Gevelsberg/Schwelm. Eltern sind in Sorge, weil andere ihre Kinder krank in die Kita schicken. Eine Einrichtung aus Gevelsberg erklärt, wie es anders geht.
Viele Eltern kennen es: Es ist Winter und an der Kita-Tür hängt ein Zettel, der vor Krankheit warnt. Besonders in der kalten Jahreszeit können Kinder sich schnell etwas einfangen. Schicken Eltern ihre Schützlinge dann trotzdem in die Kita, besteht die Gefahr, dass sie dort andere anstecken. Im schlimmsten Fall fällt sogar Personal aus und Betreuungszeiten müssen eingeschränkt werden.
Die Redaktion hat Eltern gefragt, wie sie mit solchen Situationen umgehen und ob ihnen der Winter aus diesen Gründen Angst macht. Zwei Mütter haben sich daraufhin gemeldet und auch berichtet, wie sie ihren Alltag mit krankem Kind organisieren.
Auch fragte die Redaktion verschiedene Kita-Träger an, wie die Krankheitssituation in ihren Einrichtungen aussieht und wie die Einrichtungen damit umgehen. Die AWo Ennepe-Ruhr erklärte sich bereit, den Kontakt zu einer Einrichtungsleiterin in Gevelsberg zu vermitteln. Sie erklärt, wie ihre Einrichtung mit Krankheit umgeht und warum sie Kommunikation dabei für einen ganz wichtigen Schlüssel hält.
Sorge vor ansteckenden Krankheiten
„Ja, ich habe wirklich große Angst vor dem Winter und den ganzen Krankheiten, die wieder herumgehen“, schreibt Mutter Fatma Erdag an die Redaktion. Ihr Sohn besucht eine Kita in Schwelm. „Ich finde, es sollte klare Regeln geben, dass Kinder mit Schnupfen und Husten in der ersten Woche gar nicht in die Kita dürfen.“ Leider würden manche Eltern ihre Kinder trotzdem krank in den Kindergarten schicken und dann steckten sich alle gegenseitig an, berichtet sie weiter. „Eine Lösung dafür wäre wirklich hilfreich“, findet Erdag. Sie kenne sogar Eltern, die ihre Kinder mit Bindehautentzündung oder Magen-Darm-Infekten in die Kita schickten. „Das ist für mich absolut tabu. Solche ansteckenden Krankheiten gehören einfach nicht in die Kita“, macht die Mutter deutlich. „Es wäre wirklich wichtig, hier strengere Regeln einzuführen, um die Gesundheit aller Kinder zu schützen.”
Eine andere Mutter äußert sich ebenfalls gegenüber der Redaktion, möchte aber namentlich nicht genannt werden. „Natürlich macht uns arbeitenden Eltern die Herbst-/Winterzeit Angst“, erklärt sie. Vorbeugen lasse sich da leider wenig. „Wenn das Kind sich mal wieder eine blöde Bronchitis einfängt oder Magen-Darm, muss man sämtliche Pläne auf der Arbeit umwerfen“, so die Frau. „Ich habe Glück und arbeite im Einzelhandel, da ist man schon ein weniger flexibler und kann am Nachmittag arbeiten, wenn der Mann morgens ins Büro muss.“
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Die Mutter kommt dabei auch auf die sogenannten Kinderkrankentage zu sprechen. „Da man pro Elternteil ja leider nur 15 Kinderkrankentage hat, überlegt man sich zweimal, ob man sie nutzt oder besser aufspart für schlimmere Krankheiten“, sagt sie und meint dabei zum Beispiel Windpocken und dergleichen. Sie finde es wichtig, Eltern zu sensibilisieren, damit sie ihre Kinder nicht krank in die Kita bringen würden. „So wird vermieden, dass mehr als nur ein Elternpaar sich neu organisieren muss“, erklärt sie. „Leider ist es aber tatsächlich so, dass es Eltern gibt, welche über fiesen Husten und so hinweglächeln...“ Das seien bei ihr in der Einrichtung auch solche, die selbst gar nicht arbeiten müssten und somit die Möglichkeit hätten, ihr Kind problemlos zu Hause zu betreuen. „Das ärgert einen ziemlich“, macht sie klar.
Einrichtung setzt auf Kommunikation
Nicole Tugend leitet das AWo-Familienzentrum Schultenstraße in Gevelsberg und erklärt: „Auch hier schicken Eltern ihre Kinder mit Durchfall und Fieber in die Einrichtung.“ Trotzdem hat das Familienzentrum laut Tugend im vergangenen Jahr keine größeren Schwierigkeiten mit völlig aus dem Ruder gelaufenen Krankheitssituationen gehabt. „Wir schicken die Kinder dann nach Hause“, sagt die Leiterin.
Gleichzeitig würde das Team über genau solche Situationen kommunizieren, beispielsweise mit dem Elternbeirat. Die Eltern würden sich auch untereinander vernetzen, wie Nicole Tugend weiter berichtet. Zum Teil würden Eltern Kinder von anderen Eltern übernehmen, wenn die Betreuung in der Kita nicht möglich ist, oder ein Nachbar komme zum Aufpassen vorbei.
Aus Sicht von Tugend funktioniert das gut, auch weil die Eltern sich darauf einlassen und mitmachen. Dafür möchte das Familienzentrum den Eltern auch etwas zurückgeben, wie die Leiterin erklärt. So habe es im vergangenen Jahr zum Beispiel ein „Dankeschön-Kaffeetrinken“ gegeben. Die Vernetzung unter den Eltern ist neben der offenen und transparenten Kommunikation und dem konsequenten Wegschicken von kranken Kindern für Tugend der Schlüssel zum Erfolg im Kampf gegen Krankheitswellen.