Hagen. Reiche Ingenieure in Hagen-Boele wollte eigentlich noch keinen Bauzeichner-Azubi einstellen. Dann kam Enes Aslan vorbei. Glück für beide Seiten:

Mal eine positive Nachricht. . . „Ich sehe es ja in der Berufsschule. Manche meiner Kollegen haben nach dem ersten Lehrjahr noch keinen Strich gezogen, während ich hier beinahe seit dem ersten Tag voll mitarbeiten darf“, sagt Enes Aslan. Mit „hier“ spielt der junge Mann auf seinen Ausbildungsbetrieb Reiche Ingenieure in Hagen-Boele an.

Familienbetrieb bildet zum ersten Mal aus

Die langjährigen Experten für Bauphysik und Tragwerkplanung ermöglichen dem 26-Jährigen, bei ihnen die Ausbilung zum Bauzeichner zu machen. Der Familienbetrieb bildet zum ersten Mal aus, „und wir werden auch künftig weiter junge Leute bei uns ausbilden. Wir sehen ja, wie gut es mit Enes Aslan läuft“, lobt Hendrik Reiche. Die Firma werde sich räumlich vergrößern, „und wir wachsen dann mit den Azubis“.

Arbeiten im Team gut zusammen (von links): Michael Reiche, Hendrik Reiche und  Azubi Enes Aslan.   
Arbeiten im Team gut zusammen (von links): Michael Reiche, Hendrik Reiche und Azubi Enes Aslan.    © WP | Yvonne Hinz

Beide Seiten im Sinkflug

Reiche Ingenieure ist eine von 50 Firmen in Hagen und der Region, sprich, im Bezirk der Südwestfälischen Industrie- und Handelskammer (SIHK), die im vergangenen Jahr jungen Leuten zum ersten Mal eine duale Ausbildung ermöglicht haben. „Für beide Seiten ein Gewinn“, unterstreicht Thomas Haensel, SIHK-Geschäftsbereichsleiter „Menschen bilden“, denn: „Beide Seiten sind im Sinkflug. Betriebe, die ausbilden, werden immer weniger. Und auch der Anteil junger Leute, die eine Ausbildung machen möchten, nimmt stetig ab.“

Für den Hagener Newsletter anmelden - und mit etwas Glück gewinnen

Melden Sie sich jetzt für den Hagener Newsletter an - und gewinnen Sie mit etwas Glück eine von fünf Ruhrtop-Cards. Achtung: Das Gewinnspiel läuft nur für kurze Zeit. Jetzt teilnehmen Mit dem Hagener Newsletter erhalten Sie jeden Tag um 19 Uhr die wichtigsten Nachrichten aus Ihrer Stadt in Ihrem Postfach.

Jugendliche wollen sofort studieren

So könnten sich derzeit weniger als 27 Prozent der Jugendlichen, die die Schule verlassen, vorstellen, eine Ausbildung zu starten, „viel zu viele wollen sofort mit einem Studium loslegen, dabei bringt meiner Meinung nach eine gute Ausbildung plus Weiterbildung genau so viel wie ein Studium“, ergänzt Haensel.

Enes Aslan fühlt sich im Familienbetrieb Reiche Ingenieure in Hagen-Boele wohl.
Enes Aslan fühlt sich im Familienbetrieb Reiche Ingenieure in Hagen-Boele wohl. © WP | Yvonne Hinz

Weitere spannende Themen aus Hagen und Breckerfeld

Und Enes Aslan? Der verfolgt die Devise „Step by step“. Seine Bauzeichner-Lehre bei Reiche möchte der 26-Jährige von drei auf zwei Jahre verkürzen, um dann ein Studium im Bereich Bauingenieurwesen anzuschließen. „Ich brenne schon jetzt für die Fachhochschule in Bochum“, sagt Enes Aslan euphorisch, „doch erstmal ziehe ich hier meine Ausbildung durch und hoffe dann, dass ich auch während des Studiums bei Reiche in Teilzeit beschäftigt werde“.

