Hagen. Die Zahl der Unfälle steigt auch in Hagen. Die Polizei möchte mit gezielten Maßnahmen gegensteuern und gibt Einblicke in die Arbeit:

Wenn man es kurz und knapp auf den Punkt bringt, geht es um eine einzige Sache: Jeder Unfall ist ein Unfall zu viel. Das zumindest ist nicht nur die Auffassung von Stefan Boese und seinen Kollegen der Direktion Verkehr der Polizei Hagen. Nein, es ist ein Thema, das landesweit die Behörden beschäftigt. Die Unfallzahlen steigen - in Hagen von 7639 im Jahr 2022 auf 8024 im vergangenen Jahr. Die Polizei möchte mit gezielten Maßnahmen gegensteuern. „Ziel ist die Vision Zero, also keine Unfalltoten mehr zu verzeichnen. Parallel möchten wir die Anzahl der im Straßenverkehr Schwerverletzten reduzieren“, sagt Direktionsleiter Stefan Boese. 2023 waren noch sieben Menschen bei Verkehrsunfällen auf den Hagener Straßen tödlich verunglückt.

Die Polizei setzt daher verstärkt auf präventive Maßnahmen. „Es gibt vieles, was wir schon lange tun. Einige Bereiche nehmen wir nun noch stärker in den Fokus“, erklärt Boese die „Fachstrategie Verkehr“, die nicht nur in der Volmestadt greift. Dazu zählen unter anderem die Gruppe der jungen Autofahrer zwischen 16 und 24 sowie die Gruppe der Senioren, die beispielsweise mit Pedelecs unterwegs sind. In der Altersgruppe der 18- bis 24-Jährigen verstarben letztes Jahr in Hagen zwei Menschen in Folge von Verkehrsunfällen, 15 wurden schwer verletzt (also stationär im Krankenhaus behandelt), in 93 Fällen wurden junge Verkehrsteilnehmer leicht verletzt. Bei den Senioren (ab 65 Jahren) waren die Zahlen 2023 etwas niedriger - es gab drei Schwer- und neun Leichtverletzte - landesweit hingegen sehe die Entwicklung anders aus.

Die Zahl der Unfälle in Hagen ist von  7639 im Jahr 2022 auf 8024 im vergangenen Jahr gestiegen.
Die Zahl der Unfälle in Hagen ist von  7639 im Jahr 2022 auf 8024 im vergangenen Jahr gestiegen. © Alex Talash | Alex Talash

Präventionsarbeit mit echten Fallbeispielen

Die Jugendlichen sollen unter anderem mit „Crash Kurs NRW“ sensibilisiert werden, „Unfallopfer, Angehörige oder beteiligte Rettungskräfte zeigen den Schülerinnen und Schülern durch ihre Erzählungen auf, welche Folgen Unfälle haben können. Das sind sehr emotionale Momente - für alle“, so Boese. Die Kollegen seien regelmäßig in den Hagener Schulen unterwegs, darüber hinaus suche man immer wieder den Austausch an Infoständen in der Öffentlichkeit oder informiere Online über bestimmte Themen. „Die Verkehrswacht Hagen unterstützt uns dabei regelmäßig. Seniorinnen und Senioren sprechen wir darüber hinaus zum Beispiel mit Pedelec-Trainings an. Generell nutzen wir für beide Zielgruppen Virtual-Reality-Brillen“, so die Polizei. Außerdem kommt auch eine Rauschbrille zum Einsatz, die eindrucksvoll zeigen soll, wie sich Alkohol- oder Drogenkonsum auf die Wahrnehmung oder Reaktionszeit beim Autofahren auswirken können.

Regelmäßig bietet die Polizei Pedelec-Tainings für Senioren an der Jugendverkehrsschule in Hagen an.
Regelmäßig bietet die Polizei Pedelec-Tainings für Senioren an der Jugendverkehrsschule in Hagen an. © WP | Michael Kleinrensing

Vom Grundsatz her könne man sagen, so Boese, dass die Polizei zwei Bereiche in den Fokus nimmt. Zum einen die präventive Arbeit, um Unfälle zu vermeiden. Andererseits auch die Arbeit, nachdem ein Unfall passiert ist. „Wir setzen verstärkt auf Verkehrsüberwachung mit Blick auf Hauptunfallursachen“, so Boese. Dazu gehörten Geschwindigkeitsverstöße, Alkohol oder Drogenkonsum sowie Ablenkung (zum Beispiel durch Handy), Abstands- oder Abbiegefehler sowie das Nichtbeachten von Verkehrsregeln.

Cannabis-Gesetz: Kontrollen bergen Herausforderungen

Mit Blick auf das neue Cannabis-Gesetz stehen dabei noch Herausforderungen an. Denn grundsätzlich ist Cannabiskonsum nicht mehr verboten, „allerdings greift auch hier künftig, ähnlich wie bei Alkohol, ein Grenzwert“, so Boese weiter. Er rät dazu, sich erst gar nicht ins Auto zu setzen, wenn man konsumiert hat. Die Reaktionszeit könne verlängert sein, „außerdem ist es bei Cannabis unterschiedlich, wie schnell der Körper die Substanz abbaut“. Bei einer Kontrolle müssten vermutlich noch regelmäßiger Bluttests angeordnet werden, um eine Einhaltung des Grenzwertes zu prüfen. „Denn auf den bisherigen Tests wird ein solcher Wert nicht angezeigt.“ Für die Kollegen bedeute das vor allem höheren Arbeitsaufwand bei den Kontrollen.

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Parallel zählt auch die Überwachung des gewerblichen Personen- und Güterverkehrs (z.B. Lenk- und Ruhezeiten, Überladung, Ladungssicherung) sowie Kontrollen mit Konzentration auf „herausragende Verkehrsdelikte (verbotene Kraftfahrzeugrennen – in Hagen gebe es zum Glück nur selten Vorkommnisse)‘‘ und unangekündigte Kontrollen zu den Maßnahmen.

Jeder verhinderte Unfall ist ein Erfolg

Mit Blick auf die Arbeit nach Unfällen konzentriert sich die Polizei auf den Bereich Opferschutz sowie eine qualifizierte Verkehrsunfallaufnahme und -sachbearbeitung (zum Beispiel mit den Verkehrsunfallaufnahmeteams bei besonders schweren Unfällen), oder Gefährdungen im Straßenverkehr (Nötigung, aggressives Verhalten, Gefährdung usw.).

„Wenn wir nur eine Person damit erreichen und sensibilisieren, oder gar einen möglichen Unfall verhindern, ist das schon ein Erfolg.“

Stefan Boese

„Grundsätzlich kann man sagen, dass wir in allen Bereichen schon gut aufgestellt sind und am Ball bleiben“, resümiert Boese. Den Erfolg der Präventionsmaßnahmen zu beurteilen, sei schwierig. „Aber wenn wir nur eine Person damit erreichen und sensibilisieren, oder gar einen möglichen Unfall verhindern, ist das schon ein Erfolg.“