Schwelm. Kontroverse Debatten in Schwelm: Der Altmarkt sollte eigentlich attraktiver werden. Die Vorschläge dafür spalten aber die Politik.

Es gab wegweisende Entscheidungen, die die Politik in Schwelm während der jüngsten Ratssitzung treffen musste. Doch fast keine von ihnen hat für so viel Diskussionsstoff gesorgt wie die Umgestaltung des Altmarkts. Zu Erinnerung: Das Konzept „Neue Mitte Schwelm“ sieht vor, den Altmarkt attraktiver zu machen. Weil es aber sehr lang dauert, den Altmarkt neuzugestalten, wollte die Stadt gerne schnellere Maßnahmen ergreifen. 

Die Vorschläge spalteten die Politik derartig, dass die Fraktionen sie schließlich mit nur zwei Stimmen Mehrheit ablehnten. Bedeutet: Der Altmarkt bleibt erstmal so wie er ist. Die Stadt hatte die Idee, die Verkehrsführung zu ändern, um Fahrzeuge, die vom Märkischen Platz kommen, abzubremsen. Autos wären demnach in einer Art Kurve über den Bereich des Altmarkts gefahren, in dem sich aktuell die Parkplätze befinden. Neue Parkplätze sollten stattdessen auf der jetzigen Fahrbahn sowie auf der eigentlichen Marktfläche geschaffen werden. Das Restaurant „La Grappa“ hätte außerdem eine Fläche für eine Außengastronomie bekommen können.

Das Problem: Hatte der Ausschuss für Umwelt und Stadtentwicklung diesen Ideen im Vorfeld noch zugestimmt, musste die Stadt ihre Pläne für die angedachte Verkehrsführung bis zur Ratssitzung noch einmal ändern. Die neue Variante sah vor, dass die Parkplätze so bleiben, wie sie jetzt sind, der Verkehr trotzdem in einer Kurve über den Markt fährt. Die jetzige Straße wäre von zwei Seiten durch Poller abgesperrt worden. In der ersten Variante waren elf Parkplätze - darunter zwei Behindertenparkplätze vorgesehen. Die überarbeitete Version sah noch acht Parkplätze vor - davon zwei Behindertenparkplätze.

Änderung wegen altem Brunnen

Aber warum überhaupt die Änderung? Nach dem Beschluss des Fachausschusses Ende Mai gab es vor Ort eine Begutachtung. Dabei stellte sich heraus, dass nicht sicher ist, ob der Verschluss des ehemaligen Brunnens auf dem Altmarkt zum Beispiel auch für Lkw überfahrbar ist. Eine entsprechende Dokumentation fehle, wie die Stadtverwaltung erklärte. Daher habe kurzfristig diese Alternative entwickelt werden müssen. Dabei kündigte die Stadt an, dass es bezüglich der endgültigen und konkreten Verortung der Parkplätze voraussichtlich noch zu kleineren Änderungen kommen könne.

Lesen Sie auch:

Geheimnis gelüftet: Das steckt hinter dem unterirdischen Gewölbe in Gevelsberg

Schwelmer Mordprozess: Schockierende Details einer Horror-Ehe

Ennepetal: Sicherheitsproblem in der Innenstadt wird immer größer

SPD-Fraktionsvorsitzender Thorsten Kirschner kündigte an, dass die Sozialdemokraten den Überlegungen der Stadtverwaltung zustimmen werden, wünschte sich aber eine verbindliche Zusage, die zwei Behindertenparkplätze weiterhin auszuweisen. Uwe Hugendick von der FDP-Fraktion brachte hingegen sein Unverständnis zum Ausdruck: „Wir haben jetzt drei verschiedene Vorschläge, wie die Parkplätze hin- und hergeschoben werden, wir wollten aber die Aufenthaltsqualität steigern.“ Er stellte den Antrag, das Thema noch einmal im Ausschuss für Umwelt und Stadtentwicklung zu beraten.

Dafür hatte wiederum Thorsten Kirschner kein Verständnis: „Wir haben das Thema rauf- und runterberaten. Wenn wir jetzt vertagen, ist klar, dass in diesem Jahr an der Stelle nichts mehr passieren wird.“ Die Ratssitzung dauerte zu diesem Zeitpunkt etwas länger als zwei Stunden. Auf Antrag von Michael Müller, CDU-Fraktionschef, wurde sie für ein paar Minuten unterbrochen. Anschließend lehnten die Ratsmitglieder den Antrag der FDP auf Vertagung des Themas ab.

Rede von Schildbürgerstreich

„Ich glaube nicht, dass wir an dieser Stelle Zeitdruck haben“, erklärte Jürgen Kranz (SWG/BfS) danach. Er regte an, einen kleinen Arbeitskreis mit Fraktionen und Anwohnern zu gründen und dann weiter über den Altmarkt zu diskutieren. „Irgendetwas über die Anwohner hinweg zu machen, halte ich für den falschen Ansatz“, so Kranz weiter. Jürgen Feldmann von der Linken-Fraktion kam auf den Brunnenverschluss zu sprechen, den die Stadt für die neue Planungsvariante als Grund ins Feld führte. „Diese Bodenplatte ist nicht unerheblich, das ist ein riesiges Ding“, sagte er. Aus seiner Sicht wäre die Bodenplatte sowohl bei der bisherigen als auch der neuen Planung betroffen. Feldmann und auch Brigitta Gießwein (Bündnis 90/Die Grünen) waren sich sicher, dass es dafür noch alte Pläne bei der Stadtverwaltung geben müsse, die gegebenenfalls noch einmal begutachtet werden können.

„Wir sind uns, glaube ich, einig, wo wir hinwollen“, stieg auch Michael Müller von der CDU-Fraktion in die inhaltliche Debatte ein. „Wir wollen, dass Gastronomie möglich ist und dass Fußgänger sich wohlfühlen.“ Die Christdemokraten seien sich sicher, dass der Vorschlag der Stadt nur ein Schritt auf dem Weg dahin sei. „Wenn wir überhaupt mal ins Tun kommen, können wir nach einer Probephase im Herbst Schlüsse ziehen“, so Müller mit Blick auf die Umgestaltungspläne für den Altmarkt.

+++ Nichts mehr verpassen: Bestellen Sie hier unseren Newsletter aus Ennepetal, Gevelsberg und Schwelm +++

Philipp Beckmann von der FDP-Fraktion konnte sich einen gewissen Sarkasmus nicht verkneifen. Seit Jahren sei auf dem Altmarkt nichts gemacht worden. Nun habe es eine Idee für einen moderneren Platz gegeben. „Dann kommt der Vorschlag der Verwaltung und führt die Parkplätze von links nach rechts. Damit haben Sie mich echt überrascht“, so Beckmann. „Ich verstehe den Zeitdruck nicht.“ Er spricht von einem Schildbürgerstreich. Marcel Gießwein, Fraktionsvorsitzender der Grünen, spricht sogar von einer Katastrophe für den Platz.

Der Rat lehnt den Umgestaltungsvorschlag der Stadt für den Altmarkt schließlich mit 22 Gegenstimmen bei 20 Zustimmungen und einer Enthaltung ab. Auf Nachfrage der Redaktion im Rathaus, was dieses Votum nun für den Altmarkt bedeute, erklärt die Stadtverwaltung, dass sie nun beobachten wolle, wie sich die Diskussion rund um das Thema weiterentwickele. Der Ball liegt nun bei der Politik.