Hagen. Mehr als 5000 Menschen suchen Rat bei der Verbraucherzentrale in Hagen. Bei vielen geht es um hohe Energiekosten und finanzielle Schwierigkeiten:
Die finanzielle Lage vieler Hagener spitzt sich offenbar weiter zu, „gerade mit Blick darauf, dass viele schneller in Zahlungsschwierigkeiten geraten, weil sie durch Preissteigerungen in Summe einfach weniger Rücklagen haben“, sagt Janine Pühl, Leiterin der Verbraucherzentrale in Hagen. 5099 Mal wendeten sich Verbraucher im vergangenen Jahr an die Beratungsstelle. In 41 Prozent, also gut der Hälfte der Fälle, ging es dabei um Anfragen aus dem Bereich „Energie“.
Heizkostenabrechnung, Nachzahlungen, höhere Abschläge, Energiesperren, Preissteigerungen trotz staatlicher Entlastungen: „Corona und der Ukraine-Krieg haben weiterhin ihre Auswirkungen, das haben wir spürbar gemerkt - viele sind auch im vergangenen Jahr noch mit hohen Nachzahlungen konfrontiert gewesen. Man kann die Menschen gut verstehen, die da den Durchblick verlieren“, sagt Janine Pühl.
„Corona und der Ukraine-Krieg haben weiterhin ihre Auswirkungen - viele sind auch im vergangenen Jahr noch mit hohen Nachzahlungen konfrontiert gewesen. “
1849 Rechtsberatungen - viele mit Erfolg
Auch für die Beraterinnen sei es teilweise eine Herausforderung gewesen, sich in den Vertragswerken und Schreiben der Energieversorger zurechtzufinden. Denn jeder Energieversorger sei anders mit dem Thema umgegangen, die Rechnungen teils kompliziert zu durchschauen.
„Bei einem Rentner wurde der Abschlag um das Vierfache erhöht, sein Konto war wenige Monate später quasi leergeräumt.“
So baten Ratsuchende in der Verbraucherzentrale beispielsweise um Unterstützung, weil sie den Rabatt - bei Preisen von über 40 Cent pro Kilowattstunde für Strom oder 12 Cent für Gas zahlte der Staat den Großteil der darüberliegenden Kosten - nicht automatisch weitergaben, indem sie die Abschlagszahlungen reduzierten.
Mal sei von den Preisbremsen überhaupt nichts zu sehen gewesen, mal sei der Rabatt zu niedrig berechnet gewesen, schildern die Beraterinnen. „Bei einem Rentner beispielsweise wurde der Abschlag um das Vierfache erhöht, sein Konto war wenige Monate später quasi leergeräumt, ihm drohte eine Energiesperre“, erinnert sich auch Ingrid Klatte an einen Fall aus der jüngsten Vergangenheit.
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Die Verbraucherzentrale half bei allen Fragen rund um das Thema weiter, bot Rechtsberatungen an, prüfte Verträge und leitete bei Bedarf an andere Stellen weiter. Insgesamt hat sich die Beratungsstelle bei rund 1849 Rechtsberatungen und Vertretungen meist erfolgreich für die Ansprüche der Ratsuchenden eingesetzt, erklärt die Verbraucherzentrale bei ihrer Jahresbilanz.
Immer mehr Sozialberatungen
Dass die finanzielle Lage in vielen Haushalten brenzliger wird, zeigt auch ein Blick auf die Zahlen: So war beispielsweise die Zahl der Verbraucher, die eine „sozialorientierte Beratung“ in Anspruch nahmen, noch einmal deutlich gestiegen. Konkret bedeutet das, dass die Beratungen für Menschen, die finanziell nicht so gut aufgestellt sind, entgeltfrei erfolgen. An der Gesamtzahl der Beratungen machte dieser Bereich bereits rund 33 Prozent aus.
Aktuell schlägt ein ganz neues Thema in der Beratungsstelle auf, auf das auch die Beraterinnen so nicht vorbereitet waren: Es geht um den Wegfall des Nebenkostenprivilegs, „das ist aktuell ein riesengroßes Thema, von der Nachfrage sind wir selbst überrascht gewesen“, schildert Janine Pühl.
Die Kabelanschluss-Kosten konnten bislang vom Vermieter auf den Mieter umgelegt werden - ab Ende Juni sollen Vermieter die Kosten jedoch nicht mehr auf den Mieter umlegen können. „Wir bemerken, dass es einen hohen Beratungsbedarf und große Unsicherheit bei Mietern gibt“, so Pühl weiter. Gleichzeitig öffne das auch wieder Türen für Betrugsmaschen: Denn nun stünden bei einigen bereits wieder Vertriebler vor der Tür, die den Mietern (meist nicht benötigte) Verträge verkaufen wollen.
„Wir bemerken, dass es einen hohen Beratungsbedarf und große Unsicherheit bei Mietern gibt“