Balve. Hubertus Mühling stellt sich 2025 erneut zur Wiederwahl. Im Interview spricht er darüber welche Veränderungen in Balve anstehen
Amtsinhaber Hubertus Mühling stellt sich im kommenden Jahr wieder zur Wahl als Balves Bürgermeister. Die Westfalenpost hat mit ihm über seine Motivation und seine Ziele für die nächste Amtszeit gesprochen. Aber auch über Probleme, die das Amt mit sich bringt und über einen möglichen Gegenkandidaten.
Herr Mühling, zuerst einmal: Was haben denn Ihre Frau und die Familie dazu gesagt, dass Sie sich entschieden haben, wieder zu kandidieren?
Meine Familie kennt es ja gar nicht anders, als dass ich viel auch an den Abenden und Wochenenden unterwegs bin. Mein jüngster Sohn ist 17 Jahre alt, kennt mich also nur als Bürgermeister. Und meine Frau sagte sogar: Was wolltest du denn jetzt schon zu Hause? Aber natürlich haben wir zu Hause darüber gesprochen, bevor die Entscheidung öffentlich wurde. Meine Familie findet es auf jeden Fall gut, dass ich mich für unsere Heimat engagiere.
Sie sind ja auch erst 60…
Das kommt noch dazu. Ich bin noch nicht im renteneintrittsfähigen Alter. Deshalb fände ich es auch vor dem gesellschaftlichen Hintergrund nicht richtig. Und außerdem fühle ich mich noch fit, fünf weitere Jahre dieses Amt auszufüllen.
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Fünf weitere Jahre – was haben Sie in dieser Zeit für Balve vor, was möchten Sie weiterentwickeln?
Da gibt es zwei große Projekte. Das erste ist die Entwicklung unseres Lebensumfeldes. 2015 haben wir das Dorfentwicklungs- und das Innenstadtkonzept gestartet und im Rahmen derer viel erreicht. Das möchte ich weiter vorantreiben, Balve soll modern und attraktiv sein, sowohl für die, die hier leben als auch für unsere Gäste. Mit dem Integrierten Stadtentwicklungskonzept haben wir jetzt den nächsten Schritt dafür getan. Wir sprechen da über Investitionen in Höhe von bis zu 20 Millionen Euro – es gibt also viel zu tun in diesem Bereich.
Und worum geht es beim zweiten Projekt?
Um das große Thema Energie. Wir müssen den CO₂-Ausstoß verringern und die Energietransformation auch in Balve in den nächsten Jahren mitgestalten und vorantreiben.
„Wir müssen schauen: Woher bekommt Balve zukünftig seine Energie?“
Was heißt das konkret für Balve?
Wir müssen weg von fossilen Energieträgern, hin zu regenerativer Energieerzeugung. Auch da sind die ersten Maßnahmen angelaufen. Im Balver Wald werden die ersten Windräder errichtet. Wir forcieren die Wärmeplanung für Balve. Und wir müssen schauen: Woher bekommt Balve zukünftig seine Energie? Da sind solche Projekte wie die Biogasanlagen oder die Freiflächenphotovoltaikanlage der Dorfenergiegesellschaft in Mellen ebenfalls gute Bausteine hin auf diesem Weg. Wie kann es gehen, dass wir uns in der Wärmeversorgung für Balve selbst versorgen, Stichwort Nahwärmenetze? Und wie können wir vor allem die Wertschöpfung aus diesem Transformationsprozess, zumindest in Teilen, auch in Balve behalten.
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„Mit der Quote von 75 Prozent Eigenstromversorgung durch Biogas, Windenergie und Photovoltaikanlagen sind wir schon jetzt führend im Märkischen Kreis. “
Und wie kann die Stadt das?
Durch die teilweise Übernahme des Gas- und Stromnetzes in Balve generieren wir über die Balver Netzgesellschaft schon heute rund 500.000 Euro Gewinn für die Stadt Balve. Einnahmen, die früher irgendwo hingegangen sind, aber nicht in Balve blieben.
Das Geld, was wir alle für Strom und Gas bezahlen, bleibt dadurch in Teilen in Balve. Wir müssen Energie, die wir hier verbrauchen, noch mehr auch hier produzieren. Mit der Quote von 75 Prozent Eigenstromversorgung durch Biogas, Windenergie und Photovoltaikanlagen sind wir schon jetzt führend im Märkischen Kreis. Aber der Energiemarkt muss reguliert werden, Überschussenergie muss technisch vor Ort nutzbar werden. Und wir müssen die Bürger mitnehmen.
Wie meinen Sie das?
Es wird ja gern angeführt, dass Windräder die Landschaft verschandeln. Aber wir müssen uns doch fragen: Was ist denn die Alternative zu Windrädern? Die Wirklichkeit hat uns doch eingeholt. Auch hier vor Ort. Ich denke da an das Hochwasser 2021. Man kann das nicht mehr verleugnen. Die Auswirkungen der Erderwärmung sind wissenschaftlich erwiesen. Deshalb sollten wir den Umstieg auf regenerative Energien als Chance sehen. Wenn wir das richtig anpacken, ist es ein doppelter Gewinn – monetär für Balve und für die Umwelt.
„Alles in allem geht es uns in Balve gut.“
Sie sind seit 2004 Bürgermeister. Was hat sich in dieser Zeit an Ihrem Amt und in Balve verändert?
Das sehe ich in einem gesamtgesellschaftlichen Zusammenhang. Die Gesellschaft wird immer individueller. Das ist das Hauptproblem unserer Demokratie. Und das merken wir auch in unserer Arbeit. Die Menschen sind fordernder geworden, fragen immer häufiger „Was tut die Stadt für mich?“ und nicht „Was kann ich für die Stadt tun?“. Da frage ich mich schon mal: Wer ist denn DIE Stadt? Aber alles in allem geht es uns in Balve gut. Wir haben in der Stadt und den Dörfern ein sehr gut funktionierendes Ehrenamt, starke Vereine. Die Menschen identifizieren sich mit ihrer Heimat, man achtet aufeinander.
„Frischer Wind ist es nicht nur, weil jemand jünger ist und zu wissen meint, wie es besser geht. “
Was sagen Sie trotz allem Kritikern, die nach frischem Wind in Balve – auch personell – rufen?
Es ist mit Sicherheit nicht alles richtig, was ich mache. Nur wer nichts tut, macht keine Fehler. Wenn jemand frischen Wind möchte, soll er kandidieren. Aber er oder sie muss dann auch Konzepte aufzeigen, realistische und finanzierbare Alternativen darlegen. Es müssen ein Programm und Ideen aufgezeigt werden. Frischer Wind ist es nicht nur, weil jemand jünger ist und zu wissen meint, wie es besser geht.
Was wünschen Sie sich für Ihre neue Amtszeit, falls Sie wiedergewählt werden?
Manchmal fehlen mir Zeit und Muße für Strategien und Themen. Man darf ja nicht vergessen, dass ich auch als Verwaltungschef für 140 Köpfe hier im Rathaus verantwortlich bin. Und da Balve doch relativ klein ist, landet in diesem Bereich sehr viel bei mir. Manchmal zu viel. Wir sind zurzeit in einem starken personellen Umbau, haben Fachbereiche neu gegliedert, müssen neue Mitarbeiter einarbeiten. Bei all dem internen Umbau, ist es wichtig, dass wir dem Bürger die gewohnte Qualität in der Verwaltung auch in Zukunft bieten. Ich möchte daran arbeiten, mir durch gute Arbeitsorganisation Luft dafür zu schaffen, dass wir dem Bürger in der Stadt sichtbare Ergebnisse präsentieren können.