Hagen. Die Tierschutzorganisation „Peta“ kämpft gegen Kunststoff-Pferde auf Kirmesplätzen und Weihnachtsmärkten. Und wie reagieren Hagener Schausteller?

Kein Scherz: Für viele Kinder gehören sie beim Kirmes- oder Weihnachtsmarktbummel einfach dazu – Karussell-Tiere aus Holz, Porzellan oder Kunststoff. Der Ritt auf einem niedlichen Pony oder einem fliegenden Dumbo-Elefanten begeistert seit Jahrzehnten junge Jahrmarktbesucher.

Für viele Kinder ein Traum - ein Ritt auf einem Kunststoff-Pferd auf dem Hagener Weihnachtsmarkt. Das Foto zeigt die Tochter eines Schausteller-Kollegen von Andreas Alexius, wie sie ihre Runden dreht.      
 
Für viele Kinder ein Traum - ein Ritt auf einem Kunststoff-Pferd auf dem Hagener Weihnachtsmarkt. Das Foto zeigt die Tochter eines Schausteller-Kollegen von Andreas Alexius, wie sie ihre Runden dreht.        © Andreas Alexius | Andreas Alexius

Jetzt meldet sich allerdings die Tierschutzorganisation Peta zu Wort und fordert ein Aus für Karussell-Tiere. Die künstlichen Tiere würden bei Menschen, besonders bei Kindern, ein falsches Bild erzeugen und die Verwendung von Tieren als Transportmittel normalisieren.

„Blödsinnige Forderung“

Und wie reagieren Hagener Schausteller auf die Kritik von Peta? „Über solch eine blödsinnige Forderung rege ich mich gar nicht erst auf, sondern schüttele nur den Kopf“, sagt Viktoria Tränkler mit halb-amüsierter Stimme. Für die 38-Jährige gehören Karussell-Tiere zum Alltag dazu, seit sie denken kann.

Schaustellerin Viktoria Tränkler.

„ „Über solch eine blödsinnige Forderung rege ich mich gar nicht erst auf, sondern schüttele nur den Kopf“

Viktoria Tränkler

Viktoria Tränkler ist nicht nur die Tochter von Dirk und Sabine Wagner (die Familie Wagner ist eine uralte Hagener Schaustellerfamilie), sondern auch Mitglied im Schaustellerverband. Und selbst Mutter. „Unser Sohn ist zwölf, unsere Tochter zwei“, erzählt Viktoria Tränkler und versichert, dass beide Kinder - „unser Großer früher, die Kleine heute“ - es geliebt haben bzw. lieben, auf den Kunststoff-Figuren zu reiten oder darin Platz zu nehmen. Dabei sei es egal, ob es sich um Pferde, Kamele und Schwäne oder aber um Feuerwehrautos oder Flugzeuge handele: „Hauptsache, es ist bunt, leuchtet und bewegt sich.“

Respekt vor Tieren

Und weiter: „Ich glaube nicht, dass unsere Kinder dadurch einen Schaden erlitten und ein gestörtes Verhältnis zu Tieren haben. Wir haben Respekt vor Tieren und übrigens auch selbst einen Labrador.“ Viktoria Tränkler ist in Hochform: „Wo soll das Ganze überhaupt enden? Sollen Schaukelpferdchen aus Stoff und Plüsch aus Kinderzimmern und Löwen-Statuen von öffentlichen Plätzen verbannt werden?“  

Elefant, Ente, Hase und Mickey Mouse

Ihr Vater Dirk Wagner steht in der Weihnachtszeit seit etlichen Jahren mit seinem stadtbekannten Karussell „Kindertraum“ auf dem Platz bei C&A. Das Karussell besteht aus zahlreichen Figuren, darunter vier Tiere. „Kinder stürmen einfach gern zu Elefant, Ente, Hase und Mickey Mouse. Sie lieben die Tiere“, sagt Tochter Viktoria Tränkler.

