Mellen. Mellen hat sich rausgeputzt: Beim Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“ will das Golddorf wieder nach dem Titel greifen. Was die Jury beeindruckt.

Besser hätte es für Sieglinde „Siggi“ Drees nicht laufen können: Passend zum Besuch der 16-köpfigen Jury für den Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukuft“ strahlt die Sonne über Mellen. Um wieder nach dem Titel Golddorf - zunächst steht der MK-Entscheid an - greifen zu können, präsentiert sich der Ortsteil von seiner besten Seite. Was die Jury dabei beeindruckt hat.

Bürgerschaftliches Engagement zum Anfassen

Kurz vor dem offiziellen Termin kann die Dorfenergiegenossenschaft zumindest noch einige Schönheitsarbeiten vorstellen. Direkt an der Freiflächen-PV-Anlage haben die Ehrenamtler um Wilfried Köster zwei Bänke aufgestellt. Bequem sind die allemal. Doch Köster fehlt noch etwas. „Ein Fahrradständer und ein Tischen wären noch gut“, sagt der Mellener. Sagt‘s und kann zum Jury-Rundgang im Dorf gleich Landrat Marco Voge (CDU) am Rastplatz in Empfang nehmen. Voge, selbst Mellener, lässt es sich an diesem sonnigen Montag nicht nehmen, sich auf den Drahtesel zu schwingen und beim Rundgang mitzumachen.

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In zwei Minivans rollt das Gremium um kurz nach 14 Uhr an. Wochenlang hat Sieglinde Drees diesen Tag vorbereitet. Denn ohne eine Menge Organisation und helfende Hände, das weiß man im Golddorf aus der Vergangenheit, ist eine Teilnahme am Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“ nicht zu stemmen. „Es ist schwierig, alles in eineinhalb Stunden zu präsentieren“, sagt Drees im Gespräch mit der Westfalenpost. Dennoch: Seit gut 50 Jahren macht Mellen mit. „Das hat hier schon Tradition“, sagt Drees und lacht. Das hat in gut fünf Jahrzehnten einen erfreulichen Nebeneffekt: Alle Generationen packen mit an; das Engagement für die Gemeinschaft wird von allen gleichermaßen getragen. „Neu-Zugezogene haben auch direkt mitgemacht. Das schweißt zusammen“, sagt Annika Müller-Wulf.

Mellen als Vorbild über Stadtgrenzen hinweg

Und genau so präsentiert sich Mellen auch. Los geht‘s am Vorzeigeprojekt Mellens: der Freiflächen-PV-Anlage der Dorfenergiegenossenschaft. Ukraine-Krieg und Inflation, erklärt Wilfried Köster aus dem Vorstand, hätten zum Umdenken im Dorf geführt - und der Frage: Wie schafft es das Dorf, künftig energieautark zu werden? Die Lösung steht nun, rund zwei Jahre nach der ersten Idee, am Rande Mellens. Und könnte bald auch endlich ans Netz gehen. Läuft alles nach Plan, gibt‘s ab Anfang Juli Strom aus dem Golddorf (Bericht folgt). Das bürgerschaftliche Engagement hat längst Schlagzeilen gemacht; Mellen ist Vorbild weit über die Grenzen Balves hinaus. Neben Mellenerinnen und Mellenern könnte auch der Wasserbeschaffungsverband vom nachhaltig erzeugten Strom profitieren. Verband und Genossenschaft zeigen der Jury - beinahe direkt zum Anfassen - was geht, wenn ein Dorf solche Projekte anpackt.

Erster Halt: die Freiflächen-PV-Anlage der Dorfenergiegenossenschaft. Wilfried Köster erklärt das Projekt der Jury.
Erster Halt: die Freiflächen-PV-Anlage der Dorfenergiegenossenschaft. Wilfried Köster erklärt das Projekt der Jury. © Westfalenpost | Tobias Schürmann

Dass die erste Station am Rande Mellens angesetzt ist, hat für den Wettbewerb gleich mehrere Vorteile: Neben den beiden Großprojekten schweift der Blick hinüber auf die andere Seite des kleinen Tals: zum Babywald und Wanderpfaden. Seit 2021 können Familien für ihren Nachwuchs ein Bäumchen pflanzen; die Fläche dafür stellt Johannes Vedder-Stute zur Verfügung. Ein Projekt, das ebenso über die Grenzen des Dorfs hinweg gefragt ist. „Mein Enkel hat dort auch schon einen Baum“, sagt Bürgermeister Hubertus Mühling.