Chefs sind ähnlichen Weg gegangen

Apropos Familienbetrieb: Vater Michael Reiche und Sohn Hendrik Reiche können die Pläne ihres Azubis gut nachvollziehen - beide Chefs sind einen ähnlichen Weg gegangen und haben vor dem eigentlichen Studium eine Lehre gemacht. Einen akademischen Weg einschlagen zu wollen, verstehen sie, wobei Michael Reiche auch unterstreicht: „Nach Abschluss seiner Lehre hat Enes eine Top-Ausbildung zum Bauzeichner in der Tasche. Darauf kann er auch ohne Studium aufbauen.“

Fachabi am Rahel-Varnhagen-Kolleg gemacht

Vorerst genießt es Enes Aslan aber sowieso, im Betrieb „von der Pike auf“ ganz viel zu lernen. „Alles rund um den Bereich Bau fand ich schon immer spannend. Nach der Schule hab‘ ich mich mit einem Fachhandel für Reinigungsprodukte selbstständig gemacht. Mein Vater und mein Bruder arbeiten in einer ähnlichen Branche - im Bereich Gebäudereinigung. Ich hab‘ aber irgendwann gedacht ,Da muss noch was anderes kommen‘“, blickt der gebürtige Hagener mit türkischen Wurzeln zurück.

Also hat er am Rahel-Varnhagen-Kolleg sein Fachabi gemacht, und danach 100 Bewerbungen geschrieben und 20 Bewerbungsgespräche geführt. Initiativ habe er sich dann bei Reiche in Boele gemeldet, man habe sich kennengelernt, und es habe gepasst - der Ausbildungsvertrag wurde unterzeichnet.

Wurde als Betrieb, der zum ersten Mal ausbildet, ausgezeichnet: Reiche Ingenieure in der Steinhausstraße 34 in Hagen-Boele. Im Foto zu sehen (von links):Thomas Haensel, SIHK-Geschäftsbereichsleiter,  
Azubi Enes Aslan, Michael Reiche,  Hendrik Reiche und SIHK-Ausbildungsberater Jens Meyer. 
Wurde als Betrieb, der zum ersten Mal ausbildet, ausgezeichnet: Reiche Ingenieure in der Steinhausstraße 34 in Hagen-Boele. Im Foto zu sehen (von links):Thomas Haensel, SIHK-Geschäftsbereichsleiter,   Azubi Enes Aslan, Michael Reiche, Hendrik Reiche und SIHK-Ausbildungsberater Jens Meyer.  © WP | Yvonne Hinz

SIHK tritt als Vermittler auf

Die SIHK unterstützt Firmen, vermutlich geeignete Bewerberinnen und Bewerber noch in diesem Jahr mit den suchenden Unternehmen zusammenzubringen (sihk.de/passgenau).

Kürzlich wurden 1500 aktive Ausbildungsbetriebe im Rahmen des Lehrstellen-Endspurts angeschrieben, ihre noch unbesetzten Ausbildungsstellen für 2024 zu melden, um noch eine erfolgreiche Vermittlung zu erreichen (sihk.de/ausbildungsplatzmelden).

Ansprechpartner für Unternehmen, die zum ersten Mal ausbilden wollen, sind die Ausbildungsberaterinnen und -berater der SIHK, die die Betriebe dabei gern unterstützen (sihk.de/ausbildungsberatung).

Zuverlässig und verantwortungsbewusst

„Mit 26 Jahren ist Enes Aslan ein gestandener Mann, wir mussten ihn nicht erst erziehen“, unterstreicht Michael Reiche, und Hendrik Reiche ergänzt: „Er ist zuverlässig und übernimmt Verantwortung. Einen jüngeren Azubi müsste man vermutlich mehr an die Hand nehmen, wobei man dafür natürlich Verständnis aufbringen müsste.“

Enes Aslan lächelt ein wenig verlegen, „danke, danke. Es ist aber auch gut zu wissen, dass ich technische Fragen, die ich oft habe, vom Team verständlich, aber fachlich versiert, beantwortet bekomme“.

Großprojekt in Bochum

An welchem Projekt der 26-Jährige derzeit mitbeteiligt ist? „An einem großen Baugebiet mit 50 Wohneinheiten in Bochum. Nach der Planung für ein Vierfamilienhaus geht‘s jetzt an die Tiefgaragenplanung. Es macht Spaß zu sehen, wie peu à peu alles wächst.“