Schwelm. Kesselhaus, Freibad und Hallenbad: Die großen Baustellen in Schwelm stocken. Nun will die Verwaltung neu priorisieren.

Zwei Schritte vor und einen Schritt zurück: Genau den Eindruck gewinnt der geneigte Betrachter, wenn er den Verlauf der jüngsten Sitzung des Liegenschaftsausschusses Revue passieren lässt. Eigentlich gibt es eine im Rat verabschiedete Prioritätenliste, die besagt, in welcher Reihenfolge mit den Bauprojekten in Schwelm zu verfahren ist. Und eigentlich gibt es einen weiteren Ratsbeschluss, der das ganzjährige Schwimmen in der Kreisstadt durch einen Neubau eines Bades am Ländchen garantieren soll. Doch jetzt gibt es einen Arbeitskreis aus den Fraktionen, der bis zur Zusammenkunft des Rates am 1. Juli genau diese Beschlüsse noch einmal hinterfragen wird.

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Schelte von der Politik

Aber der Reihe nach. Die erste Schelte seitens der Politik holte sich die Verwaltung beim Tagesordnungspunkt „Sachstand Kesselhaus“ ab. Auch da gibt es einen klaren Ratsbeschluss, in dem die Verwaltung beauftragt wurde, ein Konzept zu erstellen, das spätestens im Herbst 2021 vorliegen sollte, so dass eine entsprechende Beauftragung der Planung und Fertigstellung im Jahr 2023 zusammen mit dem Rathaus erfolgen kann. „Wir halten diesen Zeitplan aus verschiedenen Gründen nicht für realisierbar“, sagt Ralf Schweinsberg, Beigeordneter der Stadt Schwelm. Im jetzigen Baufeld sei kein Platz vorhanden und in der Verwaltung fehlten die personellen Ressourcen. Der zeitgleiche Bau des neuen Patrizierhauses der Sparkasse, des Rathauses und des Kesselhauses sei nicht zielführend. Der mit der Firma Assmann erarbeitete Zeitplan sähe im günstigsten Fall eine Fertigstellung für das Gebäude frühestens Ende 2024 vor. In der neuen Prioritäten-Liste, die die Verwaltung gern beschlossen hätte, liegt das Kesselhaus auf Stufe 4. Die von den Fraktionen gewünschte zeitnahe Fertigstellung von Rathaus und Kesselhaus wäre damit vom Tisch.

„Das ist bewusst eine Vorlage zur Kenntnisnahme, damit wir hier diskutieren können. Zur Ehrlichkeit gehört auch, zu sagen, was wir können und was wir nicht können“, warb Bürgermeister Stephan Langhard bei der Politik um Verständnis für eine Änderung der Priorisierung und eine eventuell nötige Streichung von Projekten.

Rolle rückwärts bei den Bädern

„Der Beschluss steht, er kann nicht einfach weggewischt werden“, bekam der Bürgermeister sowohl von Ausschussvorsitzendem Michael Schwunk (FDP) als auch von Brigitta Gießwein (Grüne) zu hören. Das ändert wohl nichts an der Einschätzung der Verwaltung, dass nicht alles in der vorgegebenen Zeitachse zu leisten sei. „Kitas, Schulen und die Feuerwehr müssen vorne stehen“, brachte Peter Schier (SPD) wohl auch die Meinungen der übrigen Fraktionen auf den Punkt. Man darf also gespannt sein, wie die neue Prioritätenliste wohl aussehen wird, die im Rat am 1. Juli zur Beschlussfassung vorgelegt wird.

Ein mindestens ebenso heiß diskutiertes Thema war die Zukunft der Bäderlandschaft und die Rolle, die bürgerschaftliches Engagement bei dem Neubau eines Ganzjahresbades an der Schwelmestraße spielen könnte.

Das „Kesselhaus“ der ehemaligen Brauerei. Änderungen bei der Priorisierung sorgen für Unmut in der Politik.
Das „Kesselhaus“ der ehemaligen Brauerei. Änderungen bei der Priorisierung sorgen für Unmut in der Politik. © Verein | Stadt Schwelm

Auch da bekam die Verwaltung den Gegenwind der Politik an ihrer Vorlage Nr. 107/2021 zu spüren. Die Rolle des Trägervereins sollte auf weitere zehn Jahre festgeschrieben, Gespräche mit dem Verein über eine Kooperation beim Betrieb des Freibades auch nach der Umsetzung der Neuplanung sollten jetzt aufgenommen werden. Das fand nicht die Zustimmung der Politik und auch nicht die Zustimmung des Trägervereins, der an diesem Abend durch seinen Vorsitzenden Ernst-Walter Siepmann vertreten war. Das Rathaus wollte auch festgeschrieben haben, dass der Rat der Stadt Schwelm die Umsetzung der Maßnahme mit der Priorität 5 empfiehlt – quasi die letzte Umsetzungsstufe für alle in Schwelm anstehenden Bauprojekte.

Letztendlich zog Ralf Schweinsberg das Papier zurück und versprach eine überarbeitete Fassung zum Hauptausschuss am 24. Juni.

Großer Wasserverlust im Schwimmer

Zuvor hatte Siepmann über den schlechten baulichen Zustand des Schwelmebads berichtet. Auf 142 Meter Länge ist der Kopf des Schwimmerbeckens ein Fall für eine Grundsanierung. Das Geld ist zwar da, aber die Handwerker haben frühestens zum Jahresende Kapazitäten frei. Über den defekten, aber dann notdürftig geflickten Beckenkopf verliert das Schwimmer Unmengen an Wasser. Dadurch entstehen zusätzliche Kosten in der Saison von geschätzt 15.000 Euro.

Der Trägerverein hat die Eröffnung der Freibadsaison noch nicht ganz abgesagt, geht weiterhin von Mitte Juni aus. Es zeichnet sich aber ab, dass die aktuelle Saison auch die letzte für den Trägerverein sein könnte.

Peter Schier (SPD) sprach von weiteren Informationen, die die Politik brauche, um entscheiden zu können, wie das Schwimmen in Schwelm weiter gestaltet werden könne: „Wir planen in einem leeren Raum, sprechen von Dingen, über die wir nichts wissen.“ Regina Schmidt (CDU) sprach ein heißes Eisen an: „Das Geld, dass wir ins Freibad stecken, sollten wir ins Hallenbad stecken.“ Doch auch das hat seine Restlaufzeit bekanntlich überschritten. Nur wenige Tagesordnungspunkte zuvor hatte der Liegenschaftsausschuss 350.000 Euro für die weitere Sanierung des Hallenbads freigegeben. Im Herbst 2021 soll die Reparatur planmäßig abgeschlossen sein und das Hallenbad wieder öffnen.

Eine Gewähr darauf, dass noch weitere, nicht reparierte Teile der Technik versagen könnten, konnte Thomas Striebeck der Politik aber nicht geben: „Es kann dort immer etwas Neues passieren.“

Das Thema Sanierung des Freibads wird den Liegenschaftsausschuss noch einmal in seiner Sitzung im August beschäftigen - eventuell auf einem Ortstermin.