllkrug, diese Tabellensystematik mit Inhalten zu füllen. Leben und Tod, Notizen und Anmerkungen sowie teils längere Texte gehören dazu. Zu Herdeckes erstem Olympiasieger, Meinrad „Auto“ Miltenberger (1993 hier verstorben) vom heimischen Kanu-Club hat er beispielsweise auch dessen Familienangehörige befragt. „Grundsätzlich lässt sich manches durch Todesanzeigen herausfinden, außerdem spreche ich gelegentlich Nachfahren an und recherchiere im Internet“, erklärt der 70-Jährige.
Hinweise und Kontakt
Dr. Michael Füllkrug sammelt Daten von Herdecker Persönlichkeiten, die sich in der Politik, Wirtschaft, Kultur, im Sport oder gesellschaftlich hervorgetan haben.
Wer Informationen zu solchen Verstorbenen hat und diese an den langjährigen Juristen weitergeben möchte, kann ihm eine Mail schreiben, entweder an chroniken@heimatverein-herdecke.de oder persönlich (fuellkrug@t-online.de).
Füllkrug nennt stets seine Quellen, transparent will er Fakten präsentieren. „Die Leser sollen das dann selbstständig bewerten, ich will neutrale Biografien verfassen.“ Karteikarten von Parteien liegen ihm vor, auch welche aus der Nazi-Zeit. 800 Namen stehen auf einer Liste aus Juni 1945, „wobei die meisten Mitläufer gewesen sein dürften. In der Hinsicht muss man vorsichtig sein, was Rückschlüsse angeht.“ Informationen zu vielen SPD-Mitgliedern könne er ebenso liefern wie Daten von verstorbenen CDU-Lokalpolitikern. Auch Feuerwehr-Jahrbücher befinden sich auf seinem Schreibtisch. Biografien hat er unter anderem über Albert Vögler, Gerd Topp oder Hugo Knauer erstellt, teils mit Fotos.
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„Ich bekomme laufend neue Informationen und bin gut beschäfigt, diese Arbeit macht mir Spaß. Wobei sich manchmal auch zeigt, dass Zahlen nicht stimmen können.“ Gelegentlich landet der langjährige Jurist auch in einer Sackgasse, über Herdeckes früheren Feuerwehrchef Karl Pötter hat er beispielsweise fast nichts herausgefunden und hofft daher auf Hinweise. Mitunter muss Füllkrug auch tiefer bohren. Vor allem dann, wenn eine Herdecker Persönlichkeit nicht exakt hier verstorben ist. „Die Sterbeurkunde wird an jenem Ort erstellt, wo der Tod eingetreten ist. Und das örtliche Amt meldet dies nicht immer der Kommune, wo die Person geboren wurde.“ Beispiel dazu: Walter Freitag. Der bekannte Gewerkschaftsfunktionär des DGB und der IG Metall, ist laut Internetangaben 1958 in Herdecke gestorben. „Das stimmt nicht, die Sterbeurkunde wurde woanders ausgestellt. Richtig ist, dass er hier begraben ist“, so Füllkrug.