Hagen-Hengstey. Ein Bürger-Antrag aus Hagen an den Petitionsausschuss könnte die Fällung des Baumes am Ufer des Hengsteysees zumindest um ein Jahr verzögern.

Die politische Beschlusslage ist eindeutig: Die etwa 110 Jahre alte Roteiche am Ufer des Hengsteysees, die für die Erweiterung des Ruhrtalradweges weichen muss, soll in diesem Winter zu einem Opfer der Kettensäge werden. Denn das Bundesnaturschutzgesetz lässt zwischen dem 1. Oktober und dem 28. Februar Baumfällungen dieser Größenordnung ausdrücklich zu. Dennoch scheint das letzte Wort noch nicht gesprochen: Denn beim Petitionsausschuss des Landtags ist eine Eingabe aus Hagen eingetroffen, die das Ziel hat, den Premiumrad-/Fußweg zu realisieren und den Baum dennoch zu bewahren.

M. Kleinrensing WP Hagen Politik
Rüdiger Ludwig (Grüne) ist zwar Vorsitzender des Hagener Umweltausschusses, doch den Petitionsausschuss des Düsseldorfer Landtags hat er als Bürger kontaktiert. © WP | Michael Kleinrensing

Geistiger Vater dieses Vorstoßes ist Rüdiger Ludwig. Der Volmetaler ist seit Jahren in Hagen als Politiker der Grünen unterwegs und derzeit Vorsitzender des Umweltausschusses. An dieser Stelle tritt er jedoch als ganz normaler Bürger der Stadt auf: „Ich will gar nicht nachtreten, nur weil das Thema politisch ausgereizt ist. Aber ich bin eben auch Privatmensch und möchte die Stadt wieder auf die Spur bringen“, verweist der 70-Jährige zugleich auf die mehr als 26.000 Unterschriften, die von engagierten Menschen für den Erhalt des Baumes bereits gesammelt wurden. „Nach der Fällaktion-Aktion am Hohenhof ist dieser Baum einfach zu einem weiteren Symbol dafür geworden, der Verwaltung in Erinnerung zu rufen, dass sie auch für die Bürgerinteressen da ist.“

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Dem Bürgerwillen eine Chance

Ludwig möchte sich einfach nicht damit abfinden, dass es am Ende das formalistische, enge Korsett der Förderrichtlinie sein soll, das den Erhalt des stattlichen Gehölzes mit einem Stammumfang von 2,75 Metern verhindert: „Ich glaube einfach, dass die Planungsverwaltung im Hagener Rathaus von Beginn an einfach andere Vorstellungen hatte“, möchte der Petent dem Bürgerwillen über den Düsseldorfer Umweg doch noch eine Chance verschaffen. „Schließlich gibt es an anderen Hotspot-Stellen des Ruhrtalradweges genügend andere Beispiele, bei denen das Entzerren von Fußgängern und Radfahrern ebenfalls ohne größere Verwerfungen gelungen ist.“

„Nach der Fällaktion-Aktion am Hohenhof ist dieser Baum einfach zu einem weiteren Symbol dafür geworden, der Verwaltung in Erinnerung zu rufen, dass sie auch für die Bürgerinteressen da ist.“

Rüdiger Ludwig
Bürger aus dem Volmetal

Entsprechend formuliert der Antragsteller gegenüber dem Petitionsausschuss unmissverständlich: „Ich bitte zu prüfen, ob die Förderregelungen es in der Tat verbieten, dass der Baum erhalten bleibt und dass es im Sinne der Förderregelungen nicht möglich sein kann, den Radfahrern das Absteigen und Schieben des Rades auf einer Strecke von 10 Metern zuzumuten, ohne die Förderfähigkeit des kombinierten Fuß- und Radweges in Frage zu stellen.“

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Zahlreiche Bürger engagieren sich leidenschaftlich für den Erhalt des Baumes und sammeln Protestunterschriften. © privat | Horst Fichtel