Zusammenhalt begeistert die Jury

Während die Jury an der ersten Station noch größtenteils unter sich ist, warten am Dorfplatz schon rund 50 Mellener. Sie demonstrieren: Wir stehen zusammen. Den jüngeren Besuchern ist es bei Temperaturen um 30 Grad nicht zu verdenken, dass sie um den Springbrunnen am Rande des Barfußpfades am liebsten ein wenig am Wasser spielen wollen. Der Mittelpunkt Mellens bringt das Dorf dabei nicht nur für Wettbewerbe zusammen, sondern auch abseits davon. Sieglinde Drees schaut auf die Uhr. Die Zeit tickt. Nächster Halt: der Hof Drees. Als eines der ältesten Gebäude steht es für die die Beständigkeit des Ortes. Genau die wollen die Mellener künftig für Besucher erlebbar machen. Kleine Stelen mitsamt QR-Codes informieren Ausflüglern schnell über die Historie - aber auch Neuerungen. „Das Ziel ist, dass die Bewohner ihre Geschichte erzählen“, sagt Drees. Ein neues Kapitel ist seit dieser Woche auch die Obst- und Gemüsekiste, die Otmar Hermanns nun auch dort aufgestellt hat. Sie soll buchstäblich dafür sorgen, dass weniger Lebensmittel in die Tonne wandern. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite zeigen die umgebaute Telefonzelle und der Mellener Landmarkt, dass es an frischen Ideen im Ort keinesfalls mangelt. „Die Kommunikation soll im Mittelpunkt stehen“, sagt Carina Freiburg. Jugendliche kommen am 24-Stunden-SB-Kiosk ebenso vorbei wie Ausflügler. Als Anlaufpunkt der Ehrenamtskneipe hat sich der Landmarkt ebenso etabliert.

Am Dorfplatz schließen sich rund 50 Mellener dem Rundgang durch den Ort an.
Am Dorfplatz schließen sich rund 50 Mellener dem Rundgang durch den Ort an. © Westfalenpost | Tobias Schürmann

Im Mittelpunkt stehen anschließend Kirche und Pfarrheim: Treffpunkt für Jung und Alt; aber ebenso eine Möglichkeit, Kirche und Glauben wieder neuen Schwung zu geben. Die Meditationskirche mitsamt Licht- und Toninstallation ist kreisweit einzigartig, betont „Siggi“ Drees.

Abschluss im Generationenpark.
Abschluss im Generationenpark. © Westfalenpost | Tobias Schürmann

Die Balver Straße entlang - vorbei an der Infotafel - geht es für Jury und Schaulustige dann auf die letzte Etappe: Mitfahrerbank, Gerätehaus und Generationenpark. Drei Projekte, die ÖPNV, Bevölkerungsschutz und Naherholung symbolisieren. Denn gerade in Randzeiten sei es schwierig, aus dem Ortsteil in Richtung Balver Innenstadt und Bahnhof zu gelangen. Kyrill und andere Unwetterlagen hätten laut Hubertus Mühling deutlich gemacht, dass eine Löschgruppe im Dorf nicht wegzudenken sei. „Das Gerätehaus ist gleichzeitig das einzige Gebäude, das die Mellener nicht gebaut haben“, scherzt der Bürgermeister. Im grünen Herzen Mellens, dem Generationenpark, endet dann der Jury-Rundgang. Während der Nachwuchs auf den Klettergeräten herumtollt, zeigt sich Jury-Sprecher Rolf Klostermann beeindruckt: „Die Begeisterung für Ihr Dorf ist übergesprungen.“