Schwelm. Nicht nur seine Ehefrau, auch der gemeinsame Sohn (15) soll unter dem Angeklagten massiv gelitten haben. Das sagen Zeugen im Prozess.

Seit drei Wochen läuft der komplexe Prozess am Hagener Landgericht rund um den brutalen Mord an einer Schwelmerin, in dem mehr als 100 Zeugen aussagen werden. Direkte Tatzeugen gibt es nicht und auch kein Geständnis des angeklagten Ehemannes. Sein Motiv soll sich vor allem aus der vorangegangenen Ehe und der anschließenden Trennung erschließen, deren schockierende Details bereits durch Aussagen aus dem Umfeld der Schwelmerin bekannt geworden sind. Doch der Zeuge, der die Ehe tatsächlich miterlebt hat und Geschichten darüber nicht nur durch Erzählungen anderer kennt, schweigt bislang vor Gericht: der gemeinsame Sohn, der in dem Prozess als Nebenkläger gegen seinen Vater auftritt.

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Laut Nebenklagevertreterin Heike Tahden-Farhat, wolle er auf gar keinen Fall im Gerichtssaal seinem Vater gegenübertreten. Er hatte den Kontakt zum Vater schon lange vorher komplett eingestellt. Das Schwurgericht versucht sich daher auf anderem Weg ein Bild von der Beziehung zwischen Vater und Sohn zu machen, in dem Freunde und Kollegen des Opfers, eine Therapeutin und ein Sozialpädagoge, die mit dem 15-Jährigen Kontakt hatten, befragt wurden.

So soll der Vater mit seinem Sohn umgegangen sein

Der angebliche Kontrollzwang des Angeklagten habe sich nicht nur auf die Mutter beschränkt. Auch den Sohn soll der 48-jährige Schwelmer isoliert und kontrolliert haben, seine Freundschaften unterbunden haben. Besonders aber wäre es ständig um die Leistungen des Teenagers in der Schule gegangen. Er habe unter Zwang des Vaters bis in die frühen Morgenstunden für Tests lernen müssen, soll bestraft worden sein, wenn er schlechte Noten schrieb oder seine Hausaufgaben nicht richtig gemacht habe.

Aussagen verschiedener Zeugen wiederholen ähnliche Szenen, wie diese Bestrafungen ausgesehen haben sollen: Der Angeklagte soll vor den Augen des Kindes Kuscheltiere aus dem Fenster geworfen, Spielzeuge mit einem Hammer zerstört haben. Eine Socke soll er ihm in den Mund gestopft, ihn getreten und geschlagen haben. Zeugen, die dies von der Mutter erfahren haben wollen, hatten dies ausgesagt. Untermauert wurde dies durch Schilderungen einer Therapeutin des Jungen und eines Sozialpädagogen, die sich beide auf eigene Aussagen des Sohnes stützen.

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In Therapie war der Sohn im Jahr 2019, weil er sich weigerte, zur Schule zu gehen. Nachdem er dort nur langsam Vertrauen gefasst hatte, soll er irgendwann erzählt haben, dass der Grund für die Schulabstinenz sei, dass er sich nicht traue, seine Mutter Zuhause allein zu lassen. Jeder seiner Ausführungen in den Therapiestunden soll ein „Ich darf das nicht sagen“ vorausgegangen sein. Nachdem der Sohn wieder zur Schule gegangen war, soll der Vater einer empfohlenen Fortsetzung der Therapie widersprochen haben.

Bei der Frage nach körperlicher Gewalt in Form von Schlägen gibt es hingegen unterschiedliche Aussagen. Einige bestätigen dies, andere wissen darüber nichts. Eine Zeugin sagt aus, dass das Opfer auf Nachfrage körperliche Gewalt gegenüber dem Sohn verneint habe, zweifelt aber selbst an der Wahrheit dieser Aussage.

Vater soll dem Sohn aufgelauert haben

Nach der Trennung seiner Eltern und dem Umzug in die Moltkestraße wollte der Sohn keinerlei Kontakt mehr zu seinem Vater haben. Mehrfach soll der Angeklagte vor der Schule des Sohnes aufgetaucht sein, der ihn daraufhin entweder ignorierte oder anschrie, er solle ihn in Ruhe lassen. „Er formulierte es so, dass der Vater ihm aufgelauert und ihn verfolgt hat“, gibt ein Zeuge wieder. Der Angeklagte soll nicht verstanden haben, warum sein Sohn ihn nicht sehen will. Auch über die Therapeutin, die sein Kind nach der Trennung wieder betreute, habe der 48-Jährige versucht, an seinen Sohn heranzukommen.

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Außerdem soll der 15-Jährige seinen Vater regelmäßig vom Fenster aus gesehen haben, wie er sich in der Nähe der neuen Wohnung aufhielt. Einen Monat vor der Tat gab es einen Beschluss beim Amtsgericht Schwelm zum Umgangsrecht, wonach der Vater dem Sohn Zeit geben und ihn erstmal in Ruhe lassen sollte. Kurz darauf habe er jedoch bei der Schule, Stundenplan und Zeugnisse des Sohnes eingefordert.

Auch zu den Großeltern väterlicherseits, zu denen das Verhältnis vor der Trennung der Eltern gut gewesen sein soll, wollte der Junge keinen Kontakt mehr haben, nachdem diese wiederholt versucht haben sollen, ihn dazu zu bewegen, sich mit dem Vater zu versöhnen. Seit der Tat Ende Februar ist er in der Obhut des Schwelmer Jugendamts. Dass er selbst von der Schuld seines Vaters überzeugt zu sein scheint, wird nicht nur durch die Nebenklage deutlich. Er habe auch angegeben, dass eine gefundene Jacke in Tatortnähe seinem Vater gehöre und die Angst geäußert, dass sein wegen Mordes an der Mutter angeklagte Vater seiner Freundin etwas antun könnte, sollte er wieder freikommen.