Dortmund/Fröndenberg. Nach der Tat verfolgt das Opfer seinen Angreifer. Ein Teil der Klinge steckt da noch im Schädel. Ist der Angeklagte Gefahr für die Allgemeinheit?
Als der junge Mann im dunklen Hoodie und heller Jeans in den Saal 130 des Landgerichts Dortmund schlurft, wird er gleich von drei Justizbeamten begleitet. Der 27-Jährige soll während eines psychotischen Schubs versucht haben, seinen Vater mit einem Messer umzubringen. Dabei hatte sich die Tat in Familienkreisen bereits angedeutet.
Opfer realisierte Angriff nicht vollends
Es ist der erste von gleich mehreren Verhandlungstagen am Landgericht Dortmund gegen einen 27 Jahre alten Iserlohner, der im Frühjahr 2024 seinen auf der Couch dösenden Vater mit einem Messer attackiert haben soll. Doch in dem Prozess wird es weniger darum gehen, ob und wie viel Zeit der junge Mann schlussendlich hinter Gittern verbringen könnte. Vielmehr soll geklärt werden, ob der Iserlohner überhaupt wusste, was er am 27. April in Fröndenberg getan hat. Doch der Reihe nach.
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Laut Anklage litt der 27-Jährige zur Tatzeit „an einer akuten exazerbierten psychotischen Störung aus dem schizophrenen Formenkreis“. Im Frühjahr habe er demnach auf seinen Vater eingestochen, der dösend auf dem Sofa lag. „Dabei hat der Angeklagte tödliche Verletzungen billigend in Kauf genommen“, so die Staatsanwaltschaft. Mehr noch: Bei dem Angriff habe der Vater mehrere Stichwunden am Kopf erlitten, „die Messerspitze ist im Schädel abgebrochen und musste operativ entfernt werden“. Allerdings habe das Opfer die Schwere des Angriffs zunächst gar nicht realisiert. Der Vater habe selbst die Verfolgung aufgenommen, ehe eine Zeugin den blutüberströmten Mann bemerkte und Rettungskräfte sowie Polizei alarmierte.
Gefährlich für die Allgemeinheit?
Im Prozess soll es nun darum gehen, ob der 27-Jährige dauerhaft in einer psychiatrischen Einrichtung untergebracht werden soll. Laut Staatsanwaltschaft sei durch den heimtückischen Angriff „eine Gefährlichkeit für die Allgemeinheit erkennbar“. Ob der Angeklagte der Verhandlung jedoch vollends folgen kann, scheint offen. Zumindest am ersten Prozesstag wirkte der Iserlohner abwesend, den starren Blick auf den Holztisch vor sich gerichtet. Das blieb auch Verteidiger Andreas Trode nicht verborgen: „Wenn er das nächste Mal so drauf ist wie heute, wird er zur Tat nichts sagen.“ Ohnehin habe der vorsitzende Richter am ersten Tag keine Einlassung erwartet. In den kommenden Prozessterminen soll zunächst ein Gutachter Aufschluss über den Gesundheitszustand liefern. Seit dem laut Anklage „heimtückischen Überfall“ ist der Iserlohner in der forensischen Psychiatrie des LWL in Lippstadt untergebracht.
Dabei habe sich die Tat im Familienkreis zuvor bereits „angekündigt“, wie Trode im Gespräch mit der Westfalenpost erklärt. Die psychischen Auffälligkeiten seien den Angehörigen nicht verborgen geblieben. Wie genau es dazu gekommen ist, solle der Prozess zeigen. Unter den wachsamen Augen dreier Justizbeamter schlendert der 27-Jährige dann nach gut 20 Minuten von der Anklagebank wieder in Richtung Haftraum.
Die Verhandlung wird fortgesetzt.