Gevelsberg. Bei Tiefbauarbeiten auf dem Parkplatz auf dem Dieckerhoff-Gelände in Gevelsberg legt ein Bagger eine Überraschung im Erdreich frei.

Ein Goldschatz mitten in Gevelsberg? Ein jahrhundertealtes Versteck? Oder ein Zugang zu einem unentdeckten Tunnelsystem unter der Hagener Straße? Das geheimnisvolle Gewölbe, das auf dem Dieckerhoff-Gelände bei Bauarbeiten entdeckt wurde, sorgt für Spekulationen.

Seit mehr als einem Jahr laufen die Arbeiten auf dem Dieckerhoff-Gelände. 2020 wurde die ehemalige Gießerei nach einer Insolvenz geschlossen, etwa zwei Jahre später fand sich mit Stephan Höckmann ein Investor für die riesige Brache. Es folgte der Abbruch, riesige Schuttberge häuften sich. Vieles ist auf der etwa 30.000 Quadratmeter großen Fläche mittlerweile passiert. „Ich kaufe Problemgrundstücke, die schwierig zu entwickeln sind“, sagt Stephan Höckmann. Industriebrachen, wie diese in Gevelsberg. Ideen habe er einige, sagt er. Die geplante Behindertenwerkstatt wird es aber nicht geben, die Kosten dafür seien mittlerweile zu sehr gestiegen (wir berichteten). Dafür hat die Stadt Gevelsberg eine circa 9000 Quadratmeter große Fläche von ihm gekauft. Dort gibt es aus Sicht der Verwaltung ausreichend Platz für eine neue Dreifachsporthalle. Außerdem könnten dort circa 60 Parkplätze geschaffen werden.

Auf der Fläche entstehen zwei weitere Einfamilienhäuser und im hinteren Bereich die neue Turnhalle.
Auf der Fläche entstehen zwei weitere Einfamilienhäuser und im hinteren Bereich die neue Turnhalle. © WP | Carmen Thomaschewski

Die Schuttberge sind mittlerweile abgeräumt und ein Bagger steht seit Montag auf dem Parkplatz neben der Hagener Straße. Dort wird aktuell eine riesige Grube ausgehoben, die nächste Baustelle, die vorbereitet wird. Und plötzlich waren da diese Steine, die dort nicht hingehören – dieses Mauerwerk und der Rundbogen. Ein ungewöhnlicher Gewölbekeller, der nirgends verzeichnet ist und aussieht wie ein Zimmer im Nirgendwo.

Auf den historischen Karten des Landes NRW aus dem Jahr 1952 ist zu erkennen, dass hier einmal ein Wohnhaus stand. Ein interessierter Zaungast, der sich das Gewölbe aus der Ferne anschaut, meint sich an ein Fachwerkhaus zu erinnern. Es soll direkt neben der Hagener Straße, an der Ecke zur Oststraße gestanden haben. Wie alt das Haus tatsächlich war, das sei aus den Unterlagen nicht zu entnehmen, sagt Maximilian Ant vom Geotechnik-Institut-Dr. Höfer aus Dortmund. Das einzige, das er weiß, ist, dass es irgendwann zwischen 1952 und 1972 verschwunden ist. Auf den Luftbildern von 1972 ist nämlich schon der Parkplatz zu sehen.

Direkt neben dem Dieckerhoff-Gelände wurde ein Gewölbe gefunden. So sieht die Baustelle auf der ehemaligen Industriebrache aus.
Direkt neben dem Dieckerhoff-Gelände wurde ein Gewölbe gefunden. So sieht die Baustelle auf der ehemaligen Industriebrache aus. © WP | Bajram Asani

Jetzt, mehr als 50 Jahre später, steht Maximilian Ant mit seinem Kollegen vor diesem riesigen Loch und schaut sich das Gewölbe an, das da eigentlich nicht sein sollte. Das Dortmunder Institut ist für das Bodengutachten zuständig, sorgt mit ihren Berechnungen dafür, dass die Baufirmen wissen, wie der Boden gesichert werden muss, und ermitteln, ob mit Überraschungen zu rechnen ist. Die Dortmunder Fachleute, die für viele Bodengutachten zuständig sind, sagen, dass es so einen Fund im Erdreich äußerst selten gibt – einer, der alle 10 bis 15 Jahre mal passiert. Vielleicht sogar ein Sensationsfund?

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Bajram Asabni, der Geschäftsführer der Firma AS Baugesellschaft, ist der Erste, der einen Blick riskiert. Auch für den Dortmunder Tiefbauer ist so eine Entdeckung mehr als ungewöhnlich. Doch dann die Enttäuschung: Bretter, ein alter Kühlschrank. Sonst sei in dem etwa fünf mal fünf Meter großen Raum, der etwa drei bis vier Meter hoch sei, nichts zu erkennen. Kein Schatz, kein exquisiter und prall gefüllter Weinkeller, kein spannendes Tunnelsystem – sondern zusätzliche Kosten, die auf den Investor zukommen.

Denn das Gewölbe darf nicht bleiben, das würde die Statik gefährden, erklärt der Ingenieur des Geotechnik-Instituts. Und eigentlich hätte es bei dem Abriss des damaligen Hauses mit abgebrochen werden müssen. Doch jetzt ist es da. Erhalten werden muss das Bauwerk nicht, sagt Maximilian Ant. Es soll in den kommenden Tagen, wenn das Wetter wieder mitspielt, von oben Stück für Stück abgerissen werden. Und danach Lage für Lage wieder zugeschüttet werden. Damit der Boden in dem Bereich tragfähig wird, muss er massiv verdichtet werden, erklärt Ant.

Zwei Mehrfamilienhäuser sollen hier entstehen. Investor Stephan Höckmann will bezahlbaren Wohnraum schaffen. Auf den 2720 Quadratmetern Fläche sollen am Ende 32 Wohnungen entstehen. Im vierten Quartal 2025 sollen sie bezugsfertig sein, dann will Höckmann zwei weitere Mehrfamilienhäuser bauen – wieder in ähnlicher Größe, mit Platz für 30 Wohnungen. Ende 2026 sollen diese dann fertig sein.

Die sieben Meter hohe und 50 Meter breite Stützmauer, die beide Bauvorhaben trennt und vor allem sichert, ist schon zu sehen. Kaum einer würde in diesen Zeiten sozialen Wohnungsbau betreiben, sagt Stephan Höckmann, als die Redaktion ihn am Telefon erreicht. 18 Millionen Euro investiere er in die vier Gebäude in Gevelsberg. Von dem geheimnisvollen Gewölbe erfährt er durch den Anruf der Redaktion. Ein Schatz, das wäre jetzt genau das Richtige. Leider sei es aber nicht so. Denn er weiß, dieses Gewölbe sorgt für zusätzliche Arbeit, viel Füllmaterial und eine Kostensteigerung. Wie viel, das kann er noch nicht sagen. Das hängt davon ab, ob das Gewölbe vielleicht doch größer ist, als gedacht. Davon gehen die Ingenieure aber aktuell nicht aus.

Und wie geht es mit der großen Dieckerhoff-Baustelle abseits der Hagener Straße weiter? „Wir sind in der finalen Planung“, erklärt Stephan Höckmann. Er will schon bald präsentieren, was dort außerdem passieren wird. Doch jetzt steht erst einmal das Gewölbe im Mittelpunkt.

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