Ennepetal. Hündin erschnüffelte für die Polizei Drogen und sorgte für Sicherheit. Diensthundeführerin Anja Wille aus Ennepetal gibt Einblicke in den Job.

Seit 2018 schnüffelte sich Polizeihündin Lahja als Rauschgift- und Schutzhund der Kreispolizeibehörde Ennepe-Ruhr durch Deutschland. Denn die holländische Schäferhündin und ihre Diensthundeführerin Anja Wille wurden nicht nur im Kreisgebiet eingesetzt, sondern bundesweit. Doch nun hat die fleißige Schnüffelnase gesundheitliche Einschränkungen. Und da das Wohl des Tieres im Vordergrund stehe, ist es für die neunjährige Lahja Zeit, in Rente zu gehen. Ein Schritt, der vor allem Anja Wille schwerfällt.

„Ich habe schon ein Tränchen verdrückt, als sie ihren letzten Tag hatte“, erzählt die 45-Jährige. Statt einem menschlichen Kollegen hatte Wille in den vergangenen Jahren immer Hündin Lahja im Einsatzwagen dabei. „Ich konnte mich blind auf sie verlassen, wir kennen uns in- und auswendig. Ich wusste genau, wie sie sich verhält und konnte sie genau lesen. Das muss ich mit Max alles noch erarbeiten.“

Max ist der Neuzugang bei der Kreispolizeibehörde. Der braune Malinois (belgischer Schäferhund) wird gerade von Anja Wille für den Polizeidienst ausgebildet. In ein paar Wochen macht Max die Prüfung zum Polizeihund. Genau wie Lahja lebt Max bei Wille zu Hause in Ennepetal. „Hier sind sie normale Hunde und dürfen alles, was die anderen auch dürfen“, erzählt Anja Wille. Denn neben Lahja und Max gehören noch zwei weitere, private Hunde zum Haushalt. Als Lahja erstmals zu ihr nach Hause kam, sei das schon sportlich gewesen. „Sie kann keine anderen Hunde leiden. Sie hat dann gezeigt, dass sie die Chefin ist“, sagt Anja Wille und schmunzelt.

Hunde müssen starken Spiel- und Beutetrieb haben

Lahja ist natürlich kein typisches Haustier. Sie wurde von der Polizei dazu ausgebildet, Rauschgift zu finden, als Schutzhund bei der Tätersuche eingesetzt zu werden oder bei Krawallen die Polizisten und Bürger zu schützen. Klingt ganz schön aufregend. Nicht jeder Hund eignet sich für die Tätigkeit als „Einsatzmittel“, wie es in der Polizei-Sprache heißt. „Der Hund muss mutig und sehr umweltsicher sein“, erklärt Anja Wille. Das bedeutet, dass ihm dunkle Räume oder wackelige Untergründe nichts ausmachen dürfen. „Er darf keine Angst zeigen und muss einen ganz starken Spiel- und Beutetrieb haben.“ Auch die körperliche Konstitution des Tieres sei ausschlaggebend. „Mein privater Corgi mit den kurzen Beinen geht zum Beispiel nicht“, sagt Wille und lacht.

Die 45-Jährige war mit Lahja schon bei Großeinsätzen wie dem G7-Gipfel oder im Hambacher Forst dabei. Wenn der Arbeitstag für das Duo begann, bekam die Schäferhündin ihr dienstliches Halsband umgelegt. „Wir haben verschiedene Rituale für den jeweiligen Einsatz. Ein Schutzeinsatz hat ein anderes Signal als ein Spürhundeinsatz.“ Ist Lahja auf der Suche nach einem Täter, ist sie darauf konditioniert, Adrenalin wahrzunehmen. „Wenn sie einen Täter stellt und der bewegt sich nicht, bellt sie ihn an, sodass ich hören kann, wo sie ist“, beschreibt Wille das Vorgehen. Sollte der Täter allerdings weglaufen, dürfe der Hund direkten Täterkontakt aufnehmen.

Polizistin Anja Wille mit ihren Polizeihunden Lahja und Max sowie ihren privaten Hunden.
Ein starkes Trio: Hündin Lahja (links), Anja Wille und Hund Max, der gerade zum Polizeihund ausgebildet wird. © Alexandra Evang Photographie | Alexandra Evang Photographie

Lahja zeigt frischeste Witterung an

Seinen größten Erfolg feierte das Duo in Hagen. „Da haben wir drogentechnisch einen sehr großen Fund gemacht. Das war auch für mich persönlich wertvoll, dazu beizutragen“, erzählt Wille. Da Lahja auch in der Lage ist, Gegenstände zu erschnüffeln, die nach Mensch riechen, kann die Hündin auch Dinge finden, die ein Täter fallen lässt. „In Sprockhövel haben wir dazu beigetragen, getauschte Kleidung eines Täters mit Tatwaffe zu finden.“ Ein weiterer Erfolg war das Auffinden einer Helmkamera nach einem tödlichen Verkehrsunfall. Auf der riesigen Unfallstelle hatte Lahja – im Gegensatz zu ihren menschlichen Kollegen – die Kamera gefunden und trug so zur Aufklärung des Unfallhergangs bei.

