Ennepetal. Dormakaba legt eine positive Jahresbilanz vor. Die Umsatzrendite steigt deutlich. Unterdessen wird auch in Ennepetal massiv Personal abgebaut.

Dormakaba hat im abgelaufenen Geschäftsjahr ein starkes Umsatzwachstum verzeichnet. Das deutsch-schweizerische Unternehmen weist für den Zeitraum vom 1. Juli 2023 bis 30. Juni 2024 einen Umsatz von 2,837 Milliarden Schweizer Franken (3,023 Milliarden Euro) aus. Das entspricht einem Plus von 4,7 Prozent. Dieser Wert liegt am oberen Ende des Zielwertes von 3 bis 5 Prozent, den das mit einem massiven Personalabbau einhergehende Restrukturierungsprogramm vorsieht. In Deutschland sollen insgesamt 406 Stellen wegfallen, mehr als 190 davon am Standort Ennepetal.

Nach mehrmonatigen Verhandlungen hatten Unternehmensleitung und Betriebsräte sich im April dieses Jahres auf einen Sozialplan mit Abfindungsregelungen, einer erweiterten Altersteilzeitregelung und der Gründung einer Transfergesellschaft geeinigt. Es sei bereits eine Reihe von Gesprächen mit betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern geführt worden, berichtet der Dormakaba-Betriebsratsvorsitzende Jörg Kannapin. Es seien schon zahlreiche Aufhebungsverträge geschlossen worden. Einige hätten auch das Angebot angenommen, in eine Transfergesellschaft eingegliedert zu werden.

Der Stellenabbau wird aktuell durch eine große Nachfrage nach Dormakaba-Produkten etwas gedämpft. „Die Auftragslage überrollt uns“, erklärt Jörg Kannapin. Das führe dazu, dass man gar nicht lieferfähig sei, wenn man in bestimmten Bereichen Stellen abbaue. Mit dem neuen CEO Till Reuter, der seit Jahresbeginn an der Spitze der Dormakaba Holding AG steht, könne man aber sehr vernünftig reden. „Er guckt genau hin und trifft keine hektischen Entscheidungen“, meint der Betriebsratsvorsitzende. „Und er hört uns zu und erkennt an, wenn eine Idee gut ist.“

Trotzdem sieht Jörg Kannapin den massiven Stellenabbau weiter sehr kritisch. „Ich bin nach wie vor der Meinung, dass man die Personalmaßnahmen über die Altersschiene hätte umsetzen können. Dafür hätte man nur etwas durchhalten müssen und am Ende viel Geld gespart.“ Angesichts einer aktuell von 13,5 auf 14,7 Prozent deutlich gestiegenen Umsatzrendite sei es schon grotesk, dass in Deutschland mehr als 400 Stellen abgebaut würden.

Nicht zuletzt habe die Verunsicherung aufgrund des drastischen Sparprogramms dazu geführt, dass insbesondere im Werk Bühl (Baden-Württemberg) mehrere Mitarbeiter von sich aus gekündigt hätten. „Werkzeugmacher oder Mechatroniker finden dort überall Stellen und wechseln, weil sie kein Vertrauen mehr in Dormakaba haben“, sagt Jörg Kannapin. In Ennepetal sei dieses Problem nicht so gravierend, „wir merken aber auch hier, wie schwierig es ist, gutes Personal zu finden. Unser Ruf ist nicht mehr der Beste“, stellt der Betriebsratschef mit Verweis auf die seit der Fusion von Dorma und Kaba 2015 alle drei Jahre durchgeführten Umstrukturierungen fest.

Die Gespräche mit denjenigen, die vom Stellenabbau betroffen sind, würden von Seiten der Personalabteilung sehr vernünftig geführt, sagt Jörg Kannapin. Viele würden auch den Betriebsrat dazu holen. Übrigens gibt es auf der Führungsebene einen weiteren Weggang. Mirja Becker, Personalchefin (Chief Human Resources Officer) bei der AG, wird Dormakaba verlassen, „um sich außerhalb unseres Unternehmens neu zu orientieren“, wie Unternehmenssprecher Dr. Patrick Lehn auf Nachfrage dieser Redaktion erklärte. „Die Suche nach einer Nachfolge läuft.“

Parallel arbeitet Dormakaba daran, in Sofia/Bulgarien ein „Shared Service Center“ aufzubauen – ein Dienstleistungszentrum für die Finanz- und Personalabteilungen in ganz Europa. Dorthin wird nicht zuletzt ein großer Teil der in Ennepetal wegfallenden Stellen verlagert. „Der Aufbau schreitet wie geplant voran“, antwortete Patrick Lehn auf die Frage, ob man für den Standort Sofia ausreichend qualifiziertes Personal gewonnen habe.

Die Unternehmensleitung betont, dass das im Juli 2023 eingeführte „Transformationsprogramm“ durch gesteigerte Betriebs- und Beschaffungseffizienz maßgeblich zur Steigerung der Umsatzrendite beigetragen habe. Trotz des starken Wachstums wird die Dormakaba Holding AG, die an der Börse in Zürich gelistet ist, weniger Dividende zahlen. Der Verwaltungsrat wird der Generalversammlung (10. Oktober) vorschlagen, 8 Schweizer Franken auszuschütten. Im Vorjahr waren es 9,50 Schweizer Franken. Hintergrund ist, dass der Reingewinn mit 82,2 Millionen Schweizer Franken aufgrund der einmaligen Restrukturierungskosten leicht rückläufig war. Das Transformationsprogramm solle bis Ende 2025/26 zu Kosteneinsparungen von etwa 170 Millionen Schweizer Franken pro Jahr führen, erläutert Dr. Patrick Lehn auf Nachfrage dieser Redaktion. „Von den einmaligen Kosten in Höhe von circa 225 Millionen Schweizer Franken, die ab 2023/24 anfallen, sind bisher etwa 50 Prozent verbucht.“ Die Nettoverschuldung sank 2023/2024 deutlich um 142,1 Millionen auf 454,8 Millionen Schweizer Franken.

Mit dem Programm „Shape4Growth“ will Dormakaba nicht nur ein jährliches organisches Wachstum von 3 bis 5 Prozent erreichen, sondern ab 2025/26 eine Umsatzrendite von 16 bis 18 Prozent und eine Kapitalrendite (aktuell 29 Prozent) von mehr als 30 Prozent erzielen. Ursprünglich sollten dafür weltweit netto 800 Stellen abgebaut werden, davon 530 in Deutschland. Die Betriebsräte erreichten in Verhandlungen, dass der Stellenabbau in Deutschland auf 406 Vollzeitstellen reduziert wurde.