Hagen. Ein Schüler plündert am Ricarda-Huch-Gymnasium in Hagen die Abi-Kasse. Jetzt muss er sich vor Gericht verantworten.

Dieser Schüler war so etwas wie das Aushängeschild des Ricarda-Huch-Gymnasiums. Er galt als sozial engagiert, wurde allseits wertgeschätzt und sogar von der Stadt Hagen ausgezeichnet. Deshalb hätte ihm niemand diese Tat zugetraut. Doch als der Abiball 2023 bevorstand, fehlten auf dem Girokonto, das er treuhänderisch verwalten sollte, gut 7500 Euro. Der damals 19-Jährige hatte dreist und immer wieder in die Abi-Kasse gegriffen.

„Sie sind doch ein intelligenter junger Mann, vernunftbegabt und wortgewandt. Wie kommen Sie auf so eine Idee?“

Andreas Dittert
Richter am Jugendschöffengericht

Jetzt war der einstige Vorzeigeschüler vor dem Jugendschöffengericht angeklagt: Untreue in 58 Fällen lautete der Vorwurf, den er über seinen Verteidiger ohne Umschweife einräumte. Vom Konto des Abi-Komitees, auf das die 64 Mitschülerinnen und Mitschüler vierteljährlich 35 Euro einzahlten, um ihren glanzvollen Abiball finanzieren zu können, hatte er regelmäßig Geld für private Zwecke abgehoben. Er bezahlte damit Tankrechnungen, Shoppingtouren, Restaurantbesuche und sogar einen Urlaub in der Türkei.  

Vertrauenslehrerin enttäuscht

Richter Andreas Dittert wunderte sich: „Sie sind doch ein intelligenter junger Mann, vernunftbegabt und wortgewandt. Wie kommen Sie auf so eine Idee?“

„Mein Mandant ist jemand, der nach Anerkennung lechzt. Und dann wird aus Anerkennung Ablehnung und blanker Hass.“

Dominik Weiß
Verteidiger
WP Lokalbild Hagen
Ein Schüler hat am Ricarda-Huch-Gymnasium in Hagen die Abi-Kasse geplündert. Jetzt ist er vom Jugendschöffengericht verurteilt worden. © Alex Talash | Alex Talash

Dem wortgewandten Angeklagten fehlten da die Worte. Verteidiger Dominik Weiß sprang für ihn ein: Am Anfang hätte er noch geglaubt, dass das nicht auffällt und er alles rechtzeitig aus eigener Tasche zurückzahlen könne. Doch innerhalb von zehn Monaten sei es immer mehr Geld geworden. Bis schließlich das Kartenhaus zusammenbrach und er vor dem Abi-Finanzausschuss alles beichten musste. Auch die Schulleiterin und die Vertrauenslehrerin wären von dem Verhalten seines Mandanten sehr enttäuscht gewesen. 

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Sorge um den Ruf der Schule

Zunächst habe man die ganze Sache „intern regeln“ wollen, auch um den Ruf der Schule nicht zu gefährden. Doch dann sickerte die Veruntreuung nach außen durch, in den sozialen Medien sei ein regelrechter „Tumult“ ausgebrochen, als der Vorfall öffentlich wurde. Schließlich hatten Mitschüler bei der Polizei Anzeige erstattet, die wiederum nahm die Ermittlungen gegen den damals 19-Jährigen auf: „Mein Mandant ist jemand, der nach Anerkennung lechzt. Und dann wird aus Anerkennung Ablehnung und blanker Hass“, so der Verteidiger. Wegen des großen Drucks von außen hätte er dann auch nicht mehr das Abitur bestanden.   

„Es wurde kein Glas Sekt weniger getrunken.“

Dominik Weiß
Verteidiger

Der heute 21-Jährige studiert jetzt Gesundheitsmanagement an einer Fachhochschule und ist nach Einschätzung der Jugendgerichtshilfe „auf dem Weg in eine gute Zukunft“. Das Gericht erkannte auf die Anwendung des Jugendstrafrechts und hielt eine Geldstrafe von 900 Euro, zahlbar in sechs Raten, für angemessen und ausreichend.

Eltern gleichen Schaden aus

Der entstandene Schaden wurde von den Eltern des Angeklagten umgehend ausgeglichen und erstattet, sodass der Abiball 2023 wie geplant stattfinden konnte. „Es wurde kein Glas Sekt weniger getrunken“, frohlockte Verteidiger Weiß.

Sein Mandant kann dazu auch nichts sagen. Er ist der festlichen Veranstaltung ferngeblieben.