Ennepetal. 2019 sorgten PCB-Funde in Ennepetal für jahrelange Verunsicherung und viel Ärger. Warum die Akte nun geschlossen wird.
Seit 2019 haben PCB-Funde in Ennepetal die Kreisverwaltung, das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) und das Umweltministerium Nordrhein-Westfalen beschäftigt und die Bevölkerung verunsichert. Da die PCB-Belastung wieder auf das Übliche in NRW zu findende Niveau gesunken ist, ist jetzt das Ende der letzten Kontrollmessungen absehbar.
Die Grundlage für diese Entscheidung liefern Luftmessungen, die derzeit noch an zwei Punkten im Gewerbegebiet Oelkinghausen und im Wohngebiet am Büttenberg erfolgen. Die Ergebnisse sind für die bei der Silikonverarbeitung typischerweise entstehenden PCB inzwischen seit 18 Monaten unauffällig und liefern insgesamt keine Hinweise auf eine Belastung der Luft mit PCB. Daher soll die Akte „PCB Kontrollen in Ennepetal“ im Herbst geschlossen werden.
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Rückblende: Ausgangspunkt der gut fünfjährigen Aktivitäten der Umweltbehörden waren Funde von kleinen, flockenartigen Partikeln rund um das Gewerbegebiet Oelkinghausen im Sommer 2019. Untersuchungen lieferten erhöhte PCB-Werte. Als Verursacher wurde ein Unternehmen ermittelt, das für das Herstellen von Silikonprodukten einen zugelassenen chlorhaltigen Vernetzer nutzt, der – ein bis dahin nicht bekannter Umstand – bei der Verarbeitung PCB entstehen lässt.
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Der Vernetzer und sein „PCB-Problem“ rückten bundesweit in den Blickpunkt, in NRW startete ein Sonderuntersuchungsprogramm. Schritt für Schritt verzichteten betroffene Firmen auf seinen Einsatz, nutzten Alternativen und verhinderten so den Ausstoß von PCB. So auch – endgültig seit Dezember 2022 – die Firma in Ennepetal sowie ein zweites, im Ennepe-Ruhr-Kreis betroffenes Unternehmen in Witten.
Die umfangreichen und andauernden Messungen im Gewerbegebiet Oelkinghausen und im Wohngebiet Büttenberg dokumentierten im Laufe der Jahre erhebliche Fortschritte bei der Reduktion und Vermeidung der PCB-Emissionen. Über Jahre geltende Verzehrhinweise für Obst und Gemüse konnten für das Wohngebiet Büttenberg im Februar 2022, für das Gewerbegebiet Oelkinghausen im Februar 2023 aufgehoben werden.
Weiter rückläufige Werte
Die jetzt vorliegenden Ergebnisse der Luftmessungen schätzen die Experten laut Bericht so ein: Die Konzentrationen der typischen, bei der Silikonverarbeitung entstehenden PCB in der Außenluft zeigen weiter leicht rückläufige Werte und auch die Messwerte der PCB, die zur allgemeinen Charakterisierung einer entsprechenden Belastung herangezogen werden, liegen im NRW-Vergleich auf einem niedrigen Niveau.
Differenziert für die beiden Messpunkte heißt das: Im Wohngebiet am Büttenberg liegt das Verhältnis der festgestellten Werte der bei der Silikonverarbeitung entstehenden PCB zu den anderen PCB´s deutlich unterhalb des Schwellwertes von 2. Damit gilt eine tatsächliche Zusatzbelastung als nicht sicher nachweisbar.
Im Gewerbegebiet Oelkinghausen liegt dieses Verhältnis im Mittel für das erste Quartal 2024 bei 2,8 und damit knapp oberhalb des Schwellwertes. Die Tendenz ist hier allerdings eindeutig rückläufig und in Summe ist die Gesamt PCB-Belastung am Messpunkt auf normalem NRW Niveau.
Die Erwartungshaltung der Experten: Die noch geplanten weiteren Messungen dürften die Ergebnisse und Erkenntnisse der jüngsten Untersuchungen bestätigen und damit in wenigen Wochen zum endgültigen Schließen der PCB-Akte Ennepetal führen.
Untersuchungsbericht
Die aktuellen Untersuchungsberichte finden sich auf der Internetseite der Kreisverwaltung www.enkreis.de. Zu finden sind sie am Ende der Presseinformation „PCB Ennepetal: Kontrollmessungen sollen absehbar eingestellt werden“ im Bereich „Aktuelles“.
Stichwort PCB
Polychlorierte Biphenyle – kurz PCB - sind eine Gruppe von chlorhaltigen chemischen Verbindungen. Es gibt 209 mögliche, chemisch unterscheidbare Einzelverbindungen, so genannte Kongenere. Im Zusammenhang mit der Silikonverarbeitung rückten die Kongenere 47, 51 und 68 in den Fokus.
Bis in die 1980er-Jahre wurden PCB vor allem in Transformatoren, elektrischen Kondensatoren sowie als Weichmacher in Dichtungsmassen und Kunststoffen verwendet. In Deutschland dürfen PCB seit 1989 nicht mehr hergestellt oder in den Verkehr gebracht werden. Aufgrund ihres jahrzehntelangen Einsatzes sind sie in der Umwelt allerdings weit verbreitet.
PCB zählen zu den bekanntesten organischen Giftstoffen, 2013 wurden sie als krebserregend eingestuft. In den menschlichen Körper gelangen sie insbesondere über die Nahrung. Die Aufnahme mit der Außenluft ist normalerweise unbedeutend.