Gevelsberg. Während die Politik anderswo an sich selbst spart, bleibt der Rat in Gevelsberg erstmal so groß wie er ist. Das sind die Gründe dafür.

In Zeiten klammer Kassen leisten die Kommunalpolitiker einen eigenen Sparbeitrag und verzichten auf Sitze im Stadtrat oder im Kreistag - entsprechende Beschlüsse hat es in den vergangenen Woche in der Stadt Schwelm und auf der politischen Ebene des Ennepe-Ruhr-Kreises gegeben. In Gevelsberg hatte nun die CDU-Fraktion einen entsprechenden Antrag in den Rat eingebracht. Tenor: Der Rat wird mit der Kommunalwahl 2025 kleiner, die Stadt spart dadurch Geld und - für die Christdemokraten das noch wichtigere Argument - den Parteien wird ein Stück weit der Druck genommen, ausreichend Kandidatinnen und Kandidaten aufzustellen in einer Zeit, in der immer weniger Menschen bereit sind, sich in ihrer Freizeit politisch zu engagieren.

Argumente, die sowohl die Mehrheitspartei der SPD als auch die Grünen im Rat der Stadt Gevelsberg teilen. Trotzdem haben sie in der letzten Ratssitzung vor der Sommerpause keinen entsprechenden Beschluss gefasst und entschieden, das Thema auf die Kommunalwahl 2030 zu verschieben. Zu kurzfristig habe die CDU den Antrag eingereicht, zu wenig Zeit habe es gegeben, damit die SPD-Fraktion sich beraten kann, erklärte deren Vorsitzende Christina Bösken. Gleichzeitig schlug sie vor, das Thema Ratsarbeit umfassender anzugehen und unter mehreren Gesichtspunkten auf den Prüfstand zu stellen - Stichwort familienfreundliche Sitzungszeiten, Stichwort Digitalisierung.

Nach einer kurzen Beratungspause stimmten auch die Fraktionen von CDU und Grünen dem Vorschlag der Sozialdemokraten zu. Eine Arbeitsgruppe, an der sich die Fraktionen beteiligen, soll sich allerdings noch vor der nächsten Kommunalwahl 2025 damit beschäftigen, wie eine moderne Ratsarbeit aussehen könnte.

Sorge vor zu großem Rat ab 2025

Die CDU-Fraktion hatte sich in ihrem Antrag für eine Verkleinerung des Stadtrates von 42 Vertreterinnern und Vertretern auf 38 ausgesprochen. Gleichzeitig sollte die Zahl der Wahlbezirke von 21 auf 19 sinken. Die rechtliche Grundlage dafür schafft das Kommunalwahlgesetz Nordrhein-Westfalen. Die CDU begründet ihren Vorstoß auch mit den sogenannten Überhang- und Ausgleichsmandaten. „Erreicht eine Partei in den Wahlbezirken mehr Mandate, als ihr nach dem Verhältnis ihrer Stimmen zustehen würde, behält sie diese Mandate (Überhangmandate) und die anderen Parteien erhalten Ausgleichsmandate. Entsprechend vergrößern sich die Parlamente“, schreibt Fraktionsvorsitzender Hans-Günther Adrian dazu. „Es ist nicht ausgeschlossen, dass bei der Kommunalwahl im Herbst 2025 ein Wahlergebnis entsteht, das Überhangmandate und Ausgleichsmandate erforderlich macht, sodass der Rat der Stadt Gevelsberg über die derzeitige Größe von 42 Ratsmitgliedern hinaus anwachsen könnte.“

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Gleichzeitig müssten die Parteien über die Reservelisten eine Anzahl an Kandidatinnen und Kandidaten aufstellen, die erheblich über die zu erwartenden Sitze im Rat der Stadt Gevelsberg hinausgehe, weil im Verlaufe einer Legislaturperiode oft Ratsmitglieder ausschieden und aus den Reservelisten nachbesetzt werden müssten, heißt es weiter. „Sollte eine Liste erschöpft sein, kann das Wahlergebnis nicht mehr korrekt im Stadtrat abgebildet werden“, so Adrian.

+++ KOMMENTAR: Kleinerer Rat in Gevelsberg: Verschiebung überrascht +++

Diese Listen aufzustellen, wird laut der CDU immer schwieriger. „Mit dem Ratsmandat sind erhebliche fachliche Anforderungen und zahlreiche Termine verbunden, die Bürgerinnen und Bürger mitunter ebenfalls von einer Kandidatur abhalten“, erklärt der Fraktionsvorsitzende. „Die CDU-Fraktion ist davon überzeugt, dass auch ein verkleinerter Stadtrat ab 2025 die anstehenden Aufgaben gut bearbeiten könnte.“ Gleichzeitig - so rechnet er vor - würde die Stadt durch den Wegfall der Aufwandsentschädigung für die Ratsmitglieder etwas mehr als 20.000 Euro im Jahr sparen.

Empfehlungen für Modernisierung

„Diesen Antrag finde ich aus Sicht der Stadt nicht unsympathisch“, reagierte Gevelsbergs Bürgermeister Claus Jacobi. Er hätte sich dazu eine wirkliche Beratung gewünscht, da es hier einen demokratischen Konsens brauche. Er erinnerte außerdem daran, dass der Rat sich in der Vergangenheit schon einmal um zwei Sitze verkleinert habe.

„Es ist keine kleine Entscheidung“, machte SPD-Fraktionschefin Christina Bösken deutlich. „Leider wurde der Antrag sehr kurz vorher eingereicht, deshalb konnte die SPD-Fraktion sich vorher nicht beraten“. Sie machte den Vorschlag, das Vorhaben zur Wahl 2030 anzugehen und dabei über die generelle Struktur des Rats und der Ausschüsse nachzudenken. Auch wegen der Zuschnitte der Wahlbezirke unter sozialen und quartiersbezogenen Gesichtspunkten müsse sich mit dem Thema beschäftigt werden.

Claus Jacobi machte schließlich den Vorschlag, eine Arbeitsgruppe zu diesem Zweck ins Leben zu rufen. Diesem Vorschlag schlossen sich CDU, SPD und Grüne einstimmig an. Die Arbeitsgruppe soll dem neugewählten Rat noch vor seiner konstituierenden Sitzung nach der Kommunalwahl 2025 Empfehlungen an die Hand geben, wie die Ratsarbeit in Zukunft aussehen kann.

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