Hagen. Sechs Menschen sind bei Unfällen in Hagen in den letzten vier Monaten gestorben. Das sagt die Polizei über Ursachen und Zusammenhänge.
Sechs Verkehrstote in nicht einmal vier Monaten. Sechs Verkehrstote auf Hagener Straßen, die in die Zuständigkeit der Polizei Hagen fallen. Sechs Verkehrstote, sechs furchtbare Schicksale. Sechs Verkehrstote – zwei Fußgänger, zwei Motorradfahrer, ein Fahrradfahrer und ein Autofahrer – an sechs unterschiedlichen Orten. Das allein macht für die Experten der Polizei Hagen klar, dass sich kein Zusammenhang herstellen lässt.
Stefan Boese, Direktionsleiter Verkehr bei der Polizei, ist so ein Experte. „Orte, Ursachen und die betroffenen Verkehrsteilnehmer sind völlig unterschiedlich“, sagt Boese. „Wenn wir auf das Beispiel der Fußgängerin am Schlossberg in Hohenlimburg blicken – da hat es bisher noch nie einen Unfall gegeben. Das ist ganz anders als beispielsweise am Brennpunkt Prioreier Straße in Breckerfeld, wo es ja zuletzt immer wieder Unfälle mit Motorrädern gegeben hat.“
2021 nicht ein Verkehrstoter
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Ähnlich schaut da auch Karsten Völker, Leiter der Führungsstelle Verkehr, auf die bittere Statistik, die sich für das Jahr 2023 schon jetzt abzeichnet: „Nichts ist so signifikant, als dass wir bisher den Eindruck gewonnen hätten, dass wir da reagieren können. Sechs Unfälle in sehr kurzer Zeit – das ist letztlich dem Zufall geschuldet.“ Einem Zufall, der noch vor zwei Jahren dazu geführt haben mag, dass es im Jahr 2021 nicht einen einzigen Unfalltoten in Hagen gegeben hat.
Dabei ist das Thema Verkehrssicherheit eines, in das die Polizei Hagen – so die eigene Einschätzung – zuletzt viel Zeit investiert hat. „Wir verfolgen einen präventiven, aber auch einen repressiven Ansatz“, sagt Stefan Boese mit Blick auf Angebote (beispielsweise Verkehrserziehung), aber auch das Bestrafen von Fehlverhalten, durch das Fußgänger gefährdet werden oder sich gar selbst in Gefahr bringen. „Aber am Ende gilt auch: Es gibt bisher keinen tödlichen Unfall, bei dem wir sagen würden: Den hätten wir bei besserer Prävention verhindert.“
Experten untersuchen Unfallstellen
Die Analysemöglichkeiten, die der Polizei zur Verfügung stehen, sind tiefergehend und besser als je zuvor: Für ganz Nordrhein-Westfalen gibt es mittlerweile mehrere Verkehrsunfallteams – Experten, die bei schweren Unfällen mit gravierenden Folgen hinzugezogen werden, die Untersuchung und Auswertung übernehmen und den Sachbearbeitern vor Ort zur Verfügung stellen.
Hagen: Zwei Menschen verunglücken auf Autobahnen tödlich
2023 mit eingerechnet hat es in den letzten fünf Jahren in Hagen 13 Verkehrstote in Zuständigkeit der Polizei Hagen gegeben.
2019 hatte es in Hagen zwei Verkehrstote gegeben, 2020 einen, 2021 keinen und im letzten Jahr vier. Bis zum heutigen Tag haben in diesem Jahr auf Hagener Straßen sechs Menschen ihr Leben verloren.
Hinzu kommen noch Menschen, die auf den Autobahnen in Hagen tödlich verunglückt sind.
Am 2. September 2023 hatte ein Motorradfahrer auf der A 46 sein Leben verloren. Am 19. Mai dieses Jahres war auf derselben Autobahn ein Autofahrer von der Fahrbahn abgekommen und vor einen Baum geprallt. Auch er starb an den Folgen des Zusammenstoßes.
„Diese Teams sind technisch deutlich besser ausgestattet. Unfallorte können auch Tatorte sein“, erklärt Karsten Völker. „Die Experten können beispielsweise die Daten der beteiligten Fahrzeuge genau auslesen. Sie haben Drohnen dabei, mit denen sie Luftaufnahmen von den Unfallstellen anfertigen. All das führt dazu, dass wir in kürzerer Zeit bessere Ergebnisse bekommen.“
Neben der Technik spielt der Faktor Mensch eine Rolle. „Schwere Unfälle sind Schicksalsschläge. Für Opfer und deren Angehörige, aber auch für andere Beteiligte“, sagt Völker und hat beispielsweise den schweren Verkehrsunfall auf der B54 am 12. September vor Augen, bei dem ein junger Fahrer sein Leben verlor und sein Bruder schwer verletzt wurde. Die Familienangehörigen waren zur Unfallstelle geeilt.
Polizisten müssen schlimme Eindrücke verarbeiten
„Seelsorge spielt eine wichtige Rolle. Unser Opferschutz ist bei schweren Unfällen mit im Boot. Wir versuchen, die Menschen nicht allein zu lassen. Das gilt übrigens auch für unsere eigenen Kollegen, die oft als erste an eine Unfallstelle kommen und schreckliche Eindrücke verarbeiten müssen.“
Sechs Tote in nicht einmal vier Monaten. Zusammenhänge lassen sich nicht herstellen. Und trotzdem ist da noch ein Thema, das der Polizei wichtig ist. „Es geht um Rücksichtnahme, um das Verzichten, es geht darum, im Verkehr auf den anderen zu achten“, sagt Karsten Völker, „die Mittelinsel am Bleichplatz an der Eilper Straße ist dafür ein Beispiel. Einfach anhalten, Fußgänger über die Straße lassen, nicht darauf setzen, dass die schon warten werden. Wir arbeiten daran, das Auge für den Anderen im Verkehr zu schärfen. Aber das ist eine Herausforderung.“