Schausteller-Sohn Marlon Alexius hat auf einem Polizeiauto auf dem Kinderkarussell an der Hohenzollernstraße in Hagen Platz genommen.
Schausteller-Sohn Marlon Alexius hat auf einem Polizeiauto auf dem Kinderkarussell an der Hohenzollernstraße in Hagen Platz genommen. © WP | Michael Kleinrensing

Ausrangierte Karussell-Pferde im Wohnzimmer

In Dirk und Sabine Wagners Wohnzimmer stehen ausrangierte Karussell-Pferde, „die stammen noch von unserem Ur-Opa“, so Viktoria Tränkler. „Wenn wir bei meinen Eltern zu Besuch sind – wo stratzt  unsere kleine Tochter hin? Das ist wohl keine Frage, oder?“

Keine Ausritte nur zur Unterhaltung

Zum Hintergrund: Den „Kritik-Ball“ ins Rollen gebracht hat die Tierschutzorganisation Peta USA, die jüngst, wie Medien berichten, gefordert hat, künstliche Tiere von Karussells auf Kirmesplätzen und in Freizeitparks zu verbannen und die Produktion solcher Figuren einzustellen. Kindern dürfe nicht das Gefühl gegeben werden, dass es richtig sei, Tiere nur zum Vergnügen zu benutzen. Sie sollten keine falschen Ideen sammeln und glauben, dass „Ausritte zur Unterhaltung“ richtig seien. Kamele, Pferde und Elefanten würden im wahren Leben oftmals zur Unterwerfung gezwungen.

Peta-Kampagnen häufig umstritten

Peta („People for the Ethical Treatment of Animals“, übersetzt  „Menschen für die ethische Behandlung von Tieren“) ist nach eigenen Angaben mit über fünf Millionen Unterstützern weltweit die größte Tierrechtsorganisation. 

Peta  wurde 1980 gegründet und hat ihren Sitz in den Vereinigten Staaten. Die Organisation ist als gemeinnützig anerkannt und daher von Steuern befreit. Sie finanziert sich fast ausschließlich über Spenden. Büros existieren in Städten weltweit, in Hagen gibt es kein Peta-Büro.

Die Organisation kämpft u.a. gegen Massentierhaltung, Tierversuche, Fleischindustrie, Tiere in der Unterhaltungsindustrie sowie gegen Angeln,Trophäenjagd, Hunde- und Hahnenkämpfe. Die kontroversen Kampagnen, die Peta dazu einsetzt, rufen häufig heftige Kritik hervor.

Medienberichten zufolge schließen sich auch Peta Niederlande und Peta Deutschland der Kritik an. So erklärte Peta Deuschland (eine Peta-Ortsgruppe Hagen gibt es nicht), man unterstütze die Forderungen der Partnerorganisationen, habe allerdings in Deutschland dazu keine speziellen Briefe verschickt.

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Aber zurück nach Hagen: Die Schaustellerfamilie Alexius rückt seit 1967 mit ihrem Kinderkarussell auf Plätzen an.

Steht seit vielen Jahren vor der früheren Gaststätte „Spinne“ in Hagen: das Kinderkarussell von Andreas Alexius. 
Steht seit vielen Jahren vor der früheren Gaststätte „Spinne“ in Hagen: das Kinderkarussell von Andreas Alexius.  © WP | Michael Kleinrensing

„Früher waren die Figuren aus Holz, mittlerweile sind sie aus Kunststoff“, sagt Schausteller Andreas Alexius. Sein Nostalgie-Karussell mit diversen Figuren – darunter drei Pferde – steht zu Weihnachtsmarktzeiten stets vor der frühen Gaststätte „Spinne“.

Andreas Alexius jüngerer Sohn hat aus Spaß auf einem  Kunststoff-Pferd Platz genommen.
Andreas Alexius jüngerer Sohn hat aus Spaß auf einem Kunststoff-Pferd Platz genommen. © Andreas Alexius | Andreas Alexius

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Schausteller Andreas Alexius

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