Zuletzt hatte die Stadt immer wieder deutlich gemacht, dass der Baum bereits einen erheblichen Totholzanteil habe und von Pilzen durchsetzt sei. Dies hätten Sonaruntersuchungen und weitere Prüfungen durch städtische Baumspezialisten ergeben. Zudem liefen für den Bau einer dann erforderlichen Wurzelbrücke sowie die Umfahrung der Roteiche Mehrkosten in Höhe von etwa 216.000 Euro auf. Für Ludwig ein künstlich hochgerechneter Betrag. Darüber hinaus, so die Warnung der Fachverwaltung, gebe es seitens der Bezirksregierung im Falle einer Neuplanung kein klares Signal, ob das Gesamtprojekt tatsächlich noch förderfähig bleibe. Zurzeit gibt es bereits grünes Licht und die entsprechende Förderzusage, den ersten Bauabschnitt des Ruhrtalradweges zwischen dem Laufwasserkraftwerk und dem bereits geräumten DLRG-Gelände auf Kosten des stattlichen Baumes umsetzen zu dürfen.

„Es kann gegebenenfalls mehrere Monate dauern, bis Ihr Anliegen vom Petitionsausschuss beraten wird.“

Serdar Yüksel
Vorsitzender des Petitionsausschusses im Düsseldorfer Landtag

Klare Signale aus Düsseldorf

Zumindest hat die Petition, deren Eingabe der Ausschussvorsitzende Serdar Yüksel bereits schriftlich bestätigt hat, jetzt eine aufschiebende Wirkung: „Es kann gegebenenfalls mehrere Monate dauern, bis Ihr Anliegen vom Petitionsausschuss beraten wird“, lautet sein Signal an Rüdiger Ludwig. Entsprechend hat das Petitionsamt sich bereits im Hagener Rathaus gemeldet, um davor zu warnen, mithilfe Holzfällerarbeiten einer zu einem späteren Zeitpunkt anstehenden Entscheidung des Ausschusses zuvorzukommen. Parallel dazu hat nach Informationen der Stadtredaktion das NRW-Wirtschaftsministerium ebenfalls im Hagener Rathaus bis Ende Dezember um eine Stellungnahme zur Causa „Roteiche“ gebeten.

Die Roteiche am Hengsteysee; Seepark; Südufer Hengsteysee
Die Roteiche am Hengsteysee ist nicht bloß ein Hindernis für den geplanten Ausbau des Ruhrtalradweges, sondern längst ein Politikum: Viele Bürger fühlen sich hier mit ihren Interessen übergangen. © Alex Talash | Alex Talash

Damit scheint sicher, dass allein schon aus Respekt vor dem Landesparlament der prominente Baum bis auf Weiteres von der Axt verschont bleibt. Zumal der Petitionsausschuss in solchen Fällen dazu neigt, im Rahmen eines Ortstermins den Fall zu bewerten, wobei dazu auch Vertreter der federführenden Ministerien, der Bezirksregierung sowie der Stadtverwaltung mit fundierten Stellungnahmen zu Wort kommen. Hier die zusammengetrommelten Experten sich vor einem verbliebenen Stumpf versammeln zu lassen, käme einem Affront gleich. Der gesamte Prozess könnte sich bei realistischer Betrachtung durchaus bis ins erste Drittel des neuen Jahres hinziehen. Und da bereits zum 1. März die neue Vegetationsperiode beginnt, dürfte damit eine mögliche Fällaktion sich vermutlich bis in den Herbst des kommenden Jahres hinziehen.

 
Parallel dazu prüft nach Recherchen der Stadtredaktion zurzeit die Bürgerbewegung, die die Fällung der Roteiche verhindern möchte, zugleich ein offizielles Bürgerbegehren auf den Weg zu bringen, um die Abholzung zu stoppen. Doch zunächst plant die Gruppe, einen Roteichen-Erinnerungsspaziergang zu organisieren. Er soll am 31. Oktober vom Laufwasserkraftwerk zu dem Radweg-Engpass am See führen. Dass parallel dazu auch der letzte Steg-Abschnitt am Beach-Club im Beisein der lokalen Prominenz offiziell eingeweiht werden soll, dürfte kein Zufall sein.