Lahjas hervorragende Spürnase hat sich aber auch im privaten Bereich schon bezahlt gemacht: So spürte sie bei einem Waldspaziergang die verlorene Brille von Anja Willes Mann auf und bei anderer Gelegenheit die verloren gegangene Halskette einer Freundin. „Dafür muss sie vorher nichts gerochen haben, sondern sie zeigt die frischeste Witterung an.“

Und wie reagiert Lahja, wenn sie etwas gefunden hat, im beruflichen Alltag natürlich Drogen? „Sie legt sich an der Stelle hin und friert ein“, erklärt Wille. „Wenn die Drogen über ihr in der Decke versteckt sind, geht sie an der Stelle auf die Hinterbeine und dreht sich.“

Tierarztkosten übernimmt die Behörde

Nach so vielen spannenden Einsätzen – wird Lahja da künftig zu Hause nicht langweilig? Dagegen schafft Anja Wille Abhilfe: „Ich mache trotzdem weiter mit ihr Suchspiele. Wenn ich jemanden zu Gast habe, sollen sie Gegenstände hinterlegen, die Lahja finden soll. Außerdem geht sie gerne schwimmen und wir machen lange Wanderungen.“ Die Tierarztkosten für Lahja übernimmt die Polizeibehörde, für Futter und Spielzeug erhält Anja Wille eine Art Gehalt.

Die Arbeit und Ausbildung der Hunde sind zeitaufwendige Aufgaben – auch neben der eigentlichen Dienstausführung. „Ich habe mein Hobby zum Beruf gemacht“, sagt Anja Wille heute. „Da gehört Herzblut zu, seine gesamte Zeit den Hunden zu widmen.“ Denn nach einem beendeten Einsatz, stecke man das Tier nicht wie eine Pistole ins Waffenfach, sondern betreut den Hund auch darüber hinaus. „Wir sorgen dafür, dass die Tiere eine Work-Life-Balance und ein vernünftiges Kontrastprogramm bekommen.“ Kein Hund müsse darunter leiden, ein Polizeihund zu sein. „Das, was sie tun, machen sie gerne. Für Lahja war es immer ein Spiel, Drogen zu finden. Ich schicke sie mit einem Kommando in die Drogensuche und als Belohnung bekommt sie ihr Spielzeug.“

Polizistin Anja Wille mit ihren Polizeihunden Lahja und Max sowie ihren privaten Hunden.
Bei Polizistin Anja Wille ist zu Hause viel los: Insgesamt hält die Ennepetalerin vier Hunde. © Alexandra Evang Photographie | Alexandra Evang Photographie

Auch das eigene Freizeitverhalten müsse an die Haltung der Tiere angepasst werden. „Eine normale Flugreise kann ich nicht machen. Ich fahre lieber weit weg, zum Beispiel nach Schweden, wo wir unsere Ruhe haben und ich die Hunde mitnehmen kann.“ Man müsse schon Spaß an der Sache haben und auch der Lebenspartner sollte einverstanden sein. „Das war schon immer mein Wunsch, Hundeführerin zu werden. Man muss aber bereit sein, privat viel umzustellen“, sagt Wille. Ihr Garten sei so gut abgesichert „wie in einer JVA“, beschreibt Wille und lacht. Der zwei Meter hohe Zaun mit Draht obendrauf sei aber erforderlich, damit die Tiere nicht ausbrechen können.

Ausbildung ohne Zwang

Die Ausbildung zum Polizeihund erfolge spielerisch. „Da wird nichts mit Zwang gemacht, wir bauen alles mit der Klicker-Methode auf“, erklärt Wille. Auch nach der ersten Prüfung sei ein Hund „nie fertig“. Weitere Ausbildungen folgen und Hund und Führer nehmen regelmäßig Trainingsstunden. Die Prüfung muss alle zwei Jahre wiederholt werden.

Doch nun darf Lahja ihren Ruhestand genießen. Ihre menschlichen Kollegen bei der Polizei sind ihr für ihre jahrelange Arbeit dankbar. Als Abschiedsgeschenk bekam die Hündin ein Halstuch mit der Aufschrift „Rentnerin Lahja“ und jede Menge Leckerchen. Jetzt darf sie zu Hause weiter ermitteln: Eingekuschelt auf der Couch, wenn im Fernsehen der „Tatort“ läuft